Seit Monaten können sowohl die DHV-Musterprüfstelle als auch die Prüfstelle Air Turquoise keine neuen Schirme mehr gemäß den deutschen Lufttüchtigkeitsforderungen zulassen. Der Grund: Seit Anfang des Jahres müssten sie dafür eine Akkreditierung als Prüflabor bei der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) besitzen. Doch bis dato ist ihre Akkreditierung immer noch nicht formell abgeschlossen. So kommt es, dass einige Schirme, die bereits laut EN-Norm getestet wurden, in Deutschland mangels LTF-Zulassung nicht geflogen werden dürfen.

Noch im März erweckte der DHV den Eindruck, die DAkkS-Akkreditierung wahrscheinlich im Mai in der Tasche zu haben. Doch daraus wurde bis heute nichts. Warum das so ist, das hat lu-glidz bei Hannes Weininger, dem Leiter der DHV-Musterprüfstelle, nachgefragt:


Die DAkkS-Akkreditierung des DHV lässt noch immer auf sich warten. Woher kommt diese Verzögerung?
Weininger: Der DHV hat die Akkreditierung Ende August 2013 beantragt. Der frühest mögliche Termin, der von der DAkkS für eine Begutachtung angeboten wurde, war im März 2014. Dabei wurden wenige Abweichungen festgestellt, die aber dennoch mit hohem Arbeitsaufwand verbunden waren. 

Was war das größte technisch zu lösende Problem?
Weininger: Die DAkkS hat alle unsere Prüfverfahren und deren Abläufe als geeignet eingestuft hat. Das ist erfreulich, denn damit waren keine Anlagenbauten oder Änderungen notwendig. Selbst der äußerst komplexe Bereich der Flugmechanikmessung wurde im Bericht der DAkks als "geeignet, gut und geschickt" mit einer "ungewöhnlich ausführlichen Programmbeschreibung" bewertet. Die neuen und großen Herausforderungen waren für uns die formale Validierung der Prüfungen, unter anderem die Berechnung der Messunsicherheiten und die Darstellung des Messunsicherheitsbudgets*) bei den Prüfergebnissen.

Beim DHV geht es ja nicht nur um die Akkreditierung des Bereichs Gleitschirm-, sondern auch Drachentechnik. In welchem Bereich liegen denn die größeren Probleme?
Weininger: Bei einer Erstakkreditierung kann man nicht zwischen den einzelnen Bereichen Gleitschirm, Hängegleiter, Schleppgerät differenzieren. Die Sachfragen sind in allen Bereichen ähnlich abzuarbeiten.

Rückblickend betrachtet, inwieweit hat der DHV den Aufwand der Akkreditierung unterschätzt?
Weininger: Wir haben nicht nur den eigenen Arbeitsaufwand und die Komplexität der technischen Anforderungen unterschätzt, sondern vor allem auch den Zeitbedarf und den Zeitrahmen der Akkreditierungsstelle bei der Bearbeitung der umfangreichen Akkreditierung.

Die EAPR als Konkurrent war mit der Zulassung deutlich schneller. Was haben die anders gemacht?
Weininger: Die EAPR hat bereits wesentlich früher als der DHV und andere Prüfstellen eine Akkreditierung beantragt. Die EAPR hatte zu diesem Zeitpunkt eine völlig andere Ausgangslage als alle anderen Prüfstellen. Ihr war bereits lange vor deren Ablauf ihre LBA-Anerkennung entzogen worden. Die EAPR hat deshalb keine Prüfungen mehr durchführen dürfen.


Soweit das Interview. Was neue Terminaussichten für eine erfolgreiche Akkreditierung betrifft, da hält sich der DHV mittlerweile lieber bedeckt - wohl auch aus der Erfahrung heraus, dass es schwer fällt, die Abläufe und den Zeitbedarf der DAkkS-Messexperten korrekt einzuschätzen. Jüngst, so ist zu hören, sei aber wieder Bewegung in die Sache gekommen.

 *) Wer sich noch fragt, was ein Messunsicherheitsbudget ist, hier eine kurze Erklärung: Es geht darum, wie man Kunden gegenüber die genauen Toleranzen einer Messung angeben kann. Kommen bei einer Messapparatur beispielsweise mehrere Messfühler zum Einsatz, muss für jeden einzelnen die erreichbare Toleranz bestimmt werden, um darauf aufbauend wiederum die Genauigkeit und Verlässlichkeit einer Messung insgesamt abschätzen zu können. Ein Messunsicherheitsbudget stellt sämtliche Faktoren dar, die ein Messergebnis beeinflussen können - und auch wie sie das tun.
Den DAkkS-Experten war offenbar die Darstellung der Messunsicherheitsbudgets durch die DHV-Musterprüfstelle anfangs nicht genau genug. All die nötigen Details auf- und einzuarbeiten, nachzureichen und von Seiten der DAkkS erneut zu prüfen, braucht dann wiederum seine Zeit.