Sind Streckenflüge in Österreich bald nur noch mit Transponder möglich? // Bild: Gino M.
Österreich wird seine  Luftraumstruktur bis Dezember 2014 neu ordnen. Das könnte zu deutlichen Einschränkungen für Gleitschirm-, Drachen- und Segelflieger führen. Denn geplant ist die Einführung von flächendeckenden und relativ tief  liegenden TMZ. In diese "Transponder Mandatory Zones" dürften alle Luftgeräte nur noch mit einem eingeschalteten Transponder einfliegen. Bisher gibt es aber keine massentauglichen, kleinen und halbwegs bezahlbaren Transponderlösungen für Gleitschirmflieger. De facto blieben damit Paragleiter und Drachen künftig aus diesen Lufträumen ausgesperrt. Die TMZ würden ihnen wie ein Deckel den per Thermik nutzbaren Luftraum einschränken. Das könnte viele Streckenflugmöglichkeiten in den österreichischen Alpen zunichte machen.

In ersten bekannt gewordenen, inoffiziellen Entwürfen war davon die Rede, die TMZ über den Bergkämmen schon in 300 bis 600 Meter Grund und ansonsten ab 1700 Meter Seehöhe (teilweise auch ab 2300 Meter Seehöhe) beginnen zu lassen. Diese Horrorvorstellung hat die Fliegerszene aufgerüttelt. Seit einigen Wochen wird in Gleitschirmforen heiß darüber diskutiert, wie sich diese Entwicklung noch abwenden ließe. Dort und sogar auf der DHV-Homepage wird dazu aufgerufen, eine Online-Petition zu unterzeichnen, in der es darum geht, in Österreich für Para- und Hängegleiter eine Ausnahme von der "generellen Transponderpflicht" zu erreichen. Mehr als 10.700 Stimmen wurden auf der entsprechenden Seite schon verzeichnet.

Derweil laufen in Österreich Gespräche zwischen Austrocontrol und diversen Fliegervereinigungen und -verbänden. Dabei geht es darum, die Auswirkungen der neuen Regelungen für alle Teilnehmer zu prüfen und gang- bzw. fliegbare Kompromisse zu finden. Dem Vernehmen nach zeichnen sich Lösungen ab, die eine nicht gar so harsche Deckelung der transponderfreien Lufträume erwarten lassen. Im Raum Salzburg beispielsweise sind nach Angaben des dortigen Paragleiterclubs derzeit 11.000 Fuß (~3350 Meter) als generelle Untergrenze der TMZ sowie 1500 Fuß (~450 Meter) über den nächsten Berggipfeln im Gespräch. Die meisten Fluggebiete und Strecken sollten damit an den meisten Flugtagen auch weiter problemlos beflogen werden können. Nur an besonderen Hammertagen mit ausreichend hoher Basis könnten die Paragleiter einen Transponder schmerzlich vermissen, weil sie vielleicht höher aufdrehen könnten, aber nicht dürfen. Im Alltag noch "spürbare" TMZ-Deckel sind nach aktuellem Diskussionsstand vor allem abseits des Alpenhauptkammes in Ober- und Niederösterreich zu erwarten.

Dass Österreich überhaupt seine Lufträume neu organisiert, hängt mit Europa zusammen. Bisher hat dort jedes Land weitgehend seine eigenen Luftraumregelungen und -definitionen. Um hier die Kontrolle, aber auch die Flugplanung für die Piloten (der Motorfliegerei) zu erleichtern, wurden unter Federführung von Eurocontrol einheitliche Regeln erarbeitet. Diese sogenannten SERA (Standardised European Rules of the Air) müssen nun von allen EU-Mitgliedsländern bis Ende 2014 umgesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise europaweit harmonisierte Definitionen für die Lufträume G (unkontrolliert) und E (kontrolliert), was Österreich dazu veranlasst, die Untergrenzen des Luftraums E vielerorts abzusenken.

Mit der ersten Idee, der Einfachheit halber den Luftraum E auch gleich noch komplett als TMZ zu deklarieren, ist das österreichische Verkehrsministerium allerdings über die Ziele von SERA hinaus geschossen.

Davon abgesehen wird das Thema Transponder die Gleitschirmszene in Zukunft sicher noch häufiger beschäftigen. Es gibt bereits erste Drachen- und Gleitschirmpiloten, die mit kleinen Transpondern unterwegs sind oder die Anschaffung planen - was allerdings derzeit mit Kosten ab 2000 Euro verbunden ist. Ihnen geht es vor allem darum, durch den Transpondereinsatz mehr Routenoptionen bei Streckenflügen im Flachland zu haben.

Sollten sich diese Vorreiter durch die per Transponder "erkauften" größeren Freiheiten im Luftraum Vorteile etwa bei Streckenflugwettbewerben wie dem DHV-XC oder dem XC-Cup verschaffen, dürfte die Bereitschaft vieler Piloten, über solche Lösungen zu diskutieren, deutlich steigen. Dann könnte es auch für Hersteller von Fluginstrumenten interessant werden, integrierte und bezahlbare Transponderlösungen anzubieten.