Warum es sich für Streckenflieger lohnt, die Äquipotenzialtemperatur im Blick zu haben.

ThetaE-Karte vom Samstag mittag. Quer über das norddeutsche
Flachland zieht sich ein (gelber) Korridor mit relativ niedrigen
Äquipotenzialtemperaturwerten. // Quelle: wetter24.de
Am vergangenen Samstag wurde im deutschen Flachland überraschend gut geflogen. Vor allem nach Windenschlepp in Cottbus konnten einige Piloten weite Strecken mit den Ostwind bis tief nach Niedersachsen hinein zurücklegen. Hagen Walter flog so bis auf vier Kilometer an die 300er Marke heran. Es ist einer von fünf 200ern, die an diesem Tag von dort aus starteten.

"Glückwunsch an alle Streckenpiloten, die diesen Hammertag nutzen konnten. Dieses Potential konnte keiner ahnen", schreibt Hagen in seinem Kommentar zum Flug. Aber stimmt das wirklich so, war dieser Tag tatsächlich nicht zu erahnen?

Ein gezielter Blick auf bestimmte Wetterkarten hätte hier zumindest schon ein bisschen Vorahnung  verschaffen können. Um gute Tage erkennen zu können, an denen die Thermik in der Höhe sehr zuverlässig durchzieht, empfiehlt es sich, stets auch Wetterkarten für das 850 hPa-Niveau (~1500m MSL) mit Angaben der Äquipotenzialtemperatur (auch ThetaE genannt) zu Rate zu ziehen. Je niedriger ThetaE in einer Region im Vergleich zu umliegenden Luftmassen ist, desto thermikträchtiger geht es dort zu. Das hat mit der Temperatur der Luftmassen in der Höhe 850 hPa und zugleich deren Feuchtigkeit zu tun.

Die Äquipotenzialtemperatur ist ein künstlicher Wert, bei dem Temperatur und Feuchtigkeit miteinander verrechnet werden. Und zwar so: Man nehme die Lufttemperatur in einer bestimmten Höhe, typischerweise 850 hPa. Nun lasse man das Luftpaket rechnerisch aufsteigen (und dabei abkühlen), und zwar so weit, bis sämtliche enthaltene Feuchtigkeit auskondensiert ist. Anschließend senkt man das nun trockene Luftpaket rechnerisch wieder ab, wobei es mit 1°C pro 100m trockenadiabatisch erwärmt wird. ThetaE ist dann die Temperatur, die sich für dieses völlig trockene Luftpaket ergeben würde, wenn man es bis auf 1000 hPa (= idealisierte Meereshöhe) absenkt.

Auf den ThetaE-Karten werden jene Regionen vergleichsweise kühle Temperaturen aufweisen, bei denen auf 850 hPa Luftmassen liegen, die selbst nicht allzu warm und zudem recht trocken sind. Das ist so interessant, weil beide Faktoren dazu beitragen, dass diese Luftmassen besonders thermikträchtig sind. Kühle Luft in der Höhe, bei guter Sonneneinstrahlung und Erwärmung am Boden, sorgt schon einmal für eine gewisse Labilität (=gute Aufstiegsbedingungen). Wenn dann auch noch die relative Trockenheit auf 850 hPa hinzu kommt, wird es den Thermikblasen zusätzlich einfacher gemacht, nach oben zu drängen.

Thermiken bringen i.d.R. etwas mehr Feuchte aus Bodennähe mit. Feuchte Luft hat eine geringere Dichte und ist deshalb per se etwas leichter als trockene Luft gleicher Temperatur. Trockene Höhenluft kann dann wie ein Thermikbooster wirken. Die ThetaE-Prognosen vom Samstagmittag zeigen, dass im norddeutschen Flachland eine schöner thermikträchtiger Korridor zu erwarten war.

Übrigens: Die Werte von ThetaE sollte man nie absolut, sondern immer relativ betrachten. Im kühleren Frühjahr versprechen ThetaE-Werte im niedrigen 30er-Bereich und darunter interessante Thermikbedingungen (wenn die anderen Parameter wie Wind, Sonneneinstrahlung etc. stimmen), im Sommer können auch Äquipotenzialtemperaturen im niedrigen 40er-Bereich das Fliegerherz erfreuen. Für gebirgige Regionen wie den Alpen ist es ratsam, auch die ThetaE-Karten für das 700-hPa-Niveau (~3000m) zu Rate zu ziehen.

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