Wer heute Wettervorhersagen treffen möchte, die über den aktuellen Tag hinausgehen, wird kaum auf sie verzichten wollen: Die Wettermodelle. Bekannt sind sie unter ihren Kürzeln, z.B. GFS, GME, ECMWF, UKMO (s.u.). Im Internet sind viele ihrer Ergebnisse – in verschiedensten Wetterkarten grafisch hervorragend aufbereitet – für jedermann zugänglich. Die wichtigsten Adressen hierzu sind die Wetterzentrale und Wetteronline.


Zum Bild: Das Modellgitter des europäischen ECMWF-Modells rechnet mit einer Auflösung von run 60km am Boden und 60 Höhenschichten.

Doch wie funktioniert ein solches Modell überhaupt? Zentrale Grundlage ist stets ein gedachtes Netz aus fast quadratischen Rechtecken, das den gesamten Globus ähnlich einem Gitter aus Längen- und Breitengraden überspannt. Und weil sich das Wetter im dreidimensionalen Raum abspielt, erstreckt sich dieses Netz vom Boden aus auch in vielen Schichten in die Luft – bis an den äußeren Rand der Atmosphäre in 31 km Höhe. Das GFS-Modell des amerikanischen Wetterdienstes besitzt beispielsweise eine horizontale Auflösung von etwa 55 km bei 64 Schichten.

Vor dem Start eines Modelllaufes werden die Computer mit aktuellen Wetterdaten gefüttert. Jede Masche des Modellgitters bekommt einen Wert für Temperatur, Luftdruck, Wassergehalt etc. zugewiesen. Das ist nicht einfach: Denn nur in den seltensten Fällen befindet sich an einem Knotenpunkten auch tatsächlich eine Wetterstation. In der Regel werden die Durchschnittswerte der Wetterstationen genommen, die irgendwo zwischen den Maschenkreuzungen liegen. Die Daten für die höheren Luftschichten stammen von Wetterballons und Satellitenmessungen. Fehlende Messdaten werden aus den Prognosen früherer Modellläufe übernommen.

Täglich 720 Schnappschüsse der Atmosphäre
Im Modell gibt es unzählige komplizierte Gleichungen, welche die Abhängigkeiten einzelner Variablen wie Temperatur, Feuchte, Sonneneinstrahlung etc. für jeden einzelnen Gitterpunkt beschreiben. Der Computer löst diese Gleichungen in Zeitschritten von üblicherweise jeweils 2 Minuten. So fertigt er pro Vorhersagetag 720 „Schnappschüsse“ des Zustandes unserer Atmosphäre an. Um das Wetter so auf zehn Tage im Voraus zu berechnen, brauchen die Hochleistungscomputer, auf denen die Modelle laufen, drei bis fünf Stunden.

Den Wetterdiensten helfen die Modelle sehr. Besonders die mittelfristige Vorhersage ist in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden. Heute erreichen die Meteorologen für den fünften Vorhersagetag eine Trefferquote, die sie vor zehn Jahren nur für drei Tage im voraus garantieren konnten. Dennoch sind auch die Computermodelle alles andere als perfekt.

Das Chaos des Wettergeschehens lässt sich selbst mit sehr dichten Modellgittern nur in Grenzen auflösen. Relativ ungenau erfassen die Modelle all jene Prozesse in der Atmosphäre, die mit Transport von Energie in Form von Wasserdampf zusammenhängen. Das Verdampfen und Kondensieren von Wasser, das Aufbauen und Auflösen von Cumulus-Wolken ist ein derart komplexer und vor allem auch kleinräumiger Prozess, dass die grobmaschigen Modelle ihn nur Ansatzweise nachvollziehen können.

Regenwahrscheinlichkeit zeigt Fehlerquote
Diese Fehlerquote spiegelt sich in der so genannten Regenwahrscheinlichkeit wieder, die in der Wettervorhersage auftaucht. 30% Regenwahrscheinlichkeit bedeutet übrigens nicht, dass es an einem Drittel des Tages regnen wird. Vielmehr spiegelt dieser Wert das statistische Verhältnis von Wettermodell zur Realität: 30% Regenwahrscheinlichkeit heißt, dass es in der Vergangenheit an drei von zehn Tagen mit ähnlicher Modellprognose geregnet hat - und das kann dann sogar 24 Stunden Dauerregen gewesen sein!

Gut beherrschen die Modelle die großräumigen Energieflüsse, vor allem den überregionalen Wind können sie nahezu perfekt vorhersagen, zumindest was seine Richtung betrifft. Weniger genau prognostizieren sie Stärke und Böigkeit, denn diese Faktoren werden viel stärker von den (lokalen) Bedingungen am Boden beeinflusst. Überhaupt darf man die Ergebnisse der Modelle nur als „Durchschnittswetter“ einer relativ großen Region verstehen. Denn die Werte eines Modellgitterpunktes stellen das Mittel des Wetters in den vier umliegenden Quadranten dar.

Eine Maschenweite (Quadrantenbreite) von 55 km führt dazu, dass ein Modellgitterpunkt am Boden das Wetter im Mittel für rund 12.000 Quadratkilometer beschreibt. Das ist immerhin mehr als die Hälfte des Landes Hessen! Selbst das so genannte Lokalmodell des Deutschen Wetterdienstes (DWD), das den Großraum Deutschland mit einer Modellgitterweite von 7 km berechnet, schafft damit nur Durchschnittsprognosen für Flächen in der Größenordnung von einem Drittel des Saarlandes.

Angesichts solcher Werte bleibt natürlich die Frage, wie typische Internet-Wetterdienste (wetter.com, donnerwetter.de, u.a.) überhaupt kleinräumigere Prognosen für Städte oder Postleitzahlenbereiche anbieten können? Das gelingt ihnen zum einen, indem sie die Wetterwerte zwischen den Modellgitterpunkten durch Interpolation ermitteln, was allerdings fehleranfällig ist. Zum anderen vertrauen sie darauf, dass der Nutzer dieser Wetterdatenbanken wenig von Wettermodellen versteht und sich darum vorgaukeln lässt, er bekäme dort besonders genaue Angaben.

Geländeform wird nivelliert
Wie ungenau die Wettermodelle das lokale Wetter abbilden, wird auch deutlich, wenn man sich vor Augen hält, was die große Maschenweite der Modelle mit der Geländeform anstellt. Der Erdboden wird nivelliert, Bergkuppen werden rechnerisch abgetragen und tiefe Täler aufgefüllt, selbst die Alpen werden in der groben Gitterdarstellung zu einer leicht gewellten, 1500 Meter hohen Hochebene. Lokal begrenzten Steigungsregen, den Regenschatten hinter Gebirgszügen oder die Abweichungen lokaler Windsysteme durch die Kanalwirkung eines Tales können die Modelle darum kaum berechnen.

Trotz all dieser Einschränkungen sind die Wettermodelle sehr wertvoll. Denn sie geben wichtige Hinweise darauf, wie sich die Großwetterlage entwickelt, insbesondere wenn man deren Ergebnisse fortlaufend beobachtet. Daraus lässt sich dann mit Erfahrungswerten und aktuellen Beobachtungen vor Ort doch noch hinreichend genau prognostizieren, ob das Wetter an den nächsten Tagen fliegbar wird oder nicht.

In der Praxis sollte man stets die Ergebnisse verschiedener Modelle miteinander vergleichen. Denn kein Modell ist so gut, dass es stets alle Wettersituationen exakt erfassen kann. Jedes bereitet die Daten etwas anders auf, beruht zum Teil auf anderen Formeln. Somit kocht jedes Modell sein Süppchen etwas anders. Und die Wahrheit liegt häufig irgendwo dazwischen.

Die interessantesten Wettermodelle:

GFS
Das Modell des Global Forecasting System der USA ist auch noch unter seinem früheren Kürzel AVN bekannt. Von diesem Modell sind am meisten Daten freizügig im Internet zu haben. Weil es auch noch mit die besten Prognosen liefert, sollte es bei der Flugwettervorhersage immer mit berücksichtigt werden.

ECMWF
Modell des Europäischen Zentrums für Mittelfristprognosen. Daten sind nur für Prognosen ab 3 bis 7 Tagen öffentlich zu haben, gehören dann aber zu den besten. Dennoch dienen sie nur, um die weitere Wetterentwicklung einschätzen zu können.

UKMO
Gutes Modell des britischen Wetterdienstes. Im Internet sind allerdings nur Angaben für die Prognosetage 4 bis 6 frei zugänglich. Für den Vorhersagebereich bis fünf Tage lohnt sich der Blick auf die so genannten Sembach- und Bracknell-Wetterkarten, die auf UKMO basieren.

GME
Die Ergebnisse des vom Deutschen Wetterdienst betriebenen GME-Modells sind lediglich für bis zu drei Tage frei verfügbar. Das ist jedoch zu verschmerzen, denn meist ist das Modell schon für den dritten Tag weniger zutreffend als GFS oder ECMWF.

BOLAM
Das Bolam-Modell ist eine „Lokalversion“ des ECMWF-Modells, die vom italienischen Wetterdienst berechnet wird und ganz Mitteleuropa erfasst. Die Karten sind nur für die nächsten drei Tage verfügbar, stellen aber eine gute Alternative zu GME oder GFS dar.

NMM
Das NMM-Modell der Uni Basel ist eine „Lokalversion“ des GFS-Modells. Es kann die Hydrodynamik der europäischen Atmosphäre besonders genau modellieren. Die Prognosen umfassen jeweils die nächsten drei Tage. Die Strömungs- und Wolkenfilme, die beispielsweise im Tagesthemen-Wetter zu sehen sind, beruhen auf den NMM-Ergebnissen.