Neue Meteomodelle mit besonders hoher Auflösung liefern eine detaillierten Blick ins regionale Wettergeschehen. Die Flugwetterprognose profitiert davon allerdings nur wenig. 

Meteo Swiss und Kachelmannwetter waren die ersten: Seit diesem Frühjahr betreiben sie Wettermodelle, die mit einer besonders feinen Auflösung von rund einem Kilometer rechnen (s. Die Einser-Modelle (1): Wetter in Super-HD)  Der Vorteil? Topographische Elemente wie Berge und Täler werden damit viel genauer erfasst. So lassen sich, zumindest theoretisch, regionale Wind- und Wettersysteme viel realistischer abbilden. Selbst konvektive Hotspots wie einzelne größere Berggipfel, über denen sich eher Gewitterzellen bilden, sollten von den Modellen erfasst werden können. So weit, so schön. Doch bringen solche Fortschritte auch die Flugwetterprognose für Gleitschirmflieger weiter? Meinen Erfahrungen nach kaum. Und das hat mehrere Gründe:


1. Die Highres-Wettermodelle schauen nicht weit genug in die Zukunft
Die 1-km-Wettermodelle prognostizieren typischerweise nur einen kürzeren Zeitraum von rund zwei Tagen. Für die gesellschaftlich wichtigen Aufgaben wie Gewitter- und Sturmwarnungen ist das sinnvoll. Für eine gute Flugplanung reicht das nicht ganz aus.

Gute Flugtage will man am besten schon mehr als zwei Tage im voraus erkennen, um eine möglicherweise notwendige längere Anreise ins Fluggebiet organisieren zu können. Hier helfen die Highres-Modelle nur bedingt weiter. Zumal die guten Flugtage in der Regel solche sind, bei denen das gute Wetter nicht auf wenige Kilometer beschränkt bleibt.

Das Beispiel rechts zeigt einen Ausschnitt aus einer 2,5-Tage-Prognose des Super-HD-Modells (1km) von Kachelmannwetter.


2. Die Datengrundlage der Highres-Wettermodelle ist nicht fein genug
Die 1-km-Wettermodelle können zwar extrem fein rechnen, doch die Ergebnisse sind auch nur so weit realistisch, wie die Modelle auf entsprechend fein aufgelöste Ausgangsdaten zugreifen können. Und hier hapert es noch. In den Alpen können sich Luftmassen bei bestimmten Wetterlagen von Tal zu Tal deutlich unterscheiden. Ein Schauer am Vortag hier, kein Schauer am Vortag dort, schon können die Bedingungen zur Thermikentstehung, der Zeitpunkt der Auslöse etc. ganz andere sein. Das Messnetz an regionalen Wetterstationen ist zwar fein gestrickt, doch solche lokalen Unterschiede fließen eben nicht mit der nötigen Auflösung in die Wettermodelle mit ein. Die Highres-Modelle gaukeln dem Nutzer letztendlich eine höhere Genauigkeit vor, die aber auch nur auf Schätzungen und interpolierten Werten beruht. Punktprognosen der 1-km-Modelle können sogar schneller einmal (lokal betrachtet) völlig disparate Ergebnisse liefern als gröbere Modelle, die eher den Durchschnittscharakter der regionalen Wetterentwicklung abbilden.


3. Die Feindaten der Highres-Modelle bleiben verborgen
Der größte Vorteil der Highres-Modelle liegt in der genaueren Abbildung der Windströmungen, vor allem in den Tälern. Das könnte eigentlich helfen, passende Startplätze, Prallhänge oder auch Leegebiete zu erkennen. Leider kann man diese Daten nicht in entsprechend feiner Auflösung bekommen (zumindest nicht im frei zugänglichen Internet). Die verfügbaren Wind-Charts sind typischerweise so aggregiert, dass ihre Aussagekraft die von gröberen Modellen aus Sicht des Nutzers nur wenig übersteigt.

Rechts ist beispielsweise in der Grafik die Windsituation an einem Tag rund um das Stubai-Tal südwestlich von Innsbruck dargestellt. Dies ist die höchste Zoomstufe, die von Kachelmannwetter angeboten wird. Man muss schon ein sehr gutes räumliches Vorstellungsvermögen haben, um die Windpfeile bzw. Strömungslinien eindeutig mit der Topographie des Geländes in Verbindung zu bringen. Zudem werden solche Charts nur für den Bodenwind angeboten. Entsprechend fein aufgelöste Höhenwindkarten fehlen. Und gerade die wären wertvoll, um zum Beispiel Lee-Gebiete und mögliche Windscherungen erkennen zu können.


4. Es gibt keine Ausgabe des Höhenwetters oder der Luftschichtung (Temp/Emagramm)
Für eine gute Flugwetterprognose interessieren nicht nur die Meteo-Verhältnisse am Boden, sondern vor allem auch in den darüber liegenden 1000-1500 Metern der erdnahen Atmosphäre. Wie verändert sich der Wind in der Höhe, wie ist die Temperaturschichtung? Kann mit noch sicher und auch thermikträchtig in die Luft kommen? Solche Informationen sind bislang von den Einser-Modellen nicht frei im Internet zu bekommen. Da sie aber für eine gute Flugplanung relevant sind, wird man zwangsläufig auch die gröber gerechneten Modell studieren müssen. Der Blick in die bodennahen Feindaten ist dann im Grunde Zeitverschwendung.


Dennoch sollte man die 1-km-Modelle nicht als für Fliegerbelange unnütz abschreiben. Wo und wie man von deren Daten profitieren kann, das wird Inhalt von Teil 3 der Serie über die Einser-Modelle sein.

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