Das Logo der neuen Sicherheitsklassen des DHV.
Seit geraumer Zeit führt der DHV bei aktuellen Schirmen aus den Klassen EN/LTF A und B sogenannte Sicherheitstests durch. Diese Flugtests werden mit speziellen Messinstrumenten geflogen, die die Nickwinkel, das Abdrehen, die einwirkenden G-Kräfte und den Höhenverlust der Schirme bei verschiedenen Manövern wie Seiten-, Frontklapper oder Steilspirale genau erfassen.

Die Ergebnisse dieser Tests waren bisher nur in langen Texten und Tabellen im DHV-Info oder im Internet nachzulesen. Künftig will der DHV sie in einer eigenen Datenbank zusammenfassen und den Piloten zugleich einen noch schnelleren Überblick ermöglichen, indem jedem nach-getesteten Flügel auf Basis der Messergebnisse eine Sicherheitsnote ähnlich dem Schulnotensystem von 1 bis 5 zugeordnet wird. Der DHV spricht von Safety Class 1 bis Safety Class 5.

Die neuen Safety-Klassen stellen keinen Ersatz für eine EN- bzw. LTF-Zertifizierung dar, sondern sind als Ergänzung gedacht. In der EN-Norm sind getestete Flugmanöver hinsichtlich Größe und Form der zu erzielenden Einklapper genau definiert - zum Beispiel 40% Einklapptiefe bei Frontklappern. Allerdings bleibt bei dieser Bewertung außen vor, ob ein Schirm bei größer ausgeprägten Klappern mit einem Mal ein viel anspruchsvolleres Öffnungsverhalten zeigen kann.

Solche Auffälligkeiten fließen hingegen in die Sicherheitsnoten des DHV mit ein, weil hier die Testpiloten gezielt auch die maximal erzielbare Klappertiefe "ziehen", um daraus mehr Rückschlüsse über die Gutmütigkeit eines Schirmes in wirklichen Extremsituationen ziehen zu können. Ein Schirm, der beispielsweise nach großen Klappern sehr viel Höhe verliert, bis er wieder als komplett flugfähige Fläche über dem Piloten steht, wird eine entsprechend niedrige Safety-Class-Einstufung bekommen.

Mit den Sicherheitsklassen will der DHV der breiten Masse der Piloten mehr Orientierung bieten, um neben der Konformitätsprüfung nach EN-Standard auf einfache Weise mehr über das tatsächliche Sicherheitsverhalten verschiedener Flügel zu erfahren. EN-C und -D-Geräte werden nach den aktuellen Plänen nicht nach diesem System begutachtet. Hier gilt das Argument, dass die Piloten solche Schirme wohl eher wegen der Leistung und nicht wegen der Sicherheit wählen und die anspruchsvolleren Schirmreaktionen dafür auch bewusst in Kauf nehmen.

Der DHV hofft darauf, dass auch Hersteller sich bei der Schirmentwicklung künftig verstärkt an den Safety-Klassifizierungen orientieren werden, um so die Sicherheit im Gleitschirmsport nachhaltig zu erhöhen. Zu diesem "Anreizsystem" gehört, dass die Regeln für die Safety Class 1 so streng gehalten wurden, dass bisher keiner der nachgetesten Schirme die Sicherheitsnote 1 erreicht.

Von den Gleitschirmherstellern werden die DHV-Sicherheitstests mit gemischten Gefühlen gesehen. Sie kritisieren vor allem die "vorgetäuschte" Vergleichbarkeit der Sicherheitsnoten. Da die Nachtests eben nicht wie bei der EN-Zertifizierung genormt sind, bleibt es verstärkt und für Außenstehende schwer nachprüfbar dem guten Willen der Testpiloten überlassen, wie hart er einen Flügel wirklich ran nimmt. Je nach Leinen-Setup zeigen Schirme zudem eine ganz unterschiedliche Klappcharakteristik bei gezogenen Klappern, die sich vom realen Klappverhalten durchaus unterscheiden kann. Darüberhinaus unterzieht der DHV bisher stets nur eine Schirmgröße pro Modell den Nachtests. Allerdings ist bekannt, dass verschiedene Größen gelegentlich sehr unterschiedlich in ihrer Aggressivität nach Manövern ausfallen können. Diese Spannweite, sowohl zum Guten wie zum Schlechten, wird in den Sicherheitsklassen bisher nicht berücksichtigt.