Armin Harich ist am gestrigen Sonntag von Schriesheim (bei Heidelberg) quer über Süddeutschland bis südlich von Dingolfing geflogen. Laut Rechnung des Online-Contests XC-DHV ergibt das eine Flugstrecke von 302 Kilometern. Das ist ein sensationeller neuer Rekord für einen in Deutschland gestarteten Flug mit einem Gleitschirm. Aufgewertet wird diese Leistung zudem noch dadurch, dass Armin keinen Hochleistungsflügel nutzte, sondern sich mit einem Skywalk Tequila 4 (EN-B) in die Lüfte schwang. Damit zeigte er einmal mehr, dass weite Strecken nicht so sehr vom Material abhängen wie vom Piloten. (Im vergangenen Jahr hatte er u.a. auch schon mit einem 164km FAI-Dreieck im Flachen für Aufsehen gesorgt).

Schon auf dem Weg zum Startplatz soll Armin davon gesprochen haben, dass an dem Tag vielleicht 300 km möglich wären. Sein Rezept: Ein früher Start, verlässliche Thermik über den ganzen Tag hinweg, ein kräftiger Höhenwind um 25 bis 30 kmh bei einem allerdings eher geringen Windgradienten in der Höhe. Wenn der Wind mit der Höhe nur sehr wenig zunimmt, werden die Thermiken weniger zerrissen. Wer dann immer schön hoch fliegt, sich im Steigen stetig kreisend mit der Thermik versetzen lässt und im Sinken mit dem Wind im Rücken schnell weiterfliegt, kann auch mit einem EN-B-Schirm auf einen Schnitt von knapp 37 kmh kommen. Wer dann noch Armins Thermikschnüffelnase besitzt und sich im gesamten Flug nie mehr aus der Tiefe wieder ausgraben muss, der ist reif für einen solchen Rekord.

War so etwas vorhersehbar? Ein Blick in die Meteomodelle verrät: ein wenig Frechheit vorausgesetzt - ja. Für Süddeutschland südlich des Mains und nördlich des Alpenvorlandes versprachen die Prognosen verlässliche Thermik um 1500 bis 2000m, viel Sonne, keine hohen Schleierwolken.

Der Clou des Tages, um so weit zu kommen, war allerdings der kräftige, aber gradientarme  Höhenwind. Gerade in dem Streifen, in den Armin seine Flugroute legte, blies er sehr konstant in allen Höhenschichten. Das zeigt sich in der Karte der maximalen Windscherung in der thermisch durchmischten Grenzschicht (entnommen aus Meteo-Parapente.com). Die hellblau bis grünlichen Zonen zeigen einen "vertical Windshear" von weniger als 10 kmh. Solche niedrigen Werte sind erstrebenswert, um möglichst wenig mit zerrissenen Thermiken kämpfen zu müssen.

Zuguterletzt noch eine andere Darstellung der Tagesqualität, basierend auf XC-Skies. Folgende Grafik zeigt die Entwicklung von Thermik und Höhenwind im Tagesverlauf entlang Armins Flugroute von Schriesheim bis Dingolfing. Hinweis: Die Windpfeile zeigen den Wind in kmh und nicht in Knoten, d.h. drei Fähnchen sind 30 kmh. Die rote Kurve zeigt die durchschnittliche erfliegbare Thermikhöhe, schwarz ist die theoretisch maximale Thermikhöhe, und weiß wird der potenzielle Thermikzuschlag bei 2°C stärkerer Bodenerwärmung dargestellt. Diese prognostizierte Tagesentwicklung passt sehr gut zu den Flughöhen, in denen sich Armin während des Tages bewegte.

Wer sich nun fragt, wie "einmalig" solche Wetterlagen und Flüge sind, dem sei versichert: So etwas kommt wieder. Schon 2008 war einmal ein tschechischer Pilot nach Windenstart 336 km bis kurz vor Nürnberg geflogen - damals allerdings mit dem Wind aus der Gegenrichtung.

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