Im 11. Teil der lockeren Serie zu den leistungsfördernden Konstruktionsmerkmalen moderner Gleitschirme geht es um den umgekehrten Beschleuniger. "Speedbrake" nennt Nova ein Zusatzband am Tragegurt, das eine C-Steuerung ohne störende Leistungseinbußen ermöglichen soll.

Novas Speedbrake: Ein Gurtband mit Durchläufer verbindet
C- und B-Ebene. Es ermöglicht die C-Steuerung ohne störende
Profildeformationen. //Quelle: Nova
Wettkampf-Gleitschirme mit nur zwei Leinenebenen (A+B) bieten den immensen Vorteil, dass man den Anstellwinkel des Profils im beschleunigten Zustand einfach durch Zug an der B-Ebene kontrollieren kann. Zieht man den B-Gurt herab, bremst der Schirm etwas ab, ohne dass die Bremse betätigt werden muss. Da das Profil dabei nicht "verbogen", sondern nur etwas gekippt wird, vernichtet diese Form der Nickkontrolle wenig Leistung.

In den vergangenen Jahren haben auch viele Sportklasse-Piloten, die mit klassischen Dreileinern (A+B+C) unterwegs sind, damit begonnen, diese Steuertechnik einzusetzen. Allerdings ziehen sie an der C-Ebene, um bei ihrem beschleunigten Schirm in Turbulenzen Nickbewegungen zu dämpfen. Anders als bei den Zweileinern führt diese Praxis bei Dreileinern dazu, dass das Profil hinter der B-Ebene einen Knick bekommt. Aerodynamisch gesehen steht der Schirm dann nicht mehr sauber in der Strömung. Zwar kann diese Technik helfen, einen Schirm auch im beschleunigten Zustand in Turbulenzen länger stabil zu halten, aber wer ständig an der C-Ebene zieht, wird durch die laufende Profilveränderung die Gleitleistung des Schirmes deutlich reduzieren.

Nova hat jetzt, basierend auf einer Idee des Nova-Teampiloten Robert Schaller, einen neuen Tragegurt entwickelt, der eine C-Steuerung weitgehend ohne störende Leistungseinbußen erlaubt. Der Trick besteht darin, beim Ziehen an der C-Ebene automatisch auch die B-Ebene ein klein wenig zu verkürzen. Der Knick im Profil und die Falten im Segel, die durch das Herabziehen der C-Leinen normalerweise entstünden, werden auf diese Weise gleich wieder glatt gezogen. "Speedbrake" nennt Nova das System. Es ermöglicht erstmals auch bei Dreileinern eine ähnlich saubere Anstellwinkelkontrolle wie mit Zweileinern.

Zug auf die C-Ebene überträgt die Speedbrake auch
auf die B-Ebene. Der Anstellwinkel wird erhöht,
weitgehend ohne das Profil zu verformen.
// Quelle: Nova Video
Die Speedbrake ist einfach aufgebaut. Sie besteht aus einer etwas längeren Gurtbandschlaufe, die oben wie unten am C-Tragegurt befestigt ist. Zusätzlich läuft diese Schlaufe durch einen oben am B-Gurt sitzenden Durchläufer. Zieht der Pilot den C-Gurt nach hinten unten, wird diese Bewegung über das Band auch auf die B-Ebene übertragen, und zwar im Verhältnis 2:1. Das heißt: Wenn der C-Gurt um zwei Zentimeter gesenkt wird, geht der B-Gurt einen Zentimeter mit. Von der Geometrie her ist das ähnlich wie bei einem Beschleuniger - nur halt umgekehrt, auf den hinteren Leinenebenen. Man könnte die Speedbrake auch Entschleuniger nennen.

Im Normalflug steht die Speedbrake nicht unter Spannung. Der Pilot muss das Band erst durch eine besondere Grifftechnik etwas verkürzen, damit der Zug an der C-Ebene auch auf die B-Ebene wirkt. Eingesetzt werden kann die Speedbrake übrigens nicht nur im Schnellflug, sondern auch bei Trimmgeschwindigkeit. Hier lässt sich das System sogar für weite, effiziente Thermikkreise nutzen.

Nova hat ein Video über die Speedbrake gedreht, in dem die Funktionsweise näher erläutert wird:



Nova bietet das Speedbrake-System aktuell in Form von Nachrüsttragegurten für die Schirmmodelle Mentor 4 und Triton 2 an - zum stolzen Preis von 210 Euro. Patentrechtlich ist die Idee nicht geschützt. Es ist anzunehmen, dass andere Hersteller mit ähnlichen Lösungen folgen werden.

Alle früher erschienenen Teile der Serie Leistungsdrang sind unter Best of lu-glidz zu finden.

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