Wie man dank der einfachen Temps von Meteo-Parapente ohne großes Kurvenlesen schnell die besseren Flugtage erkennen kann.  


Ein guter Tag im französischen Flachland:
Der Thermikraum (gelb) reicht weit über
1000m über Grund. Die Windpfeile (rechts) liegen alle
im grünen Bereich und weisen keine Sprünge auf.
Das verspricht wenig zerrissene Thermiken.
Die blaue Taupunktkurve und die rot-grün-schwarze
Temperaturkurve berühren sich nicht bzw. kommen
sich nicht sehr nahe. So bleibt die Bewölkung
aufgelockert und verspricht steten Thermiknachschub.
Tipp: Grafik anklicken, um sie zu vergrößern.

Temp, Sounding, Emagramm – es gibt verschiedene Bezeichnungen für eine bestimmte Form der Meteo-Punktprognosen. Sie stellen jeweils die Temperaturschichtung der Atmosphäre über einem Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt dar.

Temps lesen zu können gilt für viele Piloten als so etwas wie der heilige Gral der Flugmeteorologie. Vor allem gelten Temps aber als kompliziert. Viele Kurven, Linien, gestrichelte Hilfslinien etc. kreuzen sich da in der Darstellung, so dass man schnell die Übersicht verlieren kann. Doch es geht auch anders: Auf www.Meteo-Parapente.com lassen sich für beliebige Punkte innerhalb des Vorhersagegebietes (Mitteleuropa) prognostizierte Soundings abrufen. Dafür klickt man rechts oben auf den Reiter Sounding (bzw. Emagramme) und dann links in die gewünschte Stelle in der Karte. Die Darstellung dieser Temps ist so vereinfacht, dass auch ein Pilot ohne tiefere Meteorologie-Kenntnisse davon profitieren kann.

Im Folgenden gebe ich übrigens keine detaillierte Einführung in das Lesen der Temps, d.h. ich erkläre nicht die genaue Bedeutung aller gezeigten Kurven und Hilfslinien. Bei der grafischen Aufbereitung, wie sie Meteo-Parapente bietet, muss man das auch gar nicht wissen, um die thermischen Qualitäten eines Tages abschätzen zu können. Wer sich dennoch etwas genauer mit dem Aufbau der Meteo-Parapente-Temps beschäftigen möchte, dem empfehle ich ein Video als Hilfestellung von der Seite Gemeinsam-Fliegen.de.  

Temps bieten einem Piloten üblicherweise vier wichtige Informationen:

  1. Wie stark und aus welcher Richtung weht der Wind in verschiedenen Höhenschichten.
  2. Wie hoch reicht die Thermik maximal
  3. In welchen Bereichen (Höhen) über Grund wird eine Thermikblase besser, mittelmäßig oder schlecht steigen?
  4. Sind dichte Wolken zu erwarten, die die Thermikentwicklung stören?

Mit Meteo-Parapente sind diese Fragen besonders einfach zu beantworten. Nicolas Baldeck, der schlaue Kopf hinter der Seite, hat dafür eine besondere Darstellung ersonnen, die von üblichen Temps etwas abweicht. Er arbeitet zum Beispiel mit verständlichen Höhenangaben in Metern, während Meteorologen ansonsten Höhenschichten der Atmosphäre in Hectopascal (hPa) bemessen. Windgeschwindigkeiten gibt er in Kilometer pro Stunde anstelle von Knoten an. Zudem nutzt er eine Farbcodierung, um schnell die besseren und schlechteren Thermikbereiche vor Augen zu führen. Hilfreich ist auch, dass man bei seinen Temps die Höhendarstellung auf die unteren 2000 oder 4000 Meter begrenzen kann. Das erlaubt für diese Bereiche, die für die Gleitschirmfliegerei besonders relevant sind, eine feinere Auflösung der Höhenschichten. Zudem kann man in den Temps Hilfslinien u.a. der Feucht- und Trockenadiabaten nach Belieben ein- und ausblenden, um die Ansicht so übersichtlich wie möglich zu halten.

Kommen wir nun dazu, wie man die vier oben genannten Informationen aus den Temps herauslesen kann, ohne alle Feinheiten eines Temps verstehen zu müssen:

1. Der Wind

Bei diesem Temp vergeht einem die Fliegerlaune:
Der Höhenwind (rechts) liegt im orange-roten
Bereich (zu stark). Bei etwa 2000m MSL berühren
sich Tau- und Temperaturkurve. Dort
herrscht also eine geschlossene Wolkenschicht. 

Am rechten Rand der Temps wird der Wind in verschiedenen Höhenschichten dargestellt. Die Pfeile zeigen die Richtung, während die Zahlen daneben die Stärke im km/h angeben. Zudem sind die Pfeile auch noch farbcodiert.

Grün kennzeichnet fliegbare Geschwindigkeiten, bei hellgrün bis gelb (18-30 km/h) wird es schon deutlich anspruchsvoller, v.a. im Gebirge, wo sich dann kräftige Leegebiete ausbilden können. Von Höhenschichten mit orangen bis roten Windpfeilen (mehr als 30 km/h) sollte man sich als Gleitschirmflieger am besten ganz fernhalten.

Aufmerken sollte man als Pilot auch, wenn die Atmosphäre je nach Höhenschicht kräftige Windsprünge aufweist, bei denen die Windgeschwindigkeiten über kurze Distanz von grün auf gelb-rot springen. In diesen Höhenschichten ist durch Scherungen mit kräftigen Turbulenzen zu rechnen.

2. Maximale Thermikhöhe

Wenn die Luft am Boden erhitzt wird und dann als Thermik aufsteigt, kühlt sie sich mit jedem Meter nach oben langsam ab. Typischerweise ist das minus 1°C pro 100 Meter (trockenadiabatische Abkühlung). So lange die Temperatur der umgebenden Luft niedriger liegt, wird die Thermikblase weiter aufsteigen, bis sie keinen Temperaturvorsprung mehr als Antrieb aufweist.

Je nach Temperaturschichtung der Atmosphäre ergeben sich für einen Tag typische Maximalhöhen, in denen eine thermisch getriebene Durchmischung der Atmosphäre stattfindet. In den Temps von Meteo-Parapente ist diese sogenannte Grenzschicht, auch Boundary Layer genannt, als gelber Balken über dem grau eingezeichneten Bodenniveau dargestellt. Dort wo der gelb eingefärbte Bereich endet, ist die zu erwartende maximale Thermikhöhe.

In der Praxis wird man diese Höhe übrigens nur selten erfliegen können. Zum einen kann die Wolkenbasis eines Tages tiefer liegen. Zum anderen werden Thermiken (ohne Wolken) in der Regel nach oben raus schwächer. Sie können dann das Eigensinken der Gleitschirme nicht mehr kompensieren. In der Regel kann man mit „erfliegbaren“ Thermikhöhen rechnen, die 200 bis 300 Meter unter der im Temp angegebenen Maximalhöhe liegen. Wenn man in den Bergen fliegt, reicht die Grenzschicht über den Gipfeln allerdings häufig etwas höher, als im Temp prognostiziert. Hier kann man an guten Tagen durchaus damit rechnen, die vom Modell angegebenen Höhen tatsächlich auch erreichen zu können.

3. Steigqualität der Thermiken

Noch ein guter Temp fürs Flachlandfliegen:
Ein relativ konstanter Höhenwind, dazu eine sehr
thermikträchtige Schichtung im Thermikraum
(rechte Temperaturkurve ist rot und grün).
Oben begrenzt eine Inversion (T-.Kurve schwarz)
das mögliche Wolkenwachstum.
Ein Tag für weite One-Way-Strecken.

Wie gut Thermikblasen in einer Luftmasse steigen, hängt vom Temperaturunterschied zur Umgebungsluft ab. Bei einem Temp zeigt die rechte Kurve die Entwicklung der Temperatur der Luft je nach Höhe. Liegt dieser Temperaturgradient bei -1 Grad Celsius pro 100 Meter, so nimmt die „Außentemperatur“ um eine Thermikblase genauso schnell ab, wie sich die Thermikblase mit der Höhe abkühlt. Die Thermik wird also ihren Temperaturvorsprung behalten und kräftig weitersteigen. Bei einem Temperaturgradienten von -0,8 oder -0,9° C kühlt sich die Thermikblase mit der Höhe schneller ab, als ihre Umgebung. Damit verliert sie an Schwung und wird nach 500 bis 900 Meter gar nicht mehr weiter steigen. Bei kleinen Gradienten von unter -0,6°C steigen Thermikblasen nur noch sehr langsam und verlieren bald jeglichen Auftrieb.

In den Temps von Meteo-Parapente wird dies sehr anschaulich wieder mit einer Farbcodiereung dargestellt. Rote Bereiche der Temperaturkurve zeigen einen Temperaturgradienten von mindestens -1°C pro 100 Meter. Grün kennzeichnet Höhenschichten mit einem Gradienten zwischen -0,6 und -1°C, wo also noch brauchbare Thermiken zu erwarten sind. Schwarz wiederum zeigt Zonen, in denen Thermiken deutlich gebremst, wenn nicht sogar komplett gestoppt werden (Inversionen).

Liegen solche schwarzen Sperrschichten sehr tief im gelb eingezeichneten Thermikraum, während darüber wieder grüne oder gar rote Zonen folgen, sollte man an so einem Flugtag bestrebt sein, seinen Startplatz möglichst oberhalb der schwarzen Zone zu legen und auch im Flugverlauf nie darunter zu sinken. Sonst kann es sehr schwer werden, den thermischen Anschluss nach ganz oben zu gewinnen.

Rote Bereiche bedeuten übrigens nicht zwangsläufig, dass die Thermiken dort kräftiger sein müssen als in grünen Bereichen. Wenn Thermikblasen aufsteigen, dehnen sie sich aus – zum Beispiel weil sie mit anderen Thermiken zusammenwachsen, und auch schlicht durch den geringeren Luftdruck in der Höhe. Das gesteigerte Volumen wiederum führt auch zu mehr Auftrieb. Eine große Thermikblase in einer Umgebung mit etwas schlechterem Temperaturgradienten kann deshalb unterm Strich immer noch bessere Steigwerte liefern. Das gilt vor allem für die höheren Schichten des Thermikraumes, wo die Thermikblasen schon ihr gewachsenes Volumen ausspielen können.

Grundsätzlich gilt: Je höher der gelb eingezeichnete Thermikraum über Grund reicht und je größer der Anteil roter Bereiche der Temperaturkurve darin ist, desto stärkere Thermiken sind an diesem Tag zu erwarten.

4. Wolkendichte

Temp mit Schönheitsfehler: Der gelbe Thermikraum
reicht zwar 2000m hoch und der Temperaturverlauf
(rot-grün) verspricht nutzbare Thermik.
Doch auf 1700m nähert sich die blaue Taupunktkurve
der Temperaturkurve stark an. Die hohe Feuchtigkeit
in dieser Schicht wird dafür sorgen, dass die Wolken
sich nicht so schnell auflösen, sondern viel Schatten
werfen. Das schnürt den Thermiknachschub ab.

Die zweite wichtige Kurve eines Temps ist die Taupunktkurve (point de rosée). Sie zeigt bei welcher Temperatur das in der Luft als Gas enthaltene Wasser anfangen würde zu kondensieren. Sie ist somit auch ein Indikator für die Luftfeuchtigkeit. Je weiter entfernt die blaue Taupunktkurve von der rot-grün-schwarzen Temperaturkurve liegt, desto trockener ist die Luft in dieser Höhenschicht. Je näher sich beide Kurven kommen, desto feuchter ist es. Dort wo sich Taupunktkurve und Temperaturkurve überlappen, herrscht 100 Prozent Luftfeuchtigkeit. In dieser Höhe bilden sich dann dichte Wolken, welche die Sonneneinstrahlung blockieren und damit die weitere Thermikbildung bremsen. Je größer die Höhenbereiche sind, in denen diese Wolkenbildung stattfindet, desto dicker ist das zu erwartende Wolkenpaket.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Der Punkt, an dem sich Taupunkt- und Temperaturkurve zum ersten Mal berühren, ist nicht die Wolkenbasis von konvektiv entstandenen Thermikwolken. Diese lässt sich auf andere Weise aus den Kurven ermitteln, was ich hier der Einfachheit halber aber weglasse. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass sich – wenn überhaupt – Thermikwolken etwas unterhalb der maximalen Thermikhöhe bilden werden (typischerweise dort, wo sich im Temp die Temperatur- und Taupunktkurven in diesem Bereich am nächsten kommen).

Wichtiger als die genaue Basishöhe ist es zu wissen, ob sich Thermikwolken schnell wieder auflösen oder lange halten werden und damit einen stärker bewölkten Himmel ergeben. Dabei gilt: Je trockener die Luft auf Basishöhe ist, desto kürzer bleiben Cumulus-Wolken bestehen, d.h. sie trocknen wieder ab. Bei einem Abstand von Temperatur zu Taupunkt (Spread) von mehr als 8°C in der Höhe ist mit Blauthermik zu rechnen. Bei einem Spread von 7 bis 8° sind bis zu zwei Achtel Bewölkung möglich. Liegt der Spread bei 4 bis 5 °C sind schon vier Achtel Bewölkung zu erwarten. Sinkt der Spread unter 2-3°C werden die Wolken zur kompletten Ausbreitung tendieren, vor allem wenn in der entsprechenden Höhenschicht auch noch kräftiger Wind prognostiziert ist, der die Wolken in die Breite zieht.

5. Wolkenbasis

Viele Piloten nutzen Temps auch, um aus der Temperaturschichtung die Höhe der Wolkenbasis herauszulesen. Das ist aber etwas für Fortgeschrittene. Man muss das nicht können! In der Regel kommt man auf viel simplere Weise zum Ziel. Dafür muss man gar keine Kurven und Hilfslinien verfolgen, sondern einfach nur den Abstand am Boden zwischen Temperatur- und Taupunktkurve betrachten. Die Differenz in Grad Celsius muss man einfach nur mit 125 multiplizieren, um die ungefähre Höhe der Wolkenbasis in Metern über Grund (!) zu erhalten. An typisch thermikträchtigen Tagen, an denen innerhalb des (gelben) Thermikraumes keine Sperrschichten (schwarze Abschnitte der Temperaturkurve) zu erkennen sind, stimmt diese Rechnung in der Regel erstaunlich gut mit den tatsächlichen Verhältnissen überein.

Ein Beispiel: Bei dem unter "4.Wolkendichte" gezeigten Temp liegt der sogenannte Spread zwischen Temperatur und Taupunkt bei 12°C. Das ergibt dann - 12 x 125 - eine rechnerische Wolkenbasis von 1500m über Grund.

Merkmale eines guten Flugtages

Einen guten Flugtag kann man mit diesem Wissen auch schon mit einem kurzen Blick auf Meteo-Parapente relativ schnell erkennen. Der Temp sollte zur Hauptthermikzeit gegen 14 Uhr folgende Zutaten liefern:

  1. Der Wind liegt im gesamten Thermikraum im fliegbaren (grünen) Bereich.
  2. Die Thermikraum über Grund (gelber Balken) ist mindestens 1000 Meter dick, damit man ausreichend Arbeitshöhe für Streckenflüge hat.
  3. Die Temperaturkurven im Thermikraum sind nur rot und grün gefärbt sein. In höheren Schichten sind schwarze Bereiche als Sperrschichten erwünscht, um Überentwicklungen zu vermeiden.
  4. Temperatur- und Taupunktkurve berühren sich über alle Höhenschichten hinweg niemals. Zudem kommen sie sich im angezeigten Thermikraum nicht näher als ein Spread von 5°C, um übermäßige Wolkenverdichtung zu vermeiden.

Das Windgramm von Meteo-Parapente verspricht
an diesem Tag Gutes: Schon um 11 Uhr erreicht der
gelbe Thermikraum mehr als 1000m Dicke.
Der relativ starke, aber gleichmäßige Grundwind
sollte weite One-Way-Streckenflüge
im Flachland ermöglichen.

Zuletzt noch ein weiterer Tipp. Meteo-Parapente bietet nicht nur Temps als Punktprognosen, sondern auch Windgramme. Sie zeigen die Höhenwindentwicklung im Zeitraum eines Tages.

Auch bei dieser Darstellung ist der Thermikraum gelb eingezeichnet. Je früher am Tag die Höhe der Grenzschicht nach oben schnellt, desto thermikträchtiger sind die Bedingungen einzuschätzen. Sehr stabile Tage (Hochdruck) kann man an einer späten thermischen Auslöse, d.h. einem späten Anwachsen der Grenzschicht erkennen.

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