Ein Streckenflug mit Luftraumverletzung: Der Flugweg (rot) führte
in Süddeutschland durch die TMA Zürich. Es gab vier Begegnungen
mit Verkehrsflugzeugen (schwarze Pfeile). Der Abstand betrug einmal
nur noch 160 Meter. // Grafik: SUST
Im Mai 2013 kam zu einer schwer wiegenden Luftraumverletzung, als ein Schweizer Gleitschirmpilot auf einem Streckenflug bis nach Süddeutschland flog und dort den sogenannten Nahverkehrsbereich (terminal area = TMA) des Flughafens Zürich kreuzte, einen Luftraum der Klasse C. Vier Verkehrsflugzeuge kamen dabei in seine Nähe, zwei meldeten sogar einen "near miss", d.h. eine Beinahe-Kollision. Von der Luftaufsicht wurde dieser Vorfall als sehr ernst eingestuft. Es wurde eine eingehende Untersuchung eingeleitet. Mehr als ein Jahr später ist nun der Abschlussbericht dazu veröffentlicht worden. Das 30-seitige pdf-Dokument gibt es hier als Download von der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle (SUST).

Folgt man dem Bericht, liegt der Fehler eindeutig beim Gleitschirmpiloten. Obwohl dieser durchaus erfahren war, hatte er sich auf seinen "spontanen" Streckenflug bis nach Süddeutschland nicht entsprechend vorbereitet. D.h. er war sich über die genaue Struktur und Ausdehnung der TMA Zürich in diesem Bereich nicht im Klaren. Und gemäß dem Sprichtwort, ein Fehler kommt selten allein, übersah der Pilot auch noch die Luftraumwarnung, die sein GPS-Vario Skytraxx 2.0 optisch wie akustisch ausgegeben hatte: Er kurbelte munter einen Bart weiter aus, im Glauben, sich schon nördlich außerhalb der TMA zu befinden.

Der Bericht beschreibt diese Situation so: "Denkbar ist, dass er [der Pilot] durch den bisher erfolgreich verlaufenen Streckenflug und durch das Ziel, noch weiter in nordöstlicher Richtung zu fliegen, derart fokussiert war, dass die Luftraumwarnung des Geräts von ihm nicht bewusst als Entscheidungsgrundlage wahrgenommen wurde. Der Gleitschirmpilot hielt sich während 16 Minuten in der TMA LSZH 6, einem Luftraum der Klasse C, auf. Während dieser Zeit kam es zu vier gefährlichen Annäherungen mit Verkehrsflugzeugen, wobei zwei davon Fastkollisionen waren. Gemäss seiner Aussage nahm er diese zwei Flugzeuge wahr. Trotzdem setzte der Gleitschirmpilot seinen Flug fort und entschied sich nicht zum Absinken und damit zum Verlassen des Luftraumes. Er war sich offenbar der Gefahr, in die er sich begab und der er andere aussetzte, nicht bewusst."

Die Frage ist nun, welche Lehre die Behörden aus diesem Vorfall ziehen. Man könnte ihn als einmalige Dummheit/Versehen mit glimpflichen Ausgang abtun. So urteilte auch die SUST erst einmal und verzichtete auf weitere Sicherheitsempfehlungen. Doch zugleich merkten die Experten an, dass neben den "direkten Ursachen" (Versehen) auch "systemische Ursachen" bedacht werden sollten. Und diese lauten: Es gab keine Warnsysteme, die hier funktionieren konnten. Gleitschirme sind ohne Transponder unterwegs und werden deshalb weder vom Bodenradar noch von den Flugzeugen aus frühzeitig "gesehen".

Die Reizschwelle durch weitere "Einzelfälle" dürfte wohl sehr niedrig liegen, bis der Ruf der Flugsicherheitsexperten nach der Einrichtung von transponder-pflichtigen Zonen (TMZ) rund um Flughäfen eindeutig erschallt. Für Gleitschirmflieger wäre das das Ende vieler Streckenträume.