Mein vorhergehender Post zum Risiko Dreiser Weiher hat ein erstaunlich großes Echo hervorgerufen. Neben einigen Kommentaren im Blog erreichten mich auch zahlreiche Emails mit weiteren persönlichen Erlebnisschilderungen. Interessanterweise gab es dabei mehrfach Hinweise auf einen weiteren Risikofaktor: übermotivierte, rücksichtslose Piloten.

Piloten, die ohne rechts und links zu schauen und ohne Vorankündigung, ihren Schirm einfach aufziehen und dabei alle Nahestehenden gefährden.
Piloten, die aus der Sorge, den Anschluss zu verlieren, entgegen jeder Vorflugregel am Hang klebend ihre Bahn durchziehen.
Piloten, die trotz der eindeutigen Situation, dass der Hang gerade nicht trägt und schon extrem dicht bevölkert ist, sich auch noch ins Luftgewühl stürzen.
Piloten, die ungeduldig in der zweiten Reihe ihren Schirm aufziehen und sich dann nach vorne drängeln. Piloten, die... usw.

Ein solches Pilotenverhalten fördert Aggressivität und Stress am Startplatz und in der Luft.  Beides ist Gift für den Flugspaß und die Sicherheit.

Eine interessante Frage ist freilich, warum sich gerade in Dreis so eine angespannte Stimmung entwickelt, die an anderen Startplätzen in der Region nicht anzutreffen ist. Meine Erklärung (sicher unvollständig): Dreis ist enorm anspruchsvoll und weckt damit bei vielen einen Wettbewerbs- und Überlebensinstinkt, der schon vor der Start beginnt: Wer ist stärker, der Wind oder ich? Wer gewinnt, ich oder der Berg (wie viele Top- vs. Downlandungen zählt man am Tag)? Wer schafft es, im Gegensatz zu vielen anderen, zum rechten Zeitpunkt zu starten und Höhe zu gewinnen? Mit anderen Worten: Die Piloten müssen sich ständig sich selbst und anderen gegenüber beweisen. Wenn dann noch der Anspruch von Streckenfliegern dazu kommt, unbedingt den einen Bart des Tages zu erwischen, der einem den Tagessieg im XC-Cup einbringt, wird Rücksichts- und Respektlosigkeit schnell einmal zur Kehrseite des Erfolges.

Was bleibt ist die Frage nach einer zufriedenstellenden Lösung: Die gibt es meiner Meinung nach nicht, zumindest nicht von außen. Strenge Startregeln und Startleiter, Funkgerätezwang und Luftsherrifs, einige solcher Vorschläge habe ich gelesen. Manches davon wäre wohl auch hilfreich. Doch wer nimmt das in die Hand, wer hat Lust, sich den Ärger eines übermotivierten XC-Cracks abzuholen, dem während der scheinbar besten Thermikphase des Tages gesagt wird, er müsse sich jetzt erst einmal hinten in die Schlange stellen und zuschauen, wie die Anfänger mit ihrem flatternden Segel am Start kämpfen und ihm das Ranking versauen?

Es bleibt, sich bei den Piloten ein Umdenken zu wünschen (und sich als erstes auch an die eigene Nase zu fassen). Mehr Rücksicht, Respekt, Kontakt und Hilfsbereitschaft sind gefragt. Dazu gehört es, Starts anzukündigen, damit die anderen zurückweichen können. Dazu gehört es, sich als schwätzchenhaltende Pilotengruppe aus dem Hauptstartbereich zurückzuziehen, um den anderen den Sicherheitsraum zu lassen, den sie für einen entspannteren Start brauchen. Dazu gehört es, einem pressierenden Sichel-Piloten auch mal bereitwillig den Vortritt zu lassen, wohlwissend, dass man selbst gar nicht auf Strecke gehen will, sondern im Grunde sowieso auf die sanfteren Bedingungen ab 18 Uhr wartet, wenn die hechelnde Meute schon hoffentlich das Weite gesucht hat. Dazu gehört es, sein Groundhandlingstraining nicht am Dreiser Startplatz, sondern entspannt auf einer geeigneteren Übungswiese zu absolvieren - und sei es am unteren Landeplatz. Dazu gehört es, sich daran zu erinnern, wie man selbst einmal in seiner Fliegerkarriere viel unsicherer gewesen ist und besser einen Tipp als einen vergraulenden Blick vertragen konnte. Solcher Anregungen gäbe es noch unendlich mehr...

Kommentare hierzu sehr gerne willkommen.