Seit einigen Monaten bieten Wetterdienste erstmals Meteo-Modelle mit nur einem Kilometer Maschenweite. Bringt das Vorteile für die Flugmeteorologie? Teil 1 einer kleinen Serie. 
Je feiner ein Wettermodell rechnet, desto besser wird der Wettereinfluss von Bergen und Tälern
darin deutlich. // Quelle: Kachelmannwetter.com 

Vor knapp zwei Jahren brachte der bekannte Schweizer Meteorologe Jörg Kachelmann eine neue Meteo-Seite im Internet an den Start. Auf Kachelmannwetter.com versprach er Wetterprognosen in zuvor nicht frei im Internet verfügbarer Qualität. Von Anfang an glänzte die Seite mit zeitlich und räumlich besonders hoch aufgelösten Regenradar- und Satellitenbildern. Doch der eigentliche Clou folgte dann vor einigen Monaten.

Kachelmannwetter führte für Mitteleuropa ein neues Wettermodell namens Super-HD ein. Dessen Besonderheit ist die extrem hohe Auflösung. Denn das räumliche Rechenraster beträgt 1x1 Kilometer, was etwa vier bis sieben Mal feiner ist als die bislang üblichen regionalen Meteomodelle. Etwa zur gleichen Zeit startete auch der Wetterdienst Meteo-Schweiz ein eigenes "Einser-Modell" namens Cosmo-1. Dessen Daten sind bisher allerdings nicht so frei im Internet verfügbar.

Höhere Auflösung erlaubt ein besseres Abbild der Geländeform, also von Bergen und Tälern im Modell, und ergibt deshalb genauere Prognosen. So sollte man zumindest erwarten. Doch aus Sicht der Flugmeteorologie muss das nicht zwangsläufig so sein! In einer kurzen Serie über die Einser-Modelle zeigt Lu-Glidz, warum manche Hoffnungen nicht unbedingt erfüllt werden (geplanter Teil 2 der Serie), aber auch, in welchen Punkten die neuen Angebote dennoch sehr nützlich sind (Teil 3).

Da sich die meisten Aussagen und Beispiele dieser Serie auf das Modell Super-HD beziehen, kommt in diesem Teil 1 erst einmal Jörg Kachelmann selbst zu Wort. Er beantwortet im Interview ein paar Fragen zu seinem neuen Meteo-Modell:


Jörg Kachelmann ist Geschäftsführer der
Kachelmannwetter GmbH.
// Quelle: Twitter, Kachelmann
Aus welchem globalen Wettermodell beziehen die Kachelmann-Meteomodelle HD mit 7 km und Super-HD mit 1 km Auflösung denn ihre Start- und Randbedingungen?
Jörg Kachelmann: Das HD-Modell entspricht dem Lokalmodell des Deutschen Wetterdienstes namens ICON-EU, welches in das Globalmodell ICON genestet ist. Unser eigenes Super-HD wird seinerseits vom ICON-EU angetrieben.

Auch Meteo Schweiz betreibt seit einigen Monaten ein eigenes Modell mit einem 1-km-Raster namens Cosmo-1. Worin liegen die Unterschiede zum Super-HD-Modell von Kachelmannwetter?
Kachelmann: Cosmo-1 und Super-HD verwenden zwar weitgehend ähnliche mathematische Gleichungen zur Beschreibung der atmosphärischen Prozesse. Aber es sind eigenständige Modelle, die unterschiedliche numerische Verfahren zur Lösung der Differentialgleichungen anwenden. Darüberhinaus verbleiben selbst auf einem 1-km-Modellgitter noch viele atmosphärische Prozesse unaufgelöst. Dazu gehören zum Beispiel kleinräumige Turbulenz, Strahlung und die Wolken- und Niederschlagsbildung. Diese sogenannten subskaligen Effekte verändern die großräumige Strömung und müssen in sogenannten Parametrisierungen physikalisch-empirisch berücksichtigt werden. Bei dieser Parametrisierung liegt traditionell der größte Unterschied zwischen Modellen vergleichbarer Gitterweite. Ein weiterer Unterschied ist der in der ersten Frage angesprochene Antrieb durch das Global- beziehungsweise Lokalmodell. (Anm.: Anders als Kachelmanns Super-HD, das auf der ICON-Modellkette basiert, bezieht Cosmo-1 seine Eingangsdaten aus dem europäischen Globalmodell ECMWF).

Meteomodelle mit höherer Auflösung tendieren dazu, bei manchen Wetterlagen schneller durch die Summe kleiner Fehler aus dem Ruder zu laufen als gröbere Modelle. Ab welchem Prognosezeitraum in die Zukunft wird denn die Qualität der Prognosen des Super-HD-Modells schlechter als die des HD-Modells?
Kachelmann: Hier kann man noch keine konkrete Aussage treffen, da wir noch keine Statistik über alle vier Jahreszeiten angesammelt haben. Erfahrungsgemäß gibt es keine klare Abgrenzung, ab welcher Vorhersagestunde welches Modell besser oder schlechter ist, zumindest nicht in den ersten 72 Stunden. Die potenziell höhere Qualität der 1-km-Prognosen zeigt sich vor allem bei kleinräumigen Ereignissen im Gebirge wie Föhn, Stauniederschlag, Talwinde, Hangwinde und Kaltluftseen. Vorteile gibt es auch bei der Prognose von Nebel, Kaltfronten und Schauer- und Gewitterlagen. Die Vor- und Nachteile eines höher aufgelösten Modells sind daher am ehesten wetterlagenabhängig und zeigen sich in der deutlichen größeren Qualität bei der Vorhersage für Solar- und Windparks, weil eben auch lokale Unterschiede korrekt erfasst und vorhergesagt werden.

Ein zentrales Thema für die Qualität der Super-HD-Vorhersagen ist die Datenassimilation, das heißt, die Übertragung von real gemessenen Daten in das Modell. Woher beziehen Sie die erforderlichen feinen Grunddaten zur Initialisierung der Modelläufe?
Kachelmann: Wir verwenden DWD-Analysen, die bereits einen Assimilationszyklus durchlaufen haben. Unsere hauseigene Datenassimilation in das SuperHD-Modell ist gerade in der Entwicklungsphase.

Für Flugwetterprognosen sind nicht nur der Bodenwind, sondern auch Höhenwinde auf Druckflächen wie 925, 850 oder 700 hPa interessant, was rund 800, 1500 und 3000 Meter Höhe entspricht. Diese sind bisher auf der Seite nicht zu finden. Wird Kachelmannwetter.com in Zukunft auch Grafiken zu solchen Parametern anbieten?
Kachelmann: Wir haben alle Rohdaten zur Verfügung und können theoretisch alle erdenklichen Parameter neben den erwähnten Standarddruckflächen auch auf weiteren Höhen anbieten. Diese werden dann aber voraussichtlich kundenspezifisch ausgeliefert, indem wir Interessenten an Spezialparametern direkt bedienen.