Der Gleitschirmhersteller Swing hat auf seiner Homepage eine Stellungnahme zum DHV-Safety-Test des EN-B-Schirms Sensis veröffentlicht. Der Sensis hatte vom DHV die niedrigste Safety-Class-Note 5 erhalten (s. Testbericht) - wegen teils heftiger Reaktionen auf große Klapper und einer im Test beobachteten Tendenz zur stabilen Steilspirale. Swing wehrt sich gegen diese Einstufung und führt Argumente an, warum der Safety-Test ein verzerrtes Bild des Sicherheitsniveaus des Sensis liefert. Die Kritik führt allerdings auch weit über die Benotung des einzelnen Schirmmodells hinaus.

Auf den Senis bezogen kritisiert Swing unter anderem, dass der DHV-Testpilot die Manöver mit Wasserbalast geflogen hätte, was das Hängenbleiben in der Spirale erklären könnte. Zudem würde das stabile Shark-Nose-Profil des Sensis dazu führen, dass vehement von Hand "gezogene" Klapper eine viel steilere Knicklinie hätten, als es im Flugalltag vorkommt. "Berichte aus der Praxis über ein solches Klappverhalten des Sensis liegen uns bis zum heutigen Tage nicht vor", so Swing. "Wir halten den SENSIS nach wie vor für einen sicher zu beherrschenden mid-level EN-B Schirm und berufen uns dabei auf unsere eigene Erprobung, die Flugtests im Rahmen der Musterprüfung und – wichtiger als alles andere – auf die Berichte von hunderten Piloten, Fluglehrern und Sicherheitstrainern aus über einem Jahr Praxiserfahrung."

Dass sich Swing überhaupt zu einer solchen Stellungnahme genötigt sieht, zeigt, welch großen Einfluss die Safety-Tests des DHV mittlerweile gewonnen haben. Vor allem bei Schirmmodellen aus dem A- bis mid-B-Sektor führt eine Einstufung in eine tiefe Safety-Class (4 oder 5) nicht nur zu verstärkten Nachfragen verunsicherter Piloten bei den Herstellern, sondern auch zu spürbaren Verkaufsrückgängen bei den betroffenen Modellen. Neben Swing klagen auch andere Hersteller bzw. Importeure über solche Effekte, wenn auch bisher nicht so öffentlich.

Den Herstellern stoßen vor allem zwei Dinge an den Safety-Tests des DHV sauer auf: Zum einen ist das Testverfahren für sie nicht transparent und ausreichend normiert genug. So können sie die Safety-Tests nicht selbst nachfliegen und nachvollziehen, um daraus Lehren für die eigene Entwicklung zu ziehen. Zum anderen testet der DHV bei den Safety-Tests Schirmmodelle, die sich in der Regel schon Monate auf dem Markt befinden. Eine derart nachträgliche und eben nicht absehbare schlechte Note des DHV kann ganze Produktions- und Verkaufspläne obsolet werden lassen. Das passiert, wenn kaufwilligen Piloten Schirme, die sie zuvor als sehr interessant einstuften, mit einem Mal aufgrund einer Safety-Class-Note als zu gefährlich erscheinen und sie lieber die Finger davon lassen.

Swing-Konstrukteur Michael Nesler schreibt dazu in einem Kommentar im Gleitschirmdrachenforum: "Im Nachhinein angebliche Risiken bei einem Modell aufzudecken, schützt nicht die Piloten, sondern dient lediglich dazu, das Image des DHV aufzubessern und Hersteller samt Verkäufer zu schädigen. Die korrekte Vorgehensweise wäre, all diese Test schon während der Zulassung zu machen. Somit wären die Piloten wirklich vor »gefährlichen« Schirmen und »bösen« Herstellern geschützt."

Wenn dies so käme, hätte der DHV im Grunde eine Art Testmonopol wie beim einstigen DHV-Gütesiegel zurück, zumindest für die Klassen A und B. Ob eine solche Entwicklung tatsächlich im Sinne der Hersteller wäre, ist fraglich.

Nachtrag (19.10.): Nach Angaben von Karl Slezak im Gleitschirmdrachenforum wurde der Safety-Test des Sensis nicht mit Wasserballast geflogen. Näheres über die Art und Weise, wie die Safety-Tests erfolgen, ist in einem pdf-Dokument auf der DHV-Homepage beschrieben.