Kontrollierte Lufträume für Drohnen werden die Gleitschirmfliegerei in Deutschland erst einmal nur wenig einschränken.

In Zukunft werden wir den Luftraum immer häufiger
auch mit Drohnen teilen müssen. // Bild: KI generiert

2021 hat die EU Regeln definiert, nach denen auch Drohnen ihren Platz und mehr Rechte im Luftraum erhalten sollen. Im Frühjahr 2023 ist die sogenannte U-Space-Verordnung in Kraft getreten. 

Unter Gleitschirmfliegern kamen damals Befürchtungen auf: Sollten wir vielerorts schon bald mit einem regen Drohnenverkehr rechnen und uns technisch mit Transpondern aufrüsten müssen, um überhaupt noch in die Luft gehen zu dürfen?

Zwei Jahre später hat sich der Nebel um das, was in puncto Drohnen kommen könnte, ein wenig gelichtet.  Je tiefer man sich mit der Materie beschäftigt (vgl. "Hörtipp" am Ende dieses Textes), desto mehr entsteht der Eindruck, dass auch bei diesem Thema nichts so heiß gegessen werden muss, wie es gekocht wurde.

Kurzum: Flächendeckende U-Spaces mit regem Drohnenverkehr wird es voraussichtlich noch über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg nicht geben. Selbst kleine, regional begrenzte Drohnenfluggebiete mit geregelter Luftraumkontrolle und Transponder-Zwang für Gleitschirme sind in näherer Zukunft kaum zu erwarten – und wenn, dann am ehesten über Großstadtgebieten, Industrie- oder Hafenanlagen, wo normalerweise nicht mit Gleitschirmen geflogen wird.


Hohe Hürden für den U-Space

Als die EU das U-Space-Konzept entwickelte, weckte sie damit große Hoffnungen bei der Drohnenindustrie. Die Idee: In einem U-Space könnten sich Drohnen auch jenseits der Sichtbarkeitsgrenze eines Piloten (BVLOS = beyond visual line of sight) weitgehend frei und eines Tages sogar autonom im Luftraum bewegen. Dafür müssten sie nur ihre Flüge bei einem zentralen Dienst, dem U-Space Service Provider (USSP), online anmelden und sich von diesem die geplante Strecke unter Berücksichtigung der aktuellen Luftraumsituation freigeben lassen. Alle anderen bemannten Luftfahrtzeuge bis hin zum Gleitschirm wären dafür gezwungen, ihre Position innerhalb des U-Space "elektronisch" kenntlich zu machen, damit Drohnen ihnen ausweichen können.

Die Technik für die weitgehend automatisierte Flugfreigabe eines USSP wurde in "Reallaboren" schon erprobt. Dennoch lässt der reguläre Einsatz in der Praxis noch auf sich warten. Beim Thema U-Space herrscht in der Drohnenbranche mittlerweile eher Ernüchterung. Das hat mehrere Gründe. 

Zum einen erfordert ein U-Space nicht nur technische, sondern auch neue behördliche und gesetzliche Strukturen. Gerade im föderal organisierten Deutschland müssen dafür so viele unter- und übergeordnete Stellen mit einbezogen werden, dass es die Bundesregierung auch zwei Jahre nach Inkrafttreten der U-Space-Verordnung noch immer nicht geschafft hat, die EU-Vorgaben überhaupt in deutsches Recht zu gießen.

Als zweiter dicker Brocken erweist sich die Frage der Wirtschaftlichkeit. Laut EU-Konzept sollen die USSP privatwirtschaftlich, d.h. auch gewinnorientiert arbeiten. Der Betrieb der Drohnen-Luftraumkontrolle würde über Gebühren finanziert. Allerdings gibt es ein Henne-Ei-Problem: Bei anfangs erwartbar geringem Drohnenaufkommen könnte ein USSP kaum kostendeckend arbeiten. Der Aufbau eines U-Space könnte nach Ansicht vieler Experten nur gelingen, wenn der Staat den Betrieb zumindest über einige Jahre, wenn nicht gar dauerhaft subventioniert. In Zeiten eher klammer Staatskassen ist das politisch ein schwieriges Thema.

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass Gleitschirmflieger die Einrichtung von U-Spaces bis auf weiteres kaum fürchten müssen – zumindest nicht in Deutschland. In der Schweiz und Österreich könnte die Entwicklung aufgrund zentralisierteren Behördenstrukturen etwas schneller gehen. Doch auch dort bleibt das Problem der Wirtschaftlichkeit. 


Fix-Strecken als Alternative

Eine generelle Entwarnung vor wachsendem Drohnenverkehr sollte man daraus nicht ableiten. Die Luftfahrtbehörden können auch heute schon auf Basis spezifischer Risiko-Analysen Einzelaufstiegsgenehmigungen erteilen und sogar fest vorgegebene Flugstrecken temporär oder dauerhaft für bestimmte Drohnenflüge freigeben – selbst für BVLOS-Einsätze. 

Bisher sind genehmigte Drohnen-Überland-Strecken noch Einzelfälle. Es zeichnet sich aber ab, dass professionelle Drohnenbetreiber künftig zwar langsam, aber stetig zunehmend von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden. 

Deren BVLOS-Drohnen fliegen freilich nicht einfach drauflos. Die Betreiber müssen strenge Sicherheitsregeln und Flugprozeduren einhalten. Dazu gehört auch der regelmäßige Check der Luftlage, zumindest soweit diese in elektronischer Form ersichtlich ist. Hierzu werden u.a. auch Daten des Open Glider Network (OGN) oder von Systemen wie Safesky herangezogen. 

Ein rechtlicher Zwang zur elektronischen Erkennbarkeit für Gleitschirme, wie er in einem echten U-Space gelten würde, ergibt sich daraus nicht. Aber eine perspektivisch immer dringendere Empfehlung: Im eigenen Sicherheitsinteresse sollten wir Gleitschirmflieger möglichst nur noch mit entsprechend ausgerüsteten Fluginstrumenten (Flarm / ADS-L) oder App-basierten Lösungen (z.B. SafeSky) an den Start zu gehen.

Zudem wird es immer wichtiger, dass auch Gleitschirmflieger täglich aktuelle Luftrauminfos checken und auf mögliche Notams prüfen. Immer häufiger finden sich darin auch Informationen zu  lokalem, temporärem Drohnenbetrieb. In den meisten Fällen darf man in die zugehörigen Gebiete weiterhin einfliegen. Die Notams dienen dann vor allem als Vorwarnung, wo man stärker nach Drohnen Ausschau halten sollte. 


Hörtipp: Wer mehr Details über den Stand und die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von U-Spaces erfahren will, der kann sich mein Radio-Feature "Enger Luftraum – Platz schaffen für Drohnen" anhören. Dieses habe ich als freier Wissenschaftsjournalist (meiner eigentlichen Tätigkeit neben Lu-Glidz) für die Sendereihe "Wissenschaft im Brennpunkt" des Deutschlandfunks recherchiert.