Windräder bedrohen den Flugbetrieb in Wenholthausen. Der Fall wirft einen Schlagschatten auf die Zukunft nicht nur dieses Geländes. 

Enorme Windräder sind nicht nur im Sauerland geplant.
// Quelle: SauerlandAIR
 
Wenholthausen gilt als eins der wichtigsten und am stärksten frequentierten Fluggelände im Sauerland. Mit seiner breiten Startwiese ist es sogar für große Wettbewerbe geeignet. Schon Anfang der 2000er Jahre erkannte der lokale Verein SauerlandAIR den besonderen Wert. Er nahm einen Kredit auf und kaufte die Fläche des Startplatzes, um damit den Flugbetrieb dauerhaft zu sichern. 

Mittlerweile ist der Kredit abbezahlt. Aber für die Zukunft der Fliegerei in Wenholthausen gibt es schlechte Nachrichten. Und die bergen auch die Erkenntnis, dass dahinter mehr steckt als nur ein lokales Problem.

Im Dienste des Klimaschutzes und der Energieversorgung sollen in den kommenden Jahren deutschlandweit Windkraftanlagen und -standorte massiv ausgebaut werden, vor allem auch in den Mittelgebirgen. Allein im Hochsauerlandkreis, in dem Wenholthausen liegt, gibt es Pläne für rund 650 Windräder. Das entspricht einer Vervierfachung der Zahl der aktuell dort bereits laufenden Anlagen.

Bei Wenholthausen hat der regionale Energieversorger HochsauerlandEnergie GmbH sechs Windkraftanlagen geplant, die im größeren Umfeld des Gleitschirmstartplatzes gebaut werden sollen. Vor dem Startplatz bleibt den Plänen nach zwar alles frei, das Starten selbst wäre somit nicht gefährdet. Aber eins der Windräder ist SauerlandAIR ein besonderer Dorn im Auge. Es soll genau an der Stelle des Bergrückens platziert werden, wo bekanntermaßen der Hausbart steht, der von fast allen Fliegern in Wenholthausen genutzt wird. 

Beim Aufdrehen würde man bei Wind direkt in die Fläche des drehenden Rotors versetzt, zumal dieser bis zu 260 Meter über das Gelände reichen soll. Statt eines Thermikeinstiegs gäbe es dort de facto eine No-Fly-Zone. Ein sicherer und XC-trächtiger Flugbetrieb wäre in Wenholthausen kaum noch zu gewährleisten.


"Windkraft natürlich – aber nicht so"

Nachdem der Verein im Sommer von den Bauplänen erfahren hatte, suchte er nach eigenen Angaben das Gespräch mit den zuständigen Behörden und dem Energieversorger. Ziel war es, zumindest für diese eine, besonders störende Anlage noch mögliche Alternativen anzuregen. Allerdings blieb der Versuch ohne Erfolg. Von der anderen Seite gab es keine Bereitschaft zur Planungsänderung, stattdessen Anfang Oktober die Genehmigung für das Projekt.

SauerlandAIR will das nicht einfach so hinnehmen. Unter dem Kampagnen-Titel "Windkraft natürlich – aber nicht so!" plant der Verein, juristisch dagegen vorzugehen. Angeblich gibt es Hinweise, wonach der kürzlich erlassene Genehmigungsbescheid von den Behörden rückdatiert wurde, um bestimmte Fristen einzuhalten. Sollte sich das beweisen lassen, hätte eine Klage vielleicht eine Chance auf Erfolg. Allerdings ist so ein Verfahren teuer. Der Vorstand des Vereins hat für Ende November eine außergewöhnliche Hauptversammlung einberufen, um die Zustimmung seiner Mitglieder einzuholen, für die Finanzierung notfalls sogar erneut einen Kredit aufzunehmen.


Konsequenzen für den Flugbetrieb abmildern

Der Fall Wenholthausen sollte nicht nur die lokalen Gleitschirmflieger im Sauerland aufrütteln. Er wirft einen Schlagschatten auf viele andere Regionen und Gleitschirmgelände, denen der erwartbare Zuwachs an Windkraftanlagen im Land regelrecht auf die Pelle rücken könnte.

Da Windräder vor allem im Mittelgebirge hauptsächlich auf Höhenzügen errichtet werden, zeichnet sich eine wachsende Konkurrenz mit dort liegenden Startplätzen bzw. Flugbereichen ab. Der Ausbau der Erneuerbaren wird unweigerlich zu Einschränkungen bei Start- und Flugmöglichkeiten führen. Das geht über die unmittelbare Startplatznähe hinaus und betrifft auch das Streckenfliegen. Windhöfige Kuppen als Standorte für Windkraftanlagen sind häufig auch klassische Abrissstellen für Thermiken. Mit einem Windrad bestückt, bleibt dort ein tiefer Einstieg ausgeschlossen.

Allgemein aufhalten lässt sich diese Entwicklung nicht, zumal sie klimaschutztechnisch und energiewirtschaftlich ja auch vielerorts sinnvoll ist. Allerdings lohnt es sich vielleicht im Detail genauer hinzuschauen, um frühzeitig im Dialog allzu einschneidende Konsequenzen für den Flugbetrieb abzumildern und Kompromisse zu finden.

Im vergangenen Jahr hatte der DHV in einer Rundmail (pdf) allen Geländehaltern empfohlen, besonders aufmerksam und immer wieder die Planung von Flächen für Windkraftanlagen, Stromtrassen und Solarparks in der Nähe von Fluggeländen im Auge zu behalten. Die Hinweise sind aktueller denn je.