Paul Guschlbauer kurz vor dem Turnpoint Matterhorn.
// Foto: Sebastian Marko/Red Bull Content Pool
Spätestens am morgigen Dienstag sollte der Sieger der diesjährigen Redbull X-Alps feststehen. Und alles spricht derzeit dafür, dass zum vierten Mal hintereinander Chrigel Maurer als Erster auf dem Floß vor Monaco landen wird. Wieder einmal hat sich Schweizer Flugkunst, Planungspräzision, aber auch Chuzpe durchgesetzt.

Einer der im Rückblick vorentscheidenden Momente des Rennens ereignete sich am Ende von Tag 3. Sebastian Huber und Chrigel Maurer lagen nach einem beeindruckenden Race durch das Ötztal und über den Alpenhauptkamm gleichauf. Sie starteten zum letzten Abgleiter des Tages vom gleichen Startplatz am Kleinen Kornigl etwas südwestlich von Meran. Während Huber nach 3 km im engen Tal einlandete und sich in Proveis eine Nachtstatt suchte, flog Maurer in Kampflinie und Baumwipfelhöhe noch knapp 8 km weiter das Tal hinaus, wanderte dann noch 6 km und hatte damit einen kleinen Vorsprung, den er fortan nicht mehr hergab. Mittlerweile (Montag mittag) ist er nahezu uneinholbar knapp 50 Kilometer Luftlinie vor Monaco und mehr als 100 Kilometer vor seinen nächsten Verfolgern. Paul Guschlbauer und Sebastian Huber werden wohl die Plätze zwei und drei unter sich ausmachen.

Die nächsten Piloten sind noch einmal rund 100 Kilometer abgeschlagen (s. Livetracking). Und wie bei ihnen die Platzierungen am Ende aussehen werden, ist nicht absehbar. Gerade im Mittelfeld ereigneten sich bei dieser X-Alps die spannendsten Positionswechsel. Einmal mehr zeigte sich, wie man mit frechen Flügen und Flugrouten viele Plätze gut machen kann. Einer der hier besonders hervorstach, ist der US-Amerikaner Gavin McClurg. Er wählte auf dem Weg zum Turnpoint 5 an der Brenta einen überraschenden Umweg über das Vinschgau, was ihn viel Zeit kostete und auf Platz 21 zurück warf. Doch ein genialer Flug von Bellinzona quer über das Tessin zum Matterhorn und weiter direkt über die eisbedeckten Gipfel bis kurz vor den Mt Blanc katapultierte ihn in die Top Ten.

Sebastian Huber stallt sich zur Toplandung in Annecy. Seine Knöchel
blieben heil. // Foto: Sebastian Marko/Red Bull Content Pool
So überragend solche Leistungen, so riskant sind auch viele der Flugbestrebungen bei den X-Alps unter teils heiklen Wind- und Wetterbedingungen: Der Schweizer Michael Witschi musste die Rettung werfen und wurde in einen See abgetrieben, konnte aber sicher ans Ufer schwimmen. Toma Coconea brach sich bei einer harten Landung den Ellbogen und schlug sich einen Zahn aus. Tom de Dorlodot verletzte sich bei einem Startversuch am Fuß und musste ebenfalls mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden. Pascal Purin gab nach einer harten Landung das Rennen auf. Er hatte zuvor schon beim Laufen starke Schmerzen im Fuß.

Viele Details gäbe es zu erzählen, denn jeder der Piloten hat viel abenteuerliches erlebt. Zumal es auch noch Nebenkriegsschauplätze gab. Etwa die Nickeligkeiten Chrigel Maurers gegenüber Redbull. Erst hatte er aus Ärger über eine verhängte Zeitstrafe in einem Video gesagt, Cola schmecke besser als Redbull, und dabei eine Cola-Flasche ins Bild gehalten. Dieses Video wurde von der X-Alps-Homepage entfernt, und es dürfte einige Diskussionen im Hintergrund gegeben haben. Auf jeden Fall schrieb Maurer wenig später im Tagebuch (das die Piloten auch verpflichtend füllen müssen): "Jetzt sagen wir einfach mal nichts". Ein weiterer Post von ihm trug den doppeldeutigen Titel: "Gibt es einen größeren Risikofaktor bei den X-Alps, als das Thema der koffeinhaltigen Getränke?" Schließlich startete er in einem Video den gequälten Versuch der Wiedergutmachung. Vor seinem Start am Gotthart-Pass hielt er kurz einmal eine Dose ins Bild und sagte: "Ich hoffe mit Redbull wird es möglich sein, weit zu fliegen". Von der Dose ist allerdings kein Logo zu sehen, sondern nur unscharf das Kleingedruckte der Rückseite. Ob Absicht oder nicht, diese Szene sagt viel aus über die Vertragszwänge, in denen die Piloten eines solchen Rennens auch noch stecken.