Wettermodelle liegen des Öfteren etwas daneben. Ensemble-Prognosen helfen, die Genauigkeit von Vorhersagen besser einschätzen zu können
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| Eine Ensemble-Prognose für Fiesch. Je breiter die Farbflächen werden, desto weniger kann man den "exakten" Werten einer Prognose trauen. // Quelle: Kachelmannwetter.com |
Laut Prognose sollen gut fliegbare Bedingungen vorherrschen, aber am Startplatz trifft man dann doch auch viel stärkeren Wind als die Modelldaten erwarten ließen. Oder statt zwei Achtel gibt es in der Realität sieben Achtel Bewölkung, was die Thermikentwicklung zunichte macht. Jeder hat schon mal solche Enttäuschungen erlebt...
Gerne schimpfen wir dann auf die fehlerhaften Prognosen. Doch letzten Endes ist das etwas zu kurz gedacht. Denn die Wetterentwicklung ist ein in vielen Teilen chaotischer Prozess, bei dem man akzeptieren muss, dass manche Entwicklungen anders verlaufen als gedacht.
Das liegt auch daran, dass die Grunddaten, die als Ist-Zustand der Atmosphäre in die Wettermodelle eingespeist werden, in der räumlichen Auflösung noch immer recht grob sind. Die Modelle können damit schon vom Prinzip her das Wetter nur näherungsweise erfassen. Es steht ja nicht alle zwei Kilometer eine Wetterstation, mit deren Daten sich zum Beispiel das Grundraster eines ICON-D2 Modells punktgenau füllen ließe.
Aus diesem Grund nutzen Profi-Meteorologen gerne noch einen ganz anderen Typus von Vorhersagen: sogenannte Ensembles. Es sind mächtige Werkzeuge, die vor allem dabei helfen, die Unsicherheiten sichtbar zu machen. Mit ihnen kann man erkennen, welche Bandbreite eine mögliche Wetterentwicklung haben könnte.
Was sind Ensemble-Prognosen?
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| Erwartbarer Niederschlag um den Jahreswechsel in Kössen laut ECMWF-Ensemble. // Quelle: Wetterzentrale.de |
Jedes der sogenannten Ensemble-Mitglieder (Members) startet mit leicht abweichenden Anfangsbedingungen oder minimalen Veränderungen in anderen Modellparametern. Am Ende liefern sie damit Ergebnisse, die mal mehr, mal weniger stark voneinander abweichen.
Die Atmosphäre ist ein chaotisches System. Bei labileren Wetterlagen können schon kleine Unterschiede im Anfangszustand große Auswirkungen auf die spätere Wetterentwicklung haben. Bei einer stabileren Wetterlage, z.B. im Bereich großer Hochdruckgebiete, gibt es in der Regel weniger Überraschungen.
Liegen die Ergebnisse der Ensemble-Mitglieder eng beieinander, dann ist die Vorhersage des Wetters zu diesem Zeitpunkt relativ sicher. Streuen sie hingegen weit, steigt die Prognose-Unsicherheit für diesen Zeitpunkt. Anhand der Ensembles kann man erkennen, an welchen Tagen man sich auf eine spezifische Prognose weitgehend verlassen kann, und wann man weniger darauf vertrauen sollte.
Wichtig zu wissen: Ensemble-Prognosen können deterministische Wettermodelle nicht ersetzen. Sie helfen uns nur dabei, das Ausmaß der Unsicherheit in der Prognose besser einzuschätzen.
Die Atmosphäre ist ein chaotisches System. Bei labileren Wetterlagen können schon kleine Unterschiede im Anfangszustand große Auswirkungen auf die spätere Wetterentwicklung haben. Bei einer stabileren Wetterlage, z.B. im Bereich großer Hochdruckgebiete, gibt es in der Regel weniger Überraschungen.
Liegen die Ergebnisse der Ensemble-Mitglieder eng beieinander, dann ist die Vorhersage des Wetters zu diesem Zeitpunkt relativ sicher. Streuen sie hingegen weit, steigt die Prognose-Unsicherheit für diesen Zeitpunkt. Anhand der Ensembles kann man erkennen, an welchen Tagen man sich auf eine spezifische Prognose weitgehend verlassen kann, und wann man weniger darauf vertrauen sollte.
Wichtig zu wissen: Ensemble-Prognosen können deterministische Wettermodelle nicht ersetzen. Sie helfen uns nur dabei, das Ausmaß der Unsicherheit in der Prognose besser einzuschätzen.
Was bringen Ensembles?
Für Gleitschirm- und Drachenpiloten bieten Ensemble-Prognosen gleich mehrere Vorteile:- Bessere Einschätzung der Vorhersageunsicherheit: Man erkennt, ob die Wetterlage prognostisch stabil ist oder ob größere Unsicherheiten bestehen – etwa im Umfeld von Frontdurchgängen, bei Gewitterlagen oder starken Windänderungen.
- Wahrscheinlichkeitsaussagen: Anstatt sich auf eine einzelne Prognose zu verlassen, kann man Wahrscheinlichkeiten für gutes Flugwetter, Regen, Wind oder Wolkenbedeckung ablesen.
- Langfristige Planung: Gerade bei mehrtägigen Flugunternehmungen helfen Ensembles, typische Risikotage besser zu erkennen und mögliche Alternativen einzuplanen.
- Früherkennung von Extremen: Ensembles zeigen, wie wahrscheinlich störende Wetterereignisse wie Regen, stärkerer Wind oder eine starke Bewölkung sind.
Ensemble-Meteogramme
Kachelmannwetter.com oder auch der Wetterzentrale.de (s. Beispiele oben).Die beste bzw. für Gleitschirmflieger in meinen Augen hilfreichste Aufbereitung gibt es vom Europäischen Wettermodell ECMWF. Dessen Ensemble-Prognosen liefern mit 51 „Members“ auch die statistisch aussagekräftigste Datengrundlage. Zudem werden die Ensembles für einen Zeitraum von bis zu 15 Tagen berechnet.
ECWMF bietet direkt auf seiner Website (charts.ecmwf.int) Dutzende verschiedener Grafiken an, in denen die Ergebnisse der Ensembles aufbereitet sind. Dafür wählt man unter „Product Type“ die Untergruppe „Ensemble Forecasts (ENS)“.
Besonders nützlich für Flieger sind die Ensemble-Meteogramme („ENS Meteograms“). Hierbei handelt es sich um Punktprognosen für einzelne Orte. Empfehlenswert sind die Darstellungen „10day ENSgrams“ oder „15days ENSgrams“. Sie nutzen spezielle Kerzendiagramme, auch Boxplots genannt. Aus ihnen lässt sich für vier Variablen (Bewölkung, Niederschlag, Temperatur, Wind) die statistische Variabilität in den Ergebnissen der Ensemble-Members ablesen. Wie man die Box-Plots lesen und interpretieren kann, erkläre ich weiter unten.
Den jeweiligen Bezugspunkt der Meteogramme, d.h. den Ort der Prognose, kann man über eine Suchfunktion unter „City“ auswählen.
Praxistipp: Wer eh auch mit Burnair arbeitet und auf der Website oder in der App regelmäßig aktuelle Startplatzprognosen abruft, findet weiter unten im Datenfenster zu jedem Startplatz auch einen weiterführen „ECMWF Direktlink“, der zum zugehörigen ENS Meteogramm führt.
Die Ensemble-Meteogramme des ECMWF nutzen sogenannte Boxplots, um die Unsicherheit und Bandbreite von Wetterprognosen für einen bestimmten Ort und Zeitraum anschaulich darzustellen. Die Boxplots sehen aus wie eine Kerze, die sich in Stufen (Boxen) verjüngt und an beiden Enden jeweils noch einen dünnen Docht aufweist.
Im Meteogramm gibt es für jede Variable und Zeitstufe (6 Stunden beim 10day ENSgram bzw. 24 Stunden beim 15day ENSgram) jeweils einen Boxplot. Dieser gibt statistische Werte grafisch wieder:
Bleiben die Boxen flach und die Dochte kurz, dann sind sich die Modelle über das Ensemble hinweg relativ einig. In so einem Fall ist die Prognose stabil und zuverlässig.
Wie liest man Boxplots?
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| Grafik: Lu-Glidz |
Im Meteogramm gibt es für jede Variable und Zeitstufe (6 Stunden beim 10day ENSgram bzw. 24 Stunden beim 15day ENSgram) jeweils einen Boxplot. Dieser gibt statistische Werte grafisch wieder:
- Median (Linie in der Box): Die Hälfte aller Ensemble-Läufe liegt über, die andere Hälfte unter diesem Wert. Eine Wetterentwicklung in diesem Bereich ist am wahrscheinlichsten.
- breite Box (25%- bis 75%-Quartil): Im Bereich der breiteren Box liegen die Ergebnisse der mittleren 50% aller Modellläufe. Je weniger langgestreckt diese Box ist, desto ähnlicher sind sich die Members – und desto sicherer ist die Prognose.
- schmalere Box (10% bis 90% Perzentil): Sie zeigen die Spannweite, in der fast alle Ensemble-Mitglieder liegen. Nur jeweils 10 Prozent weisen noch höhere oder tiefere Werte auf.
- Docht: Die Länge der Linie gibt die jeweiligen Extreme in den Ergebnissen wieder.
Tipps zur Auswertung
Bleiben die Boxen flach und die Dochte kurz, dann sind sich die Modelle über das Ensemble hinweg relativ einig. In so einem Fall ist die Prognose stabil und zuverlässig.
Ein Beispiel: Alle Members zeigen keinen Niederschlag und schwachen Wind von unter 15 km/h. Man kann damit rechnen, dass sichere Bedingungen für einen Flug herrschen. (In der Praxis aber bitte immer auch Höhenwind checken!)
Ziehen sich die Boxen und Dochte hingegen in die Länge, dann streuen die Ergebnisse stark und in der Prognose herrscht größere Unsicherheit. Hier ist Vorsicht geboten, besonders wenn die Unsicherheit die zwei für die Flugsicherheit besonders entscheidenden Parametern betrifft: Windstärke und Niederschlag.
Die Lage des Medians und die Ausdehnung der Boxen nach oben und unten geben Hinweise auf die Prognosesicherheit. In der Grafik oben sind drei typische Beispiele dargestellt:
Ziehen sich die Boxen und Dochte hingegen in die Länge, dann streuen die Ergebnisse stark und in der Prognose herrscht größere Unsicherheit. Hier ist Vorsicht geboten, besonders wenn die Unsicherheit die zwei für die Flugsicherheit besonders entscheidenden Parametern betrifft: Windstärke und Niederschlag.
Die Lage des Medians und die Ausdehnung der Boxen nach oben und unten geben Hinweise auf die Prognosesicherheit. In der Grafik oben sind drei typische Beispiele dargestellt:
- Sicher: Eine flache Box steht für eine geringe Streuung im Ensemble. Die Prognosen sind ziemlich sicher.
- Hohes Risiko: Der Median sitzt hier eher unten in der breiten Box. Niedrige Werte sind den Prognosen nach wahrscheinlich, man muss aber mit extremeren Abweichungen rechnen.
- Mittleres Risiko: Ein Median hoch in der Box lässt eher wenig Abweichung nach oben erwarten. Sind auch die höheren Werte (z.B. Wind) in einem „sicheren“ Bereich, muss man wenig fürchten.
Ensembles in der Praxis
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| 10-Tage-Ensemble. Im rot umrandeten Bereich gibt es nur bei der Bewölkung eine größere Unsicherheit. // Quelle: ECMWF (klick ins Bild zum Vegrößern) |
Man kann auch ruhig mal die Abfolge der Flugwetter-Analyse umkehren: Man schaut als Erstes in die Ensemble-Prognosen für einen bestimmten Standort (Startplatz). Zeichnet sich dort in den nächsten Tagen ein guter Flugtag (kein Niederschlag, schwacher Wind, Bewölkung bei 2-4 Achtel) mit flachen Boxplots ab, dann lohnt es sich, für diesen Tag auch die deterministischen Prognosen der Großwetterlage und schließlich auch der Thermikmodelle genauer in Augenschein zu nehmen. Dann hat man eine gute Chance, die mit hoher Wahrscheinlichkeit guten Tage zu erwischen.
Abschließend noch die Erläuterungen zur letzten Grafik: Die Ensemble-Prognosen versprechen für Freitag (rot umrandet) einen möglicherweise guten Flugtag in Dernau: Es wird nicht zu heiß, es herrscht ein schwacher Grundwind unter 15 km/h in allen Members, kein Niederschlag. Nur bei der Bewölkung (Total Cloud Cover, oberste Reihe) bleiben die Prognosen uneindeutig. Der Hauptlauf (blaue Linie) verspricht zwar weniger als zwei Achtel Bedeckung. Doch laut Ensemble (Median und 75%-Perzentil) könnte die Bedeckung ab Mittag auch deutlich stärker ausfallen.
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Eine weitere Möglichkeit, Dich wettertechnisch weiterzubilden, sind die Online-Meteoseminare von Lu-Glidz. Alle Themen und Termine kündige ich hier im Blog an. Aktuell steht am 7. Januar 2026 das Seminar "Windy & mehr" an. Ein perfekter Refresher für den Start in die nächste Saison.
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