Der Swing Arcus RS ist ein Low-B-Schirm, der durch das RAST-System ein für diese Klasse außergewöhnliches Handling besitzt - wenn man seinen Flugstil daran anpasst. 
Der Arcus RS ist ein sehr angenehmer Starter. // Foto: H. Schlegel
Die im folgenden beschriebenen Eindrücke zum Arcus RS von Swing habe ich in zehn Flug- und Groundhandlingstunden unter unterschiedlichen, teils recht turbulenten Bedingungen rund um die Eifel gewonnen. Geflogen bin ich den Arcus RS in der Größe S (75-95 kg) mit rund 92 kg Startgewicht. Das Gurtzeug war ein Karpofly Extra Light (Liegegurtzeug). Der Schirm wurde mir für den Test freundlicherweise von Swing zur Verfügung gestellt.

Einen neuen Gleitschirm zu testen, ist für mich immer spannend. Beim Arcus RS war diese Spannung besonders groß. Denn der Schirm unterscheidet sich von anderen Konkurrenz-Modellen durch eine ganz besondere Bauweise. Zwischen B- und C-Ebene ist über die gesamte Spannweite eine Art Schottwand quer durch die Zellen eingebaut. Sie beeinflusst die Flug- und Steuercharakteristik des Schirmes in einer Weise, die etwas erklärungsbedürftig ist – weshalb ich hier, vor dem eigentlichen Testbericht nach üblichem Lu-Glidz-Schema, etwas weiter aushole.

Das RAST-Logo prangt in der Schirmmitte des
Arcus RS. // Foto: Lu-Glidz
Die Ideen hinter dem vom Konstrukteur Michael Nesler entwickelten System namens RAST (Ram Air Section Technology) hatte ich auf Lu-Glidz schon mehrfach beschrieben (s. die Posts Leistungsdrang: Schottwände sowie Swing präsentiert RAST 2.0, deren Lektüre ich nochmals empfehle, um das Folgende noch besser einordnen zu können). Nach der Theorie sollte ich jetzt also praktisch überprüfen können, ob sich durch die "Wand" tatsächlich ein spürbar anderes Verhalten des Schirmes in der Luft ergibt, und ob ich das als störend oder als Gewinn empfinden würde. Unterm Strich, soviel sei hier schon verraten, überwiegt bei weitem der Gewinn – wobei man seinen Flugstil in manchen Punkten etwas anpassen muss, um die Vorteile voll auszunutzen.

Der Arcus RS ist der erste "normale" Schirm von Swing, der mit RAST 2.0 ausgestattet ist. Die Schottwand ist dabei so aufgebaut, dass sie wie ein Rückschlagventil wirkt. Die Luft kann in den hinteren Flügelteil weitgehend ungehindert einströmen. Doch wenn der Pilot impulsiv an den Bremsen zieht, sorgt der dadurch ausgelöste Luftschub im Schirm dafür, dass sich die "Wand" nahezu komplett schließt, indem sich Stoffklappen an Unter- und Obersegel anlegen. Die Luft bleibt dann im hinteren Schirmteil gefangen und steift ihn dadurch aus.

Ein Bilderbuch-Frontklapper des Arcus RS. Die Front klappt bis
zur Wand nach unten, der Hinterflügel bleibt gefüllt stehen.
// Quelle: Swing
Sicherheitsplus?
Diese Wirkung von RAST wird von Swing vor allem als Sicherheitsplus vermarktet. Die Wand wirkt für Klapper wie eine Art Wellenbrecher. Während der Vorderflügel nachgibt und klappt, bleibt der Hinterflügel stehen – was sich mit eindrucksvollen Bildern illustrieren lässt (s. rechts). Die Klapper sollen dadurch harmloser ausfallen und sich vor allem auch schneller und mit geringerem Höhenverlust öffnen. Wie viel davon stimmt und in der Praxis immer so abläuft, lässt sich schwer einschätzen. Ich hatte während meiner Testflüge selbst in deutlich turbulenter Luft keinen einzigen Klapper, der mir die Wirkung des Systems vor Augen geführt hätte.

Ein echter Sicherheitsgewinn durch RAST, wie ihn Swing verspricht, wird sich erst allgemein belegen lassen, wenn viele Piloten mit solchen Schirmen unterwegs sind und gesammelt entsprechend positive Erfahrungen machen. Auch ein ausstehender Safety-Class-Test des DHV wird hier meiner Einschätzung nach wenig Aufklärung bringen, da die Safety-Class-Testprozedur große Klapper verlangt, die zwangsläufig über den Widerstand der "Wand" hinweg gezogen werden müssen. RAST ist dann nicht mehr wirksam. Wie häufig die Schottwand als Klapperbremse in der Praxis derart versagen würde, lässt sich anhand von gewaltsam gezogenen Klappern aber nicht beurteilen!

Umso interessanter sind für mich im Test jene Aspekte und Auswirkungen des RAST-Systems, die schon den Normalflug ohne Klapper prägen. Denn auch hier macht sich die Bauweise bemerkbar! Die Versteifung des Hinterflügels durch die im Schirm "gefangene" Luft wirkt sich spürbar darauf aus, wie der Schirm auf Turbulenzen und Steuerinputs reagiert. Der Unterschied zu einem Gleitschirm ohne RAST tritt dabei umso stärker zu Tage, je turbulenter die Luftmassen sind, die man durchfliegt.

Während klassische Gleitschirme, vor allem der unteren Klassen, in Turbulenzen zwangsläufig in sich arbeiten, sich ständig leicht deformieren und dann einen Teil ihrer aerodynamischen Kräfte darauf verwenden, erst einmal das Profil immer wieder in Form zu ziehen, fällt das bei einem RAST-Flügel meinem Erleben nach deutlich gemäßigter aus. Durch die Schottwand bleibt der Innendruck länger erhalten, wodurch das Profil seltener außer Form gerät. Als Pilot erlebt man den Flug durch Turbulenzen damit zwar immer noch bewegt, aber deutlich weniger holperig.

Die "Wand" einer Zelle einmal nach außen gekehrt.
Die blau schimmernde Linie im Schirm zeigt
die Lage der eingenähten RAST-Ventile.
RAST beeinflusst die Steuerung
Bei der Steuerung macht sich ein weiterer Effekt von RAST bemerkbar, den ich mir so erkläre: Beim klassischen Schirm bewirkt der Bremszug, dass vor allem die hintere Flügelkante wie eine kleine Klappe nach unten gezogen wird und sich dann "bremsend" in die Strömung stellt. Die dabei geformte, zusätzliche Profilwölbung erhöht vorübergehend den Auftrieb, bis der Geschwindigkeitsverlust das wieder ausgleicht und die Kappe dann (bei einseitiger Bremswirkung) leicht verzögert zu gieren beginnt. Ein schneller, tiefer Bremszug (zum Beispiel für einen schnellen Richtungswechsel) führt dazu, dass Luft aus dem Hinterflügel gepresst wird. Damit werden freilich auch Teile des Profils vorübergehend so gestört, dass sie kaum noch tragen. Eine solche Kurveneinleitung geht deshalb bei vielen Modellen mit einem deutlichen Abtauchen einher, die Schirme "graben".

Mit RAST im Schirm zeigt sich ein anderes Verhalten: Statt einer kleinen "Bremsklappe" zieht man hier einen viel größeren Anteil des Flügels mit der Bremse nach unten. Im Grunde ist es fast der gesamte Hinterflügel, der an der Schottwand wie an einem Scharnier abkippt. Es reicht schon erstaunlich wenig Zugweg, um aerodynamisch steuernd wirksam zu sein. Die Wölbung des Profils wird dabei nur geringfügig erhöht, wodurch die übliche zusätzliche Auftriebskomponente weitgehend ausbleibt. Der Schirm reagiert dadurch sehr willig und fast ohne Verzögerung auf die Steuerbefehle des Piloten. Ein tiefes, impulsives Anbremsen entleert dank RAST auch nicht den Hinterflügel, sondern stellt bildlich gesprochen nur eine große, stabile Klappe in den Wind. So kann man den Schirm schnell auf neue Bahnen zwingen, ohne zwangsläufig gleich einen Durchsacker fürchten zu müssen.

Solche Vorteile des RAST-Systems kommen allerdings nur zum Tragen, wenn der Pilot seinen Flugstil daran anpasst! Es gilt, den Schirm so viel wie möglich mit offenen Bremsen fliegen zu lassen und nur mit kurzen Brems-Impulsen einzugreifen. Dann ist die temporäre Versteifung des Hinterflügels am stärksten und wirksamsten. Je länger man die Bremse tiefer gezogen hält, desto mehr Luft entweicht aus dem Hinterflügel, der ja schließlich nicht völlig dicht ist. RAST verliert dann an Effizienz und der Arcus RS verhält sich wie jeder andere Flügel.

Bei anhaltendem Kurvenflug, zum Beispiel in der Thermik, ist es deshalb ratsam, die Bremsen zwischenzeitlich immer wieder kurz freizugeben und dann nur leicht nachzuziehen, um den Innendruck frisch aufzubauen. Anfangs ist das ungewohnt, doch wer das konsequent praktiziert, wird den RAST-Flügel als deutlich reaktiver erleben. Wer hingegen "old-school" immer mehr oder weniger angebremst durch die Lüfte cruist, verschenkt diesen Vorteil des RAST. Übrigens: Je länger ich mit dem Arcus RS flog, desto mehr bekam ich ein Gefühl dafür, wann ich den Flügel "nachpumpen" sollte. Am Ende machte ich das ganz automatisch und intuitiv.


Das RS im Namen kennzeichnet das RAST-System
im Schirm. // Foto: Lu-Glidz
Nach dieser langen, allgemeinen Vorrede zum RAST-System (dessen Verständnis wichtig ist, um den nachfolgenden Test besser einschätzen zu können), komme ich nun endlich zur eigentlichen Beschreibung des Arcus RS.

Der Schirm ist, der Arcus-Tradition gemäß, als Low-B konzipiert. 42 Zellen; eine moderate Streckung von 5,25; ein übersichtliches Leinenkonzept (größtenteils ummantelt); keine Sharknose; weiche, relativ kurze Stäbchen. Nähtechnisch ist der Schirm recht aufwendig konstruiert – nicht nur wegen der Querwand in den Zellen. Neben einem 3D-Shaping an Ober- und Untersegel weist der Arcus RS auch im Hinterflügel noch eine zusätzliche Quernaht auf. Diese Bauweise ermöglicht es, die Miniribs mit einer innenliegenden Naht einzusetzen und dabei laut Swing auch das Ballooning der Abströmkante zu optimieren.

Gewichtsmäßig hat der Arcus RS gegenüber den Vorgängern deutlich abgespeckt. In der Größe S wiegt er nur noch 4,6 Kilogramm (statt zuvor noch 6 kg beim Arcus 7). Das ist zum einen der fast durchgängigen Verwendung eines etwas dünneren Tuches mit der Bezeichnung Techtex 2020 zu verdanken, das von Dominico stammt und weitgehend einem Dokdo 20 entspricht. Zum anderen kommt der Arcus RS, und das ist bemerkenswert, mit deutlich weniger Flügelfläche daher. Bei der S- und M-Größe liegt der Unterschied zum Vorgänger bei knapp drei bzw. zwei Quadratmeter.

Übrigens wird es in Kürze den Arcus RS auch in einer Leicht-Version geben, die nochmals knapp ein Kilo weniger auf die Waage bringt.

Ich war sehr gespannt, wie sich der Arcus RS in Größe S mit nur 20,7 m² projizierter Fläche in schwacher Flachlandthermik schlagen würde. Die Auflösung dazu folgt weiter unten im Text.


Beim Start füllt die Kappe im vorderen Drittel (vor der Wand) sogleich,
der Hinterflügel etwas verzögert. Der Schirm steigt sehr konstant.
Vor der der Hinterkante ist die zusätzliche Naht eines 3D-Shapings
zu sehen. // Foto: H. Schlegel
Starten: Die Startvorbereitungen des Arcus RS gehen schnell von der Hand. Die bis auf die Galerie voll ummantelten und farbcodierten Leinen fallen gut auseinander. Die Tragegurte sind schmal, aber aus einem recht steifen Gurtband gefertigt, das nicht zum Verdrehen neigt. Die Bremsgriffe werden von starken Magneten am Platz gehalten, die allerdings gelegentlich die beiden C-Gurte störend aneinander "kleben" lassen.
Das Aufziehen des Arcus RS ist einfach, wobei sich auch hier ein paar Besonderheiten des RAST-Systems zeigen. So füllt die Kappe anfangs nur den Bereich vor der Schottwand, bevor auch der Hinterflügel sichtbar in Form kommt. Den eigentlichen Startvorgang stört das keineswegs. Die Kappe steigt von Anfang an sauber, gleichmäßig und spurtreu in den Zenith, wo sie dann auch ohne Bremseinsatz zum Stehen kommt. Die spätere Füllung des Hinterflügels soll laut Beschreibung auf der Swing-Homepage bewirken, dass das Profil anfangs einen ausgeprägten S-Schlag besitzt, der die Kappe automatisch in der Startwind-Strömung stabilisiert. Interessanterweise neigt die Kappe tatsächlich bei Nullwind am ehesten dazu, ein wenig zu überschießen, weil dann die Nickbremse der anstehenden Windströmung fehlt.
Sehr angenehm verhält sich der Arcus RS beim Starten mit stärkerem Wind. Hier füllt der Hinterflügel schneller, wodurch allerdings auch die klassische Wirkung des RAST-Systems früher einsetzt. Spürbar wird das, wenn man in solchen Momenten die Bremsen impulsiv setzt. Während bei klassischen Kappen in solchen Fällen der durch die "Bremsklappenwölbung" gesteigerte Auftrieb den Piloten schnell aushebeln kann, bleibt dieser Effekt beim Arcus RS weitgehend aus. Die Kappe stoppt, ohne zu hebeln. Ein echtes Sicherheitsplus, v.a. für Piloten mit wenig Starkwinderfahrung.
Das gleiche Verhalten zeigt sich positiv beim Windenstart. Zieht der Windenfahrer mal etwas zu stark an, so dass die Kappe impulsiv hochschießt und der Pilot die Bremsen "reinhauen" muss, hebelt es normale Flügel samt Piloten gerne aus. Der Start wird unruhig, häufig mit einem Zwischenaufsetzer. Beim Arcus mit RAST spielt sich dieses Schauspiel viel gemäßigter ab. Am Seil steigt der Schirm dann übrigens sehr gut und spurtreu.
Dass der Arcus mit der Bremse nicht zwangsläufig mehr Auftrieb generiert, ist in manchen Start-Situation allerdings gewöhnungsbedürftig. Wer dazu tendiert, sich auf kurzen Startplätzen mit Trippelschritten aber tief gezogener Bremse und so erhöhtem Auftrieb "rauszuwürgen", wird damit beim Arcus RS weniger Erfolg haben. Der Schirm will wirklich durch beherztes Beschleunigen auf Abhebegeschwindigkeit gebracht werden. Sicherheitstechnisch ist das allerdings auch die bessere Startweise.

Im Landeanflug mit dem Arcus sollte man die Bremse
progressiv setzen und nicht mit voll Schwung anfliegen.
Das RAST-System verhindert ein ausgeprägtes Flaren.
// Foto: G. Kiphard
Landen: problemlos, auch wenn sich manche Piloten vielleicht auch hier etwas umstellen müssen. Wer gerne die Technik einer ausgeflogenen Landung praktiziert, bei der der Endanflug mit weitgehend offenen Bremsen erfolgt, um viel Energie für ein langes, bodenparalleles Ausflaren aufzusparen, wird beim Arcus RS eine Überraschung erleben. Wie schon oben beschrieben, erhöht der impulsive Bremseinsatz beim RAST-Flügel nicht zwangsläufig den Auftrieb. Der Sinkpfad ändert sich also kaum und man wird so eher schwungvoll am Boden aufkommen.
Für eine sanftere Landung ist es beim Arcus RS empfehlenswert, die Bremsen schon relativ früh zu setzen und zu halten, um den Druck aus dem Hinterflügel zu nehmen. Durch progressives Durchbremsen sind dann sichere und sanfte Landungen möglich, wenn auch ohne einem langen, eleganten Flare.

Bremsen: Die Bremsen des Arcus RS haben einen typischen Vorlauf von rund zehn Zentimetern. Danach setzt recht bald ein deutlicher Bremsdruck ein, der allerdings variabler ist als bei anderen Schirmen. Zieht man die Bremsen langsam nach unten, sodass die RAST-Ventile nicht schließen, bleiben die Bremskräfte moderat. Zieht man impulsiv, wird das RAST aktiviert, und die Bremse erscheint dann vergleichsweise hart, vor allem, wenn man mit Schwung deutlich tiefer als Schulterhöhe zieht.
Bei meinen ersten Testflügen ist es mir passiert, dass ich durch allzu deutliche Bremsimpulse die große RAST-"Klappe" derart setzte, dass ich mich daran im Gurtzeug geradezu selbst in die Höhe zog und so ins Schaukeln brachte. Mit der Zeit lernte ich aber, den Effekt des RAST zu verstehen und effektiver zu nutzen.
Das gesamte System wirkt umso besser, je weniger und je feinfühliger man mit der Bremse arbeitet. Wer den Schirm laufen und den Hinterflügel auch in Kurven immer wieder Luft schnappen lässt (Bremsen kurz lösen), kann den Arcus RS ohne großen Kraftaufwand und mit erstaunlich kurzen Bremsausschlägen fliegen, wie man es sonst eher von höherklassigen Sportschirmen kennt.

Kappenfeedback: Die Kappe des Arcus RS wirkt in der Luft als kompakte Einheit. Wenn man die feinen Eigenbewegungen vieler Flügel ohne RAST gewohnt ist, wird man den Arcus im ersten Moment als geradezu stoisch und wenig mitteilsam erleben. Für die einen ist das ein angenehm ruhiges Fluggefühl, für die anderen wird das den Eindruck erwecken, kaum etwas über die Luftverhältnisse rückgemeldet zu bekommen.
Tatsächlich filtert der Schirm sehr viele Feinturbulenzen einfach weg oder gibt sie nur subtil über die Tragegurte weiter. Je länger ich mit dem Arcus RS flog, desto mehr gewann ich allerdings den Eindruck, unterm Strich nichts essentielles zu verpassen. Vielmehr erschien es mir so, als müsste ich mich einfach nur weniger um das Lokalbefinden des Schirmes kümmern, um zugleich die so befreiten Kapazitäten für das größere Bild der Luftströmungen zur Verfügung zu haben. Denn der Arcus zeigt sehr gut über die Tragegurte an, in welche Richtung es ihn zieht. Und in der Kontaktposition der Bremse (minimaler Zug) bekommt man auch über diesen Kanal feine Anzeichen, ob das stärkere Steigen gerade rechts oder links zu suchen ist.

Kurvenflug: Der Arcus RS lässt sich bei aktiviertem RAST (kurze impulsive Bremseinleitung aus der Nullstellung) mit angenehm wenig Bremsweg auf eine stabile Kurvenbahn bringen. Das Besondere dabei ist, dass die Kurveneinleitung nahezu verzögerungsfrei verläuft. Während manch andere Schirme, vor allem in dieser Klasse, sich gerne kurz aufbäumen und dann erst mit einer halben oder ganzen Gedenksekunde die Kreisbahn einschlagen, folgt der Arcus sehr willig. Dabei verfällt er aber keineswegs in Hektik und wilde Schlenker. Der Arcus ist kein Hakenschläger! Als Pilot gewinnt man aber den Eindruck: rechts heißt rechts und links heißt links. Und dieser Schirm wird darüber keine Sekunde mit einem diskutieren. Dieses direkte Steuerverhalten wird umso beeindruckender, je bewegter die Luftmassen sind. Das heißt jetzt nicht, dass der Arcus in Turbulenzen schneller in und um die Kurve geht, aber der Unterschied zu anderen Schirmen ohne RAST in puncto Steuerbarkeit in solchen Luftmassen tritt umso markanter hervor.
Sehr gut gelungen ist beim Arcus RS auch eine weitere Abstimmung: Der Schirm reagiert gut auf Gewichtsverlagerung, ohne sich hektisch schnell aufzuschaukeln. Behält man das Gewicht auf der Kurveninnenseite, kann man die Bremsen getrost wieder weitgehend öffnen, ohne ein störendes Aufrichten fürchten zu müssen. Die Außenbremse kann sogar ganz frei gegeben werden, der Schirm wird trotzdem nicht Graben.

Mit dem Arcus RS in der Thermik über dem Westerwald.
// Foto: G. Kiphard
Thermikeigenschaften: Das ausgewogene, harmonische Kurvenverhalten kommt einem beim Thermikfliegen mit dem Arcus RS voll zugute. Trotz der kleinen Flügelfläche hatte ich nicht den Eindruck, mit dem Schirm im Nachteil zu sein, selbst bei sehr schwachen Thermiken. Die Kappe steigt gut und lässt sich auch bei etwas verquasten Blasen selten irritieren. Dank der sehr stabilen Kurvenlage lassen sich auch stark versetzte Bärte gut ausdrehen.
Sehr vorteilhaft empfand ich, wie direkt der Arcus RS die Bremsimpulse auch in der Thermik umsetzt. Das Eindrehen in den Kernbereich erfolgt nahezu ohne Gegenwehr. Um enger zu zirkeln, muss man die Bremse nur ein wenig tiefer ziehen. In einem Fall habe ich, um nicht in einen gesperrten Luftraum zu steigen, den Schirm sogar mitten in einem Drei-Meter-Bart problemlos und ohne weitere Tricks in eine Steilspirale überleiten können.
Auch in turbulenteren Bärten bleibt der Schirm sehr gut kontrollierbar. Gut gefallen hat mir hier eine besondere Qualität des RAST-Systems. Fällt man aus einer Thermik heraus, erlebt man bei vielen modernen Schirmen, die mittlerweile fast alle sehr nickstabil sind, im Abwind häufiger einige Sekunden der Machtlosigkeit. Da die Strömung am Segel nicht sauber anliegt, wirkt die Bremse nicht gleich, um Richtungen zu ändern. Zudem muss man darauf achten, die weiche Kappe nicht gar in den Stall zu ziehen. Der Arcus RS entschärft solche Situationen. Bei aktiviertem RAST und prallem Hinterflügel wirkt die große Steuerklappe spürbar besser. Der Arcus ist auch angenehm nickstabil. Aber man sackt am Thermikrand weniger durch, bevor man als Pilot wieder Herr der Steuerlage ist.
Unterm Strich blieb bei mir der Eindruck haften, gerade auch in turbulenteren, zerrissenen Thermikbedingungen einen Effizienzvorteil gegenüber anderen Schirmen in der Luft zu haben. Allerdings muss ich nochmals betonen, dass man als Pilot sein Steuerverhalten auf das RAST-System einstellen und den Hinterflügel immer wieder Luft schnappen lassen sollte (wie schon oben beschrieben), um derlei Vorteile tatsächlich spüren und auskosten zu können.

Beschleuniger: Der Arcus besitzt nur kleine Beschleunigerrollen. Dennoch ist der Beschleuniger nur mittelschwer zu treten. Echte Kilometerjäger, die gerne auch mit so einem Schirm ein großes FAI-Dreieck abgasen wollen, werden sich nach einiger Zeit sicher etwas weniger Druck wünschen. Die klassische Arcus-Klientel, die noch relativ am Anfang ihrer Flugkarriere im Beschleunigen eines Schirmes eher nur ein Notmanöver sieht, dürfte das aber nicht stören.
Positiv fällt auf, dass der Arcus RS als Low-B mit fast 50 km/h eine ansprechende Maximalgeschwindigkeit besitzt und auch zum Fullspeed hin in der Polare nicht massiv einbricht. Das Geschwindigkeitsfenster ist also auch im Alltag voll nutzbar.
Erfahrenere Piloten müssen beim Beschleunigen nicht einmal auf eine Pitch- und Richtungskontrolle mit den C-Gurten verzichten – auch wenn der Schirm keine C-Handles besitzt. Ein kurzes kurzes, impulsives Ziehen an den C-Gurten aktiviert ebenfalls das RAST, und der so versteifte Hinterflügel wird nicht gleich einen leistungsmindernden Profilknick entwickeln. Wer diese Qualitäten zu nutzen weiß, wird den brav erscheinenden Arcus RS sogar als erstaunlich leistungsfähigen Streckenflügel erleben.

Der Tragegurt des Arcus RS mit den farblich gut abgesetzten Leinen.
Fürs Ohrenanlegen muss der geteilte graue A-Gurt gezogen werden.
// Foto: Lu-Glidz
Ohren anlegen: vorbildlich. Die Ohren schlagen nicht und benötigen auch keinen ständigen Zug, um drin zu bleiben. Die Sinkwerte sind durchschnittlich. Die Öffnung erfolgt etwas verzögert und muss gelegentlich mit einem kurzen Bremsimpuls unterstützt werden

Steilspirale: sehr angenehm. Die Einleitung der Steilspirale erfolgt, wie das gesamte Steuerverhalten des Arcus RS, unaufgeregt aber direkt. Die Kontrolle in der Spiralphase erschien mir für einen Schirm dieser Streckung sehr gut. Auffallend war eine nach Gefühl (nicht gemessen) geringe G-Belastung. Vielleicht wird hier auch das RAST-System wieder spürbar, da die Auftriebskraft des Profils mit der Bremse weniger stark beeinflusst wird.

Nicken: Der Arcus ist angenehm nickgedämpft. Wer das Nicken allerdings bewusst mit den Bremsen induziert, muss aufpassen, keine allzu großen Bremsbewegungen zu machen. Sonst kann es passieren, dass man sich am großen, RAST-prallen Hinterflügel selbst etwas nach oben zieht und so eine Drehbewegung des Gurtzeugs um die Querachse auslöst. Da nickt dann nicht nur der Schirm, sondern auch der Pilot.

Rollen: Der Rollneigung des Arcus RS ist nicht stark, aber gut nutzbar ausgeprägt. Der Flügel dankt es dem Piloten, wenn dieser stets auch mit Gewichtseinsatz fliegt. Allerdings nimmt er auch schnell die Energie wieder aus dem System.

Packen: Hier gibt es beim Arcus RS trotz des zusätzlichen RAST-Stoffriegels im Schirm keine Besonderheiten zu beachten. Die Stäbchen an der Eintrittskante sind für alle Packtechniken tauglich. Das Packmaß ist kompakt und sollte auch mit allen heute üblichen Wendegurtzeugen kompatibel sein.

Der Bremsgriff des Arcus RS kann in seiner Härte
eingestellt werden, indem man die versteifenden
Röhrchen entfernt. // Foto: Lu-Glidz
Qualität: Nähtechnisch und auch bei anderen Details gibt es beim Arcus RS nichts zu meckern. Vieles ist clever gelöst. Dazu gehören auch die Bremsgriffe, deren Stege sich in der Härte an die eigenen Vorlieben anpassen lassen, indem man eine versteifende Füllung aus einem Röhrchen oder gleich das ganze Röhrchen entfernt. Positiv fallen auch die verbreiterte Einhängeschlaufe der ansonsten schmaler gebauten Gurte, die Farbkennung rot und grün für rechten und linken Steuergriff, die farblich sehr eindeutig abgesetzte Stabilo-Leine und die umgenähten Kanten der Diagonalen auf.
Wenn ich mir noch etwas wünschen dürfte, dann wäre das eine Einschlaufung der Leinen, die von vornherein für ein mögliches Trimm-Tuning optimiert ist (Double- statt Single-Loop). Zudem sollte die Dreckentleerungsöffnung an den Stabilos innen einen kleinen Stoffschlauch besitzen, den man über das Klett herausziehen kann, damit verhindert wird, dass sich Dreck in den Klettlaschen verfängt.

Fazit: Der Arcus RS ist ein feiner Low-B mit echtem Allround-Charakter, der dem Piloten ein hohes Sicherheitsgefühl vermittelt. Das liegt nicht nur an der Möglichkeit, dass das RAST-System Klapper begrenzen könnte, sondern auch an der bei Starkwind immer noch entspannten Startweise und der guten Manövrierfähigkeit selbst in turbulenter Luft. Der Schirm schafft durch die Eigenschaften des RAST-Systems (wenn man seine Steuerbewegungen darauf anpasst!) einen echten Spagat: Die enorm hohe Flugruhe ist mit einer direkten, präzisen Lenkung ohne überfordernde Agilität gekoppelt. Diese Stärke offenbart sich vor allem in turbulenter Luft. Da folgt der Arcus RS dem Piloten dank des steiferen Hinterflügels weitaus williger als vergleichbare Schirme in diesem Segment. Das einzige, was der Arcus RS vermissen lässt, ist die Möglichkeit eines langen Flares bei der Landung. Doch auch damit kann man sich arrangieren.
Ozone hat mal den Marketingbegriff "True Performance" geprägt, der beschreiben soll, dass am Ende das Gesamtpackage von Gleitzahl, Handling und Schirmverhalten in bewegter Luft darüber entscheidet, wie gut ein Schirm im Alltag tatsächlich fliegt. Die "True Performance" des Arcus RS würde ich, trotz seines Low-B-Konzeptes, im Klassenvergleich erstaunlich weit oben ansiedeln. Allerdings wird nur jener Pilot sie erfliegen können, der sich auf die Eigenheiten des RAST bei der Steuerung einlässt und damit arbeitet. Wer es tut, wird RAST als eine echte Bereicherung und sinnvolle Innovation im Gleitschirmbau erleben.


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