Aktuell steht die Sonne in Mitteleuropa nur halb so hoch wie zur Sommersonnenwende. Das hat in mehrfacher Hinsicht Einfluss auf die Thermikentwicklung.

Am längsten Tag des Jahre geht die Sonne in der Mitte Deutschlands
nicht im Osten, sondern Nordosten auf.
// Quelle: sonnenverlauf.de
Da die Erde eine sich drehende Kugel ist und die Erdachse schräg steht, ändert sich auch der Einstrahlwinkel der Sonne sowohl im Tages- wie im Jahresverlauf. Nehmen wir als Beispiel das Stubaital. Während dort die Sonne zur Sommersonnenwende (21. Juni) am Mittag rund 66 Grad hoch am Himmel steht, erreicht sie aktuell nur 33 Grad. Zur Wintersonnenwende (21. Dezember) werden es am Tiefpunkt nur knapp 20 Grad sein.

Interessant sind solche Betrachtungen für die Thermikentwicklung. Denn Thermik entsteht – wenn man den Einfluss des Untergrundes erst einmal außer Acht lässt – am besten dort, wo die Sonne senkrecht auf den Untergrund fällt. Senkrecht hieße 90 Grad. Zur Sommersonnenwende werden mittags im Stubaital also Berghänge, die eine Neigung von 24 Grad besitzen, am stärksten beschienen. Aktuell wären es Hänge, die schon eine Neigung von mindestens 57 Grad besitzen. Und zur Wintersonnenwende wären mit >70° fast senkrechte Wände jene Stellen, die ideal zur Sonne stehen.

Solche Zusammenhänge sollte man durchaus berücksichtigen, wenn man sich auf die Thermiksuche macht. Manche Spots, die im Sommer prächtig funktionieren, liefern jetzt im Herbst kaum noch nutzbares Steigen, weil der Sonneneinfallswinkel nicht mehr optimal ist.

In der Jahreszeit der tiefstehenden Sonne gilt, dass man vor allem an steileren Flanken noch gute Thermik finden wird. Allerdings gibt es da eine Einschränkung: An steilen Flanken fällt es der Luft schwerer, ein großes Warmluftpolster auszubilden. Denn je steiler der Untergrund, desto eher wird die Warmluft daran hochkriechen wie an einem Kerzendocht und schnell ablösen, noch bevor sie einen großen Temperaturvorsprung zur Umgebungsluft erreicht hat. Die Thermiken sind dann in der Regel schwach, vor allem aber eng begrenzt.

Der Trick ist hier, den Kompromiss zu finden – und der heißt: Waldflächen auf mittelsteilen Hängen. In Wäldern stehen die Bäume senkrecht und bieten ihrerseits eine gute Heizfläche für die Sonne. Gerade jetzt im Herbst, wenn die Bäume das Wasser aus dem Laub ziehen und oberflächlich abtrocknen, bildet sich um Bäume herum ein schönes Warmluftpolster. Ein mittelsteiler Hang darunter bewirkt wiederum, dass die Warmluft nicht gleich nach oben verpufft, sondern langsam den Hang hinaufkriechen kann. Manche bewaldeten Hänge werden gerade in dieser Jahreszeit ihre thermische Höchstleistung vollbringen. Allerdings sollten die Hänge bestenfalls auch nach Süden oder Südwesten ausgerichtet sein, um eine ausreichend lange Aufheizzeit zu garantieren.

Im Sommer kann man durchaus an reinen Osthängen am Morgen Thermik finden. Im Stubaital steht die Sonne am 21. Juni erst gegen 9 Uhr, also rund 3,5 Stunden nach Sonnenaufgang, genau im Osten. Wollte man der Sonne aktuell die gleiche Vorheizzeit (3,5 h) zugestehen, dann dürfte man erst um 11 Uhr an einem Südost-Hang starten. Ende Dezember wäre es fast schon 12 Uhr, bevor man sich nun am Südhang in die Luft schwingt (bei den Zeiten ist Sommer- und Winterzeit berücksichtigt!).

Tipp: Wer sich ein wenig mehr mit dem Sonnenstand im Tages- und Jahresverlauf beschäftigen will, dem empfehle ich die Internetseite www.sonnenverlauf.de. Dort kann man seinen Standort auf einer Karte frei verschieben und sich die verschiedensten Variablen wie Sonnenauf- und -untergang, Sonnenhöhe etc. für frei wählbare Zeiten und Daten anzeigen lassen.


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