Der Allrounder mit einem sehr direktem Handling für einen Mid-B.


Die im folgenden beschriebenen Eindrücke zum Skywalk Tequila 4 wurden in mehreren längeren Flügen mit teils kräftiger Thermik am Breitenberg, am Hahnenkamm (Reutte) und am Grubigstein gewonnen. Geflogen bin ich den Tequila 4 in Größe S (70-95 kg) mit rund 90 kg Startgewicht. Das Gurtzeug war ein Karpofly Extra Light (Liegegurtzeug). Der Schirm wurde mir für den Test freundlicherweise von Skywalk zur Verfügung gestellt.

Die Tequila-Serie von Skywalk war von Beginn an als Einstiegs-1-2er bzw. Wohlfühl-B-Schirm konstruiert. Diesem Konzept ist man auch beim Tequila 4 treu geblieben. "Der Intermediate Klassiker" titelt Skywalk auf seiner Internetseite. Zugleich haut man freilich auch mit der Bezeichnung "Hochleister seiner Klasse" etwas auf die Pauke. Immerhin unterstreicht Armin Harichs 300 km Rekordflug mit dem Tequila 4, dass dieser Schirm für die meisten Flugträume von Ottonormalpilot reichen sollte.

Der Tequila 4 ist so etwas wie der kleinere Bruder des von lu-glidz bereits im vergangenen Jahr getesteten Chili 3. Technisch hat er viele der Konstruktionsmerkmale geerbt. Skywalk hat großen baulichen Aufwand betrieben, um aus der Kappe mehr Leistung rauszukitzeln: Der 45-Zeller mit Streckung 5,2 ist ein echter Dreileiner, kommt mit weichen Stäbchen, langen C-Wires, 3D-Shaping, Mini-Ribs und Jet-Flaps daher. Dem allgemeinen Trend zur Haifischnase ist Skywalk allerdings nicht gefolgt.

Der schmale Tragegurt des Tequila 4. Der C-Gurt ist gedoppelt
und verdreht sich deshalb nicht so schnell.
Starten: Der Tequila 4 hat ein vorbildliches, völlig unkompliziertes Startverhalten. Die komplett ummantelten Leinen sind dank unterschiedlicher Färbung der Ebenen sehr übersichtlich und fallen auch leicht auseinander. Die Kappe verlangt keine besondere Auslegeform. Sie braucht vorwärts wie rückwärts allein eine konstante, aber nur sehr leichte Führung über die A-Gurte, um ohne Überschießtendenzen in den Zenit zu steigen. (Wer aus Gewohnheit stärker an den A-Gurten zerrt, wird das Vorschießen im letzten Drittel mit einem beherzten Bremseinsatz abfangen müssen.) Während der gesamten Aufziehphase ist die Kappe über die Bremse oder die C-Ebene sehr gut korrigierbar. Auch Kobrastarts fallen mit dem Tequila 4 leicht (viel leichter als z.B. mit dem Chili 3).
Der Tequila 4 besitzt schmale Tragegurte. Diese Bauform birgt das Risiko, dass sich der Gurt mit der Bremse leichter um sich selbst verdrehen kann. Skywalk hat für dieses Problem eine lobenswerte Lösung gefunden: Der C-Gurt ist gedoppelt und dadurch versteift.
Als gelegentlich störend erweisen sich die Magnete, welche die Bremsschlaufen halten. Sie sind so stark, dass bei den Vorbereitungen zum Rückwärtsstart häufig beide C-Gurte aneinander haften und dem Piloten die Übersicht beim Leinensortieren und dem korrekten Aufnehmen der Bremsen erschweren.

Landen: Die Landung mit dem Tequila 4 ist einfach. Er bietet nicht ganz so viel Flare-Energie wie der Chili, lässt sich aber sehr gut kontrollieren. Für eine ausgeflogene Landung mit erhöhter Geschwindigkeit ist es nötig, die Bremsen tatsächlich bis zum Anschlag frei zu geben. Schon der leichteste Zug raubt dem Schirm sonst die nötige Energie.

Bremsen: Einer der Hauptkritikpunkte vieler Piloten am Chili 3 war der lange Vorlauf der Bremsen. Das hat sich Skywalk bei der Abstimmung des Tequila 4 erkennbar zu Herzen genommen, ist aber gleich ins andere Extrem geschlagen. Ich kenne keinen B-Schirm am Markt, bei dem die Bremse so früh schon greift. D.h. schon der leichteste Zug an der Bremsleine wirkt sich spürbar auf die Hinterkante aus. Das hat Vor- und Nachteile. Als Vorteil zeigt der Tequila ein direktes Handling, ohne nervös zu wirken. (Um mich nicht misszuverstehen: Die Bremse des Tequila greift zwar sofort, er geht deshalb aber nicht gleich zackig ums Eck. Hier sind Schirme wie der Mentor oder der Mistral 7 deutlich direkter). Der Nachteil ist, dass der Tequila schon beim leichtesten Zug auf der Bremse spürbar an Geschwindigkeit verliert. Selbst wer meint, nur die 3-5 cm Vorlauf aus dem  Bremsweg zu ziehen, wird schon 3-5 km/h langsamer fliegen. Wer mit dem Tequila 4 im besten Gleiten gut voran kommen will, muss deshalb geradezu übertrieben "hands up" fliegen. Wer es gewohnt ist, die Bremsen mit einer halben Wicklung zu greifen, muss die Hände dann sogar über die Bremsrollen heben, um keine Leistungseinbußen zu haben. Das vergrößert freilich die Stirnfläche der im Wind stehenden Arme. Der aerodynamische Vorteil dünner Tragegurte ist damit dahin.
Obwohl die Bremse des Tequila so früh greift, ist der zur Verfügung stehende Bremsweg immer noch erstaunlich lang. Anders als bei früheren Skywalk-Schirmen, bei denen der durch die Jetflaps verzögerte Strömungsabriss gelegentlich nur durch ein gezieltes Wickeln sauber erreicht werden konnte, ist dieser beim Tequila aber schon mit durchgestreckten Armen zu erfliegen.
Sehr auffällig ist beim Tequila 4 - wie schon beim Chili 3 - der extrem niedrige Bremsdruck, zumindest im ersten Drittel des Weges. Das könnte viele Piloten, die den Kontakt über die Bremse zum Schirm suchen, dazu verleiten, den Schirm in der Praxis häufig stärker anzubremsen als nötig. Andererseits ermöglicht dieser geringe Bremsdruck ein vergleichsweise ermüdungsfreies Fliegen - zumal die schnell ansprechende Bremse auch im Normalflug kein übermäßiges Rudern des Piloten verlangt. Hier ist der Tequila im Handling sogar gegenüber dem Chili im Vorteil.

Drei Leinenebenen mit jeweils drei Stammleinen
liefern über die Tragegurte ein gutes Feedback.
Kappenfeedback: Die softe Bremse führt dazu, dass man über diesen Kanal relativ wenig über den Kappenzustand erfährt. Erst im stärker angebremsten Thermikflug wird der Schirm über die Bremse mitteilsamer. Über die Tragegurte und das "Popometer" ist der Tequila 4 allerdings durchaus gesprächig. Druckunterschiede an den Flügelhälften werden eindeutig und gut differenzierbar an den Piloten übermittelt. Das "Thermiklesen" funktioniert damit, trotz der moderaten Streckung, erstaunlich gut. Selbst kleinere Entlaster an der Kappe werden für den Piloten direkt spürbar und ermöglichen so die schnelle Gegenreaktion. Überraschendes, weil unangekündigtes Ohrenaufschnalzen wie beim Chili 3 habe ich mit dem Tequila nicht erlebt. Hier zeigt sich vermutlich ein Vorteil des etwas anderen Leinensetups: Bei 3 Stammleinen (anstatt nur 2 wie beim Chili) wird das Ohrenwinken eindeutig auf die A-Gurte übertragen. (Beim Chili sind die äußeren Zellen allein an der Stabiloleine aufgehängt.) 

Gewichtssteuerung: Auf Gewichtsverlagerung spricht der Tequila 4 etwas verzögert und gedämpft an. D.h. ein Aufschaukeln und Drehen der Kappe nur über die Gewichtsverlagerung braucht etwas Zeit, was aber durchaus zur angepeilten Pilotenschaft passt. In jedem Fall lohnt es sich, die Gewichtssteuerung für einen runderen Kurvenflug einzusetzen.

Kurvenflug: Trotz der leicht verzögerten Gewichtsansprache vermittelt der Tequila 4 keinen trägen Eindruck. Durch die im Klassenvergleich früh einsetzende Bremse geht es bei moderaten Ausschlägen schon flott ums Eck. Allerdings zeigt sich in der Kurvenanmutung ein markanter Unterschied zum Chili 3. Während dieser ein sehr sattes Carver-Feeling vermittelt und nur weniger Korrekturen bedarf, um eine einmal eingestellte Schräglage beizubehalten, verlangt der Tequila 4 häufiger kleine Piloteninputs, um in der Spur zu bleiben. In bewegter Luft neigt die Kappe zudem zu unverhofften Gier-Bewegungen. Das lässt sich zwar mit deutlicher Gewichtsverlagerung etwas abmildern. Ein "Fliegen wie auf Schienen" kann man dem Tequila 4 dann aber immer noch nicht attestieren. Im Vergleich zum Chili 3, aber auch einem Gin Atlas als direktem Konkurrenten, wirkt der Tequila 4 etwas nervöser. Der geringe Bremsdruck hilft dabei, dies nicht so schnell als anstrengend zu empfinden.

Thermikeigenschaften: Der Chili 3 steht im Ruf, ein Steigwunder zu sein. Trotz der direkten Verwandtschaft erreicht der Tequila 4 in dieser Kategorie nicht ganz dessen Klasse. Vielleicht macht sich hier der beim Punkt "Kurvenflug" beschriebene leistungsmindernde Korrekturbedarf bemerkbar. Ansonsten hat der Tequila ein sehr angenehmes Thermikverhalten: Er zeigt die Bärte gut an, zieht ohne störendes Aufstellen hinein und bleibt auch beim Ausfliegen lobenswert nickstabil.
Ein Schwachpunkt des Tequilas ist dessen Gier-Tendenz. In inhomogenen Bärten "schmiert" der Schirm manchmal unverhofft ums Eck oder lässt sich abdrängen. Es fällt etwas schwerer als z.B. mit einem Gin Atlas, unter solchen Bedingungen noch ruhige, runde Thermikkreise zu ziehen. Nur ein erfahrener Pilot, der solche Hinweise auf die Luftbewegungen zu lesen und zu nutzen versteht, wird dieses sensible Verhalten des Tequila 4 zu seinem Vorteil nutzen können.
 
Beschleuniger: Der Beschleuniger des Tequila 4 weist einen überdurchschnittlich langen Weg auf, ist aber in allen Lagen angenehm zu treten. Halbgas bringt rund 6 km/h mehr, Vollgas legt nochmals 5 km/h drauf, was eine Max-Speed um 48-50 km/h ergibt. Im letzten Drittel wird die Geschwindigkeitszunahme allerdings mit einem deutlich erhöhten Sinken erkauft. Da zeigen sich dann doch spürbare Unterschiede zu einem Highend-B wie dem Chili, aber auch ein Gin Atlas macht voll beschleunigt eine im direkten Vergleich etwas bessere Figur. Um hier nicht unnötig Leistung zu verschenken, ist es gerade bei Full-Speed mit dem Tequila 4 wichtig, die kurz eingestellten Bremsen mehr als vollständig zu lösen. Wer über die C-Ebene steuern will, packt dafür am besten an den Leinenschlössern an.

Ohrenanlegen: Das Ohrenanlegen gehört nicht zu den Paradedisziplinen des Tequila 4. Die erfliegbaren Sinkwerte sind nur durchschnittlich, dafür neigen selbst die kleinen Ohren zum Schlagen -  nicht immer und nicht übermäßig, aber dennoch störend. Ein schnelles, impulsives Einholen verbessert zwar die Entlüftung der äußeren Zellen und reduziert das Flattern, doch während meiner gesamten Testphase konnte ich trotz vieler Versuche keine eindeutige Technik herausfinden, mit der man garantiert ruhige Ohren bekommt. Das Öffnen geht dafür i.d.R. selbständig und schnell, nur manchmal braucht's einen kurzen Impuls auf der Bremse.

Steilspirale: Hier zeigt sich der Tequila 4 vorbildlich und in allen Lagen gut kontrollierbar, mit klar erkennbarer, kaum verzögerter Aufrichttendenz.

Frontklapper: keine Auffälligkeiten

Seitenklapper: Ich habe nur unbeschleunigte Klapper um 50-70% gezogen. Hierbei dreht der Tequila 4 relativ schnell ab, bremst diese Drehung aber - anders als der Chili 3 - ebenso schnell wieder und überrascht den Piloten nicht mit unerwarteter Dynamik.

Nicken: Während sich der Tequila 4 im Normalflug sehr pitchstabil verhält und selten größere Eingriffe über die Bremse verlangt, offenbart die Kappe beim induzierten Nicken durchaus eine dynamische Seite. Sie lässt sich sehr leicht aufschaukeln, allerdings auch ohne übermäßigen Bremseinsatz abfangen.

Rollen: Nur mit Gewichtsverlagerung geflogen, lässt sich der Tequila nur verzögert aufschaukeln. Mit Bremseinsatz ändert sich dieser Charakter sofort. Das passt zu den Erfahrungen beim Kurvenfliegen.

So lang sind die C-Wires des Tequila 4.
Packen: Der Tequila 4 besitzt an der Eintrittskante Stäbchen, dazu noch C-Wires an fast allen Profilrippen zwischen der B- und C-Ebene (teilweise über 1 Meter lang). Es handelt sich um etwas dickere, weiche Nylondrähte (Rasentrimmerschnüre), die angeblich biegeunempfindlich sind, so dass man die Kappe auch wie einen reinen Stoffschirm falten und packen kann. Der Tequila lässt sich sogar erstaunlich gut komprimieren. Der Schirm wird mit einem Standard-Innenpacksack ausgeliefert.

Qualität: Hier wird Skywalk hohen Ansprüchen gerecht. Da gefällt nicht nur das rundum saubere Nahtbild. Die Designer punkten auch mit vielen kleinen Details: Der schon erwähnte versteifte C-Gurt beispielsweise. Oder die konsequent unterschiedliche Färbung der Leinenebenen. Am Stabilo gibt es eine Schmutzauslassöffnung mit einer eingenähten Stofflasche. Zieht man diese heraus, kann das Klettband nicht mehr schließen oder verschmutzen. In dieser Stellung könnte sogar an der Düne geflogen werden, und der Sand rieselt stetig wieder heraus.
Zu kritisieren bleibt nur wenig: Die Leinen sind etwas scharfkantig abgelängt. Und die Stabilo-Leine hat keine ganz eindeutige Farbe, sondern ist genauso orange wie die Bremsleinen.

Fazit: Dass Skywalk den Tequila 4 als den "Intermediate Klassiker" vermarktet, ist berechtigt. Der Schirm erfüllt alle Erwartungen, die man heute an einen Mid-B-Schirm stellen kann und zeigt nur wenige Schwächen wie die tendenziell schlagenden Ohren. Zum Ausgleich ist dafür das Startverhalten vorbildlich.
Der Slogan "Hochleister seiner Klasse" ist allerdings etwas irreführend. Da der Flügel in Thermiken schnell ein etwas sensibleres Pilotenhändchen verlangt, um konsequent auf Spur zu bleiben, wird es den erfahreneren Piloten vorbehalten bleiben, damit auch echte Hochleistungen zu erfliegen. Das direkte Handling hingegen wird auch dem Hausbergkurbler und Mittelgebirgskantensoarer ohne große Streckenambitionen viel Spaß bereiten. Ein echter Allrounder.

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