Bei den Gleitschirmweltmeisterschaften in Mexico hat es einen tödlichen Unfall gegeben. Der Schweizer Stefan Schmoker, Jahrgang 1983, ist beim 5. Task nach einem Klapper samt Verhänger in niedriger Höhe und anschließender Spirale in felsiges Gelände gestürzt. Er erlag am Unfallort seinen Verletzungen. In seinem Gedenken wurde der 6. Task am Sonntag ausgesetzt. Die anderen PWC-Piloten machten stattdessen einen "Ehrenflug" und warfen aus der Luft Blumen über der Unfallstelle ab.

Solche Vorkommnisse sind immer wieder ein Schock für die Gleitschirmflieger, wenn auch selten ein heilsamer. Denn nach kurzer Zeit der Einkehr obsiegt v.a. bei Wettbewerben meist schnell wieder der Siegeswille samt Ehrgeiz, der die Piloten viele Gefahren einfach ausblenden lässt. Gerade deshalb ist es wichtig, sich die eigene Unzurechenbarkeit und Risikoblindheit regelmäßig ins Bewusstsein zu rufen. Es ist gut, wenn über solche Unfälle und deren psychologischen Hintergründe offen gesprochen wird.

Lesenswert ist in diesem Zusammenhang ein aktueller Thread im englischen Paraglidingforum über Risikobewusstsein. Zwei Posts möchte ich hier hervorheben, die ich zur Lektüre empfehle. Einer von Matthew Whitall, der andere von Bjorn Punselie. So schreibt Matthew u.a.
We have also, as a community, become incredibly blasé about reserve rides and treelandings. If you survive either then you should consider yourself lucky - you havecheated death. I never understood why we used to call reserves "Second Chance", we should call them last chance.
Eine traurige Erkenntnis, die man aus verschiedenen Berichten von Unfallzeugen gewinnen kann, ist die, das Stefan Schmoker seine "last chance" eben nicht genutzt hat - obwohl er die Zeit dafür gehabt hätte. Nach dem hangnahen Klapper samt Verhänger hat er seinen Flügel offenbar mehrfach stabilisiert und dann versucht, den Verhänger zu lösen. Der Schirm geriet aber in der turbulenten Luft immer wieder in Rotation. Schließlich war Schmoker eingetwistet und schlug unkontrolliert im Steilhang ein. Warum er den Retter nicht zog, wird ein Rätsel bleiben.

Eine mögliche Erklärung wird ebenfalls im Paraglidingforum diskutiert: Wer bei einer WM den Retter schmeißen und damit einen Task vorzeitig beenden muss, vergibt fast automatisch alle Siegchancen. Das erhöht die Bereitschaft der Piloten, trotz des hohen Risikos nach einem Ausweg aus einer nahezu ausweglosen Situation zu suchen, nur um im Wettbewerb zu bleiben.

Hand aufs Herz: Wer hat nicht schon, wider besseres Wissen,
beim Fliegen seine eigene Sicherheitsmarge überschritten, einen Seitenwind für startbar, Turbulenzen für händelbar und einen schrappenden Endanflug knapp über den Baumspitzen für cool gehalten? Häufig geht das gut. Aber eben nicht immer. Es lohnt sich, traurige Anlässe zu nutzen, um die eigenen Sinne immer wieder neu zu justieren. Am besten im Gespräch mit anderen.