Mit den Aviator GTX am Startplatz.
Ich gehöre zu den Menschen mit eher kälte-empfindlichen Händen und Fingern. Während andere noch mit relativ dünnen Handschuhen stundenlang in der Luft aushalten, musste ich bisher im Winter häufiger als mir lieb war früh landen gehen, weil ich Eisklauen hatte. Ich habe vieles probiert: Innenhandschuhe, Neopren-Fairings, Fäustlinge als Überhandschuhe, chemische Heat-Packs am Handrücken etc. All das hat stets ein bisschen etwas gebracht, und doch war ich mit allen Lösungen unzufrieden, weil zumindest an den Fingerspitzen die Wärme nie wie erhofft ankam. Der einzige Ausweg schien mir die Nutzung von beheizbaren Handschuhen zu sein. Doch auch davon hatte ich den Eindruck - bei allen Erfahrungsberichten anderer, die ich las - der begrenzten Praktikabilität. Entweder sie heizten nicht genügend, oder die Akku-Kapazität war zu gering, um bei einer höheren Heizstufe längere Flüge zu ermöglichen. Und die Bastel-Lösung mit dicken Zusatz-Akkupacks im Cockpit und langen Kabeln zu den Handschuhen war auch nicht das Gelbe vom Ei.

In dieser Phase der Überlegungen las ich im vergangenen Jahr von einer Neuentwicklung: Der Handschuhhersteller Zanier brachte einen beheizbaren Handschuh auf den Markt, der speziell für die Bedürfnisse der Gleitschirmflieger konzipiert sein sollte. Der Name: Aviator GTX. Das Versprechen: Genug eingebaute Akku-Kapazität, um in höchster Heizstufe vier bis fünf Stunden Wärme zu liefern. Das musste ich testen. Und Zanier stellte mir freundlicherweise ein Paar für den Test zur Verfügung.

Lange Stulpe am Unterarm und
Lederverstärkung an den passenden Stellen
Allerdings war der Test mit kleineren Schwierigkeiten verbunden. Die erste gelieferte Packung enthielt zwei rechte Handschuhe. Und als ich schließlich einen rechten und einen linken Handschuh zur Verfügung hatte, ließ der Winter auf sich warten, auf sich warten, auf sich warten... Bis heute konnte ich mit den Handschuhen noch keine Flüge bei wirklich deutlichen Minustemperaturen machen. Dieser Härtetest steht noch aus. Doch bevor der Winter unverrichteter Dinge wieder in den Frühling übergeht, hielt ich es für sinnvoll, zumindest die bisherigen Erfahrungen bei 0°C aufzuschreiben.Denn die sind, soviel sei schon verraten, fast durchgehend positiv.

Der Handschuh wartet mit einigen kleinen Details auf, die zeigen, dass hier bei der Entwicklung auch die Beratung echter Piloten mit eingeflossen ist.

Zum Beispiel hat der Aviator GTX nicht nur eine sehr gute Passform, sondern auch eine ausreichend lange Stulpe, die bis weit über das Handgelenk reicht und so Kältebrücken vermeidet. Die Stulpe lässt sich über einen Gummizug mit Tanka dicht um den Arm legen, was problemlos auch einhändig funktioniert. Ein weiterer, nicht zu fester Gummizug am Handgelenk sorgt nochmals dafür, dass die Wärme drinnen bleibt.

Da fällt nix auf den Boden.
Der Handschuh selbst besteht aus einem geschickt gewählten Materialmix mit etwas dehnbarem Kunststoffgewebe auf der Oberhand und einer Kunstleder-Innenhand. Zudem sind die entscheidenden Stellen des Handschuhs, über die zum Beispiel beim Wickeln die Leinen laufen, zusätzlich mit Leder verstärkt. Goretex macht den Handschuh wind- und regendicht.

Am Handschuh sind zusätzliche Gummibandschlaufen befestigt, die man sich um das Handgelenk legen kann. Selbst wann man die Handschuhe auszieht, um etwa einen kleinen Knoten aus den Leinen zu lösen, bleiben sie "am Mann" hängen und fallen nicht aus Versehen in den Schnee.


An der Spitze der Zeigefinger sind spezielle Lederwülste als Handy-Pointer platziert, mit denen man auch moderne Smartphones noch mit den Handschuhen bedienen kann.

Der Handypointer ist nur
bedingt einsatzfähig.
In der Praxis entpuppt sich das allerdings als nur bedingt alltagstauglich. Mal reagierte mein Iphone darauf, mal auch nicht (was mir mit bloßen Fingern in der Kälte freilich auch passiert). Zudem ist der Pointerwulst so breit, dass man damit auf dem Touch-Screen kaum eine SMS tippen kann. Allerdings sollte das m.E. kein kaufentscheidendes Detail darstellen, da man hierfür auch andere Lösungen finden kann. Zumal ich selbst eh nicht im Flug telefoniere.

Summasumarum wäre der Aviator auch ohne Heizfunktion schon ein guter Fliegerhandschuh. Kommen wir nun aber zu dessen besonderen Funktionen.

Heizhandschuh bedeutet nicht, dass der ganze Handschuh mit Heizdrähten durchzogen ist.Vielmehr sitzen die Heizelemente nur oben in den fünf Fingern, jeweils über den letzten beiden Fingergelenken. Damit wärmen sie genau jene Bereiche, die am empfindlichsten auf Kälte reagieren (und die beispielsweise von chemischen Heatpacks am Handrücken nicht erreicht werden). Greift man in den Bremsgriff des Schirmes und krümmt dabei die Finger, drücken sich die Heizelemente fester an die Finger. Die Wärme wird so gut spürbar übertragen.

Druckschalter mit Leuchte.
Bedient wird die Heizung über einen breiten, gummierten Druckschalter am Handrücken jedes Handschuhs. Der Schalter lässt sich auch mit Handschuhen gut bedienen. Allerdings wäre mir eine Position weiter unten am Daumenrücken lieber gewesen. Diese wäre nicht nur einfacher zu erreichen, sondern böte auch den besseren Druckwiderstand.Drückt man den Schalter jeweils länger als eine Sekunde, werden die Heizstufen nacheinander durchgeschaltet. Dabei zeigt eine eingebaute LED mit den Farben gelb, orange und rot, auf welcher Stufe man sich gerade befindet.

Die Akkus befinden sich unten in einem Reißverschlussfach in der langen Stulpe. Es sind pro Handschuh jeweils zwei Lipo-Doppelpacks mit einer Kapazität von 2600 mAh, also zusammen 5200 mAh pro Handschuh bei 3,7 V, was knapp 19 Wh entspricht. Das soll nach Herstellerangabe für 4 bis 5 Stunden volle Heizleistung ausreichen, in der mittleren Stufe sollen es 8 bis 10 Stunden sein. Meinen eigenen Erfahrungen mit etlichen Flügen nach und einem Test, die Handschuh einfach angeschaltet auf meinem Schreibtisch liegen zu lassen, kann ich zumindest die jeweils unteren dieser Werte bestätigen.

Zwei Doppelakkupacks mit zusammen
5200 mAh bei 3,7 V pro Handschuh.
Die Akkus in der Handschuhstulpe tragen nur wenig auf. Auch das zusätzliche Gewicht hat mich nie gestört. Und das Wichtigste: Die Heizleistung ist auch für meine Frostfinger ausreichend. In der niedrigsten Stufe ist nur wenig zu spüren, aber schon Stufe 2 genügt, dass bei 0°C erstmals nicht mehr die Fingerkälte der begrenzende Faktor meiner Winterflüge ist. In Stufe drei ist bei solchen Temperaturen ein deutlicher Wärmeeffekt spürbar, was darauf schließen lässt, dass die Heizung auch noch bei echten Minustemperaturen wirksam sein sollte.

Die Kunst des Einsatzes von Heizhandschuhen besteht allerdings nicht darin, immer die wärmste Stufe zu wählen. Denn wird es zu warm, schwitzt man an den Händen, und dann sorgt die Feuchtigkeit im Handschuh doch wieder für ein unangenehm klammes Gefühl. (Das ist übrigens ein Nachteil der nicht regulierbaren chemischen Heatpacks.) Es gilt also jene Stufe zu finden, bei der man die Heizung nicht sehr deutlich fühlt, und dennoch kein langsames Auskühlen der Finger verspürt.

Unter sehr kalten Bedingungen dürfte es ratsam sein, auch noch dünne, aber winddichte Fäustlinge über den Aviator-Handschuhen zu tragen. Damit sollte man die Heizleistung eine Stufe runterschalten können und verhindert besser das Auftreten von Kältebrücken durch kondensierte Feuchtigkeit.

Mit den Handschuhen wird auch ein eigenes Ladegerät geliefert. Damit kann man alle Akkus parallel in ca. 10 Stunden aufladen. Ist alles voll, ändert die LED ihre Farbe von rot auf grün.

Was für die Praxis fehlt ist eine irgendwie geartete Restladungsanzeige. Wer spontan zum Fliegen geht und die Handschuhe einpackt, ohne sie direkt zuvor voll geladen zu haben, kann sich nur schwer ausrechnen, wie viel Heizleistung noch für den Tag zur Verfügung steht. Gerade angesichts des sehr hohen Listenpreises, wäre die Integration dieser Technik zu wünschen gewesen.

Überhaupt der Preis: Hier zeigt Zanier, dass der Aviator GTX als Nischenprodukt im Premium-Segment angesiedelt ist. 350 Euro UVP sind schon eine Hausnummer, die viele Gelegenheits-Winterflieger abschrecken dürfte. Inwiefern ein solcher Preis gerechtfertigt ist, darf jeder selbst entscheiden. Am Markt sind die Aviator GTX allerdings auch schon für 100 Euro weniger zu finden. Für jemand mit kälteempfindlichen Fingern, aber großer Fluglust im Winter, könnte es das Wert sein.

Fazit: Die Heizhandschuhe Zanier Aviator GTX sind für das Winterfliegen hervorragend geeignet. Passform, Qualität, die lange Stulpe machen die Handschuhe schon ohne Heizung zu guten Winterhandschuhen. Dank gut platzierter Heizelemente, der ordentlichen Akku-Leistung und der einfachen Bedienbarkeit ohne weiteren Kabelsalat im Flug, ist der Aviator GTX gerade für Piloten, die im Winter nicht nur für kurze Abgleiter in die Luft gehen, eine sehr gute Wahl. Minuspunkte sind letztendlich nur die fehlende Ladestandsanzeige und der hohe Preis (UVP 350 Euro), der viele Flieger von einem Kauf abschrecken dürfte.