Vogelschutzgebiete hätten zu großen Hürden fürs XC-Fliegen in Deutschland werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hat das abgewendet.
Patchwork von FFH- und Vogelschutzgebieten in Deutschland. // Quelle: BfN |
Im vergangenen Jahr gab es eine für die Gleitschirmszene brisante Entwicklung. Einem Unternehmen, das in Niedersachsen Ballonfahrten anbietet, war von den Naturschutzbehörden untersagt worden, mit seinen Ballons in weniger als 600 Meter Höhe über Vogelschutzzonen im Steinhuder Meer zu fliegen. Da Startgelände für die Ballons im direkten Umland lagen, bedeutete das de facto eine Art Flugverbot.
Das Ballonunternehmen klagte dagegen, bekam allerdings erst einmal nicht Recht. Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht war der Ansicht, dass die Mindestflughöhen aus Gründen des Natur- und Vogelschutzes gerechtfertigt sind. Die europäische FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie hätten einen "Anwendungsvorrang" gegenüber dem Luftverkehrsrecht.
Gefährlicher Präzedenzfall
Dieses Urteil hatte das Zeug zu einem auch für Gleitschirmflieger möglicherweise gefährlichen Präzedenzfall zu werden. Es hätte als Beispiel dienen und Naturschutzbehörden auch in anderen Bundesländern dazu animieren können, ihrerseits Mindestflughöhen über Vogelschutzgebieten in die Schutzverordnungen mit aufzunehmen und bei Bedarf gerichtlich durchzusetzen. Etwas extrem gedacht, hätte daraus mit der Zeit in Deutschland ein ganzer Flickenteppich von kleinen, dem Natur- und Vogelschutz verschriebenen Lufträumen entstehen können.
Diese Entwicklung stand für Gleitschirm- und Segelflieger als regelrechtes Horrorszenario im Raum. Denn beim Planen und Durchführen von Streckenflügen wäre man gezwungen gewesen, bei der Routenwahl die vielen kleinen Schutzzonen mit jeweils u.U. auch noch speziellen Höhenregelungen zu berücksichtigen. Und da man auf Thermiken angewiesen ist, um nicht unter die in Schutzverordnungen definierten Mindesthöhen zu sinken, wären manche Routen mit Absaufrisiko regelrecht gesperrt worden. Das wird aber nicht so kommen!
Naturschutzbehörden können keine Flughöhen festlegen
Das oben genannte Ballonfahrunternehmen ging in Revision und brachte den Fall vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Zu klären war die Frage: Kann Naturschutzrecht tatsächlich in die Domäne des Luftverkehrsrechts eingreifen? Die Richter des BVG kamen in ihrem Urteil zu einem klaren Schluss (s. Pressemitteilung des Gerichts von Ende Januar):
Eine Naturschutzbehörde ist nicht befugt, eine Flughöhenfestlegung im Wege einer Naturschutzgebietsverordnung für Luftfahrzeuge anzuordnen. Diese Sperrwirkung folgt aus dem Regelungskonzept des Luftverkehrsgesetzes, für das der Bund insoweit abschließend von seiner ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit für das Luftverkehrsrecht Gebrauch gemacht hat. Hiernach können Beschränkungen der Nutzung des Luftraums nur durch das Bundesverkehrsministerium erfolgen. Dies gilt auch, wenn Europäisches Naturschutzrecht es verlangt, Gebiete mit Flugbeschränkungen zu belegen. Die gebotene Bestimmtheit der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung schließt es aus, dass verschiedene Behörden zur verbindlichen Regelung einer Frage nebeneinander zuständig sind.
1 Kommentare
Leider besteht in Österreich die Problematik von Luftraumbeschränkungen durch Schutzgebiete besonders hinterlistig. Ein Schutzgebiet erlässt eine Flugbeschränkung. Die wird vom Bundesland abgesegnet und in kaum auffindbaren Gesetzestexten veröffentlich. Sie sind weder in den offiziellen Luftfahrtkarten zu sehen noch als solche in einem NOTAM zu finden. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt oder die AustoControl sieht sich nicht zuständig. Näheres zu lesen unter https://www.rogersdata.at/pdf/Naturschutzrechtliche%20Regelungen%20fliegerische%20Einschränkungen.pdf Eins von vielen Beispielen: Schutzgebiet Kanisfluh mit Mindestflughöhe von 300 m Grund. Zu finden bei https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrVbg&Gesetzesnummer=20001603 Bussen von 5000 Euro wurden schon verhängt.
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