Kurz angetestet hatte ich den Chili 3 schon. Mittlerweile konnte ich den Schirm etwas umfangreicher erproben, in unterschiedlichen Settings. Geflogen bin ich die Größe S (80-100kg) mit rund 93-95 kg - im Starkwind soarend am Dreiser Weiher (Eifel), über 2 Stunden in Flachlandthermik (Windenstarts in Hohenunkel am Rhein) sowie mehrere Stunden bei unterschiedlichen thermischen Bedingungen in Bassano (mit ein paar hackigen Ecken bis 5 m/s). Mein Dank geht an Martin Lehmann von Planet Para, der mir den Chili freundlicherweise als Testschirm zur Verfügung gestellt hat.

Mit dem Chili 3 in Bassano
Bei neuen Schirmen ist immer interessant, inwieweit die schönen Marketingaussagen der Hersteller mit den eigenen Erfahrungen in Deckung zu bringen sind. Vom Chili 3 von Skywalk heißt es, er vereine sehr gute Gleit- und Steigleistung mit einem ansprechenden, leichtgängigen Handling. Unterm Strich trifft das meiste davon auch zu, allerdings lohnt es sich, etwas differenzierter hinzuschauen. Denn der Schirm ist deshalb nicht gleich in allen Belangen ein Überflieger. (Ich kenne aber auch keinen Schirm, von dem ich das uneingeschränkt behaupten würde ;-)). )

Ein Wunsch der Skywalk-Konstrukteure beim Design des Chili 3 ist unschwer zu erkennen. Der Schirm soll Novas Mentor 2 bzw. Mentor 3 Paroli bieten können, also jenem Schirmtyp, der sich in den vergangenen 2 Jahren den Ruf als Leistungsmaß unter den High-End EN-B-Modellen erflogen hat. Im Ergebnis sind einige der technischen Grunddaten nahezu identisch (was übrigens in ähnlicher Weise auch auf weitere Konkurrenten dieser Klasse wie Eden 5, Hook 3, Rook, Mistral 7 zutrifft...): 51 Zellen, eine moderate Streckung von 5,5, rund 240 Leinenmeter in der Größe S und eine Flächenbelastung an der Oberkante von rund 3,8 kg/m². Skywalk legt allerdings bei kleineren Konstruktionsmerkmalen noch eine Schippe drauf: Doppeltes 3-D-Shaping an der Eintrittskante und lange C-Wires an jeder aufgehängten Rippe am Obersegel sollen die Profiltreue im Flug verbessern. Ob am Ende der Chili dem Mentor leistungsmäßig überlegen ist, mögen andere Piloten beurteilen. Das Herauszufinden war nicht Sinn dieses Tests! Mir geht es um Flugspaß, nicht um Nachkommazahlen. Und der Spaß kommt beim Chili jedenfalls nicht zu kurz.

Der Chili 3 ist ein guter Starter.
Starten: Einfach. Eine der Stärken des Chili 3. Die wenigen, auf den 3 Ebenen unterschiedlich gefärbten Leinen sind schnell sortiert. Leicht bogenförmig ausgelegt, füllt sich die Kappe sehr gleichmäßig, auch oder gerade wenn man sie nur mit den inneren A-Gurten aufzieht. Dabei braucht der Flügel keinen ausgeprägten Impuls und muss während der Steigphase auch nicht stetig beschleunigt werden. Lässt man die A-Gurte lang, schwingt der Chili 3 gleichmäßig flott nach oben und lässt sich problemlos ohne Hebeln oder Vorschießen über dem Piloten abstoppen, von Null- bis zu Starkwind. Verkürzte A-Gurte und zuviel Druck im Segel (z.B. ein allzu forsches Anziehen des Schleppseiles) quittiert die Kappe freilich damit, dass dieses mehr an Energie sofort in Höhe umgesetzt wird. Wer vom Chili 3 am Start ausgehebelt wird, sollte es mal mit deutlich weniger Impuls probieren. Die Abhebegeschwindigkeit ist erstaunlich gering.
Abstriche am Startverhalten müssen nur die Freunde der Kobrastarttechnik machen. Die Leinenanlenkung, bei der die äußeren 6 Zellen nur von der Stabiloleine (auf B) gehalten werden, macht hier ein sauberes Füllen "mit dem Ohr voran" schwer.

Windenstart: Sehr einfach. Der Windenfahrer sollte allerdings anfangs nur wenig Zug geben, sonst wird der Pilot schnell mal ausgehebelt. Die Steigphase am Seil ist ruhig. Richtungskorrekturen verlangen etwas mehr Bremseinsatz als man es vom normalen Kurvenflugverhalten her erwarten würde.

Landen: Einfach - Mittel. Die gute Gleitleistung verlangt eine etwas großräumigere Landeeinteilung. Aufsteiger in diese Klasse dürften anfangs überrascht sein, wie weit sie "drübersegeln". Wer den Flügel im Landeanflug laufen lässt, sollte den Flare sehr vorsichtig einleiten, weil die Energie sonst sofort in Höhe umgesetzt wird. Die Strömung reißt, wie auch bei anderen Skywalk-Schirmen mit den Jetflaps im Segel, relativ spät ab.

Raffsystem an der Bremse
Bremsen: Die Bremsleinen des Chili 3 sind ab Werk erstaunlich lang eingestellt. Selbst im voll beschleunigten Zustand bleibt noch ein deutlicher Vorlauf von über 5 cm. Für ein etwas direkteres Ansprechen könnte je nach Flugstil (Wickeltyp) ein Verkürzen um 2-3 cm sinnvoll sein. Dennoch muss man im Normalflug die Hände nicht ständig unterhalb der Karabiner vergraben. Die Bremse ist schon früh wirksam. Mehr als 30 cm Zug sind selten nötig. In diesem Bereich sind die Bremskräfte auch sehr gering. Das erlaubt ein langes, ermüdungsfreies Fliegen. Umsteiger von Schirmen mit hohem Bremsdruck wird diese "Servo-Lenkung" anfangs verwirren, weil sie einem das Gefühl vermittelt, den Schirm nicht richtig "im Griff" zu haben.  Doch je länger man damit fliegt, desto mehr lernt man, dass soft in diesem Fall nicht schwammig und ungenau bedeutet. Man muss nur seine gewohnten Referenzdrücke neu eichen.

Kappenfeedback: Die softe Bremse hat den Effekt, dass man über diesen Kanal relativ wenig über den Zustand der Schirmkappe erfährt. Kleine Entlaster hört man rascheln, aber bekommt sie kaum als Druckänderung an der Bremse angezeigt. Auch hier muss man seine Sinne neu eichen, um getimte Bremsausschläge zur Stabilisierung der Kappe auch präventiv setzen zu können. Ähnliches gilt für die Luftbewegungen. Ich kenne Schirme, an denen man die Stärke einer Thermik gut anhand des Bremsdruckes ableiten kann. Beim Chili funktioniert das kaum. Erst bei deutlich gezogener Innenbremse wird die Kappe über die Bremse mitteilsamer - allerdings erst tief in dem für ein normales Thermikfliegen nötigen Arbeitsbereich.
Wer den Chili "lesen" will, muss sich weitgehend auf sein Popometer verlassen. Das wird aber gut mit Infos gefüttert. Druckunterschiede an den Flügelhälften werden eindeutig und fein differenziert über die Tragegurte an den Piloten übermittelt. Dabei ist es sinnvoll, ihnen auch nachzugeben. Ein Pilot, der sich bewusst auf das aktive "Kartoffelsackfliegen" einlässt, wird mit einer erstaunlich stabilen Kappe belohnt. In meinem ersten Angetestet-Bericht zum Chili 3 hatte ich noch das häufigere, unangekündigte Einrollen der Ohren moniert. Mit einer lockereren Hüfte verblasst diese Kritik. (Diese Charakteristik bedeutet vermutlich auch, dass das Gurtzeug und dessen Einstellung beim Chili 3 einen überdurchschnittlich großen Einfluss auf die Kappenstabilität haben dürfte).

Gewichtssteuerung: Auf Gewichtseinsatz reagiert der Chili 3 mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung. Dieser Mangel an Nervosität ist im Alltag positiv, da man die lockere Hüfte braucht, um kurze Entlaster der relativ weichen Kappe abfangen zu können, ohne jedesmal in ein leistungsminderndes Schlingern zu geraten. Piloten mit Freestyle-Ambitionen könnten das dennoch als Manko erleben. Ein Aufschaukeln und Drehen der Kappe nur über die Gewichtsverlagerung braucht etwas Zeit. (Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass der Schirm gerade in diesem Punkt an Spritzigkeit zulegt, wenn man ihn etwas höher belastet fliegt, als ich ihn geflogen bin).

Kurvenflug: Trotz des verzögerten Ansprechens auf Gewichtsverlagerung erweckt der Chili 3 in  Kurven keinen trägen Eindruck. Im Gegenteil: Das Kurvenfliegen ist geradezu die Paradedisziplin des Flügels. Es vermittelt ein sattes Carver-Feeling. Einmal die gewünschte Schräglage eingestellt, bleibt der Chili einfach drin. Man kann sogar getrost die Bremsen leistungsfördernd wieder etwas lösen, der Flügel zieht weiter wie auf Schienen. Für langes, entspanntes Thermikfliegen ideal.
Dennoch hat dieser Charakter auch seine Kehrseite: Der Chili wird ungern aus seiner einmal gewählten Kurvenstellung und -ruhe gebracht. Ein Nachdrücken in engen, kräftigen Steigkernen einer Thermik nimmt der Flügel nur verzögert an. Überhaupt scheint der Flügel eine Art Lieblingsschräglagenbereich zu haben, in der er sehr ruhig und mit wenig Kurvensinken seine Kreise zieht. Will man ihn steiler stellen, braucht es etwas Überredungskunst, um über den Kipppunkt hinwegzukommen. Diese Eigenschaft zeigt sich auch bei der Einleitung der Steilspirale.

Thermikeigenschaften: Der "runde" Kurvenflug ohne großen Bremseinsatz macht das Thermikfliegen mit dem Chili zum Genuss und sehr effektiv. Hinzu kommt eine angenehme Pitch-Stabilität. Das Ein- und Ausfliegen aus den Thermiken oder wechselnden Steigzonen geht ohne übermäßige Nickbewegungen vonstatten. Von der Anschauung her reagiert z.B. ein Mentor dabei deutlich "lebendiger" und verlangt nach einem aktiveren Piloten. Vielleicht erweckt der gedämpftere Chili auch deshalb den Eindruck, etwas besser zu steigen. Als Steigwunder in allen Lebenslagen würde ich ihn dennoch nicht bezeichnen, da z.B. das schnelle und effektive Nachzentrieren in engen, zerrissenen Thermiken mit einem etwas dynamischeren Schirm sicher leichter von der Hand geht.

Beschleuniger: Der Chili 3 lässt sich sehr kraftsparend und effizient beschleunigen. Halb getreten legt er um rund 5 kmh zu, voll beschleunigt kommen nochmals 6-7 kmh drauf. Dabei ist für einen B-Schirm beeindruckend, wie wenig das Sinken selbst "Rolle auf Rolle" zunimmt, d.h. wie flach die Polare verläuft. Aussagekräftige Leistungsvergleiche kann ich aber nicht liefern. Der Schirm erweckt auch voll beschleunigt einen beruhigend stabilen Eindruck.

Ohren anlegen: Bei nur 2 Stammleinen fallen die Ohren entsprechend groß aus und erweisen sich als effektive Abstiegshilfe. Bei mir waren die Ohren stets ruhig, doch habe ich in Bassano auch andere Piloten gesehen, die bei ihren neuen Chilis mit schlagenden Ohren und der entsprechenden Unruhe im Schirm zu kämpfen hatten. Angeblich soll die richtige Griffhöhe bei der Einleitung (auf Höhe der kleinen Skywalk-Ohrlaschen an den äußeren A-Gurten) dieses Problem beheben. Die Gewichtssteuerung mit angelegten Ohren erweist sich auch wieder als etwas träge, oder nennen wir es: gedämpft.

B-Stall: Ich habe in einem Video gesehen, dass es geht. Selbst habe ich das Manöver nicht voll durchgezogen. Ein Test bis zur Überwindung des Anfangswiderstands zeigte, dass der B-Stall richtig Kraft verlangt. Schwächere Piloten (oder Pilotinnen) könnten hiermit ihre Probleme haben.

Steilspirale: Ist sauber zu fliegen, lässt sich gut dosieren und soft wieder ausleiten. Bei einer langsamen Einleitung sperrt sich der Flügel allerdings ein wenig, über seine "Lieblingskurvenneigung" hinaus zu gehen. Er zeigt kein lineares Abkippen.

Frontklapper: Keine Auffälligkeiten.

Seitenklapper: Ich habe kleinere und größere Klapper bis 75% gezogen (nur unbeschleunigt). Der Einleitewiderstand ist hoch. Kleine Klapper poppen gleich wieder auf, nur am Ohr etwas verzögert, allerdings ohne nennenswerte Richtungsänderung. Bei größeren Klappern sieht die Sache schon anders aus: Da zeigt sich, warum der Chili nicht als low-end EN-B durchgehen kann. Ohne Piloteneingriff dreht der Flügel schnell um 90-180° ab und ist erst nach einem Vollkreis wieder vollständig offen. Mit einem gehaltenen Klapper geht es in einer Spirale abwärts. Aufsteiger könnten von diesem Verhalten durchaus überrascht werden, zumal der Flügel ansonsten einen eher zahmen Eindruck macht. Allerdings braucht es auch nur wenig Bremse auf der Außenseite, um die Drehung zu stoppen, geradeaus oder sogar in die Gegenrichtung zu fliegen. Der eingeklappte Flügel mag es, mit der Bremse aufgepumpt zu werden, ansonsten öffnet er etwas verzögert. Hier ist also ein erfahrener Pilot im Vorteil.

Nicken: Im Normalflug verhält sich der Chili 3 sehr pitchstabil. Selten muss man mal tief in die Bremse greifen. Wenn man allerdings das Nicken bewusst über die Bremse einleitet, ergeben sich sehr schnell erstaunlich große Pendelamplituden. Zweimal Ziehen/Nicken reicht aus, um den Schirm an den Rand des Frontklappers zu bringen. Also nichts für Grobmotoriker. Allerdings lässt sich der Schirm aus der Nickbewegung wunderbar sanft mit der Bremse abfangen.

Rollen: Nur mit Gewichtsverlagerung geflogen, braucht der Chili seine Zeit, um aufzuschaukeln. Mit Bremseinsatz ändert sich dieser Charakter sofort. Das passt zu den Erfahrungen beim Kurvenfliegen.

Softe Nylon-Stäbchen in der Eintrittskante
Stäbchen: Der Chili 3 besitzt an der Eintrittskante Stäbchen, dazu noch am Stabilo und an allen aufgehängten Profilrippen zwischen der B- und C-Ebene (teilweise über 1 Meter lang). Allerdings sind es keine harten Kunststoffprofile, sondern weiche Nylondrähte (Rasentrimmerschnüre), die angeblich biegeunempfindlich sind, so dass man die Kappe auch wie einen reinen Stoffschirm falten und packen kann. Inwieweit sie dennoch steif genug sind, um das Lösen von möglichen Verhängern zu erschweren, darüber kann ich mangels Erfahrung nicht urteilen. Beim Bodenhandling im Starkwind zeigte sich nur, dass ein verhängtes Ohr (mit dem Soft-Stäbchen im Stabilo) etwas mehr Gezuppel erfordert, als ich das von anderen Schirmen ohne Stäbchen gewohnt bin.

Packen: Der Schirm wird mit einem üblichen Innenpacksack geliefert, in den der auch problemlos hineinpasst. Lässt sich trotz der Soft-Stäbchen erstaunlich gut komprimieren.

Schmutzlasche am Stabilo
Qualität: Der Schirm macht vom Nahtbild an der Kappe wie an den Tragegurten einen sehr wertigen Eindruck. Positiv fallen einige durchdachte Details ins Auge. Der schmale Tragegurt hat unten eine breite Einhängelasche, die nicht im Karabiner hin und her rutscht. Die A-Gurte zum Ohrenanlegen sind markiert, die Leinenebenen unterschiedlich gefärbt und die Stabilo-Leine gut abgesetzt. Am Stabilo gibt es eine Schmutzauslassöffnung mit einer eingenähten Stofflasche. Zieht man diese heraus, kann das Klettband nicht mehr schließen oder verschmutzen. In dieser Stellung könnte sogar an der Düne geflogen werden, und der Sand rieselt stetig wieder heraus...

Fazit: Skywalk ist mit dem Chili 3 ein sehr interessanter Schirm in der EN-B Klasse gelungen. Für das Thermik- und Streckenfliegen ist er hervorragend geeignet, zum einen durch seine hohe Leistung, aber auch die sehr entspannte und leichtgängige Art, mit der man diese auch Abrufen und Nutzen kann. Das Carver-Gefühl in den Kurven ist eine Klasse für sich. Freestyle-Piloten, die sich das zackige Handling eines Chili 1 wünschen, werden ihre Hoffnungen nicht ganz erfüllt finden. Und Piloten mit wenig Flugerfahrung sollten sich nicht von der handzahmen Erscheinung des Chili 3 blenden lassen. Er kann auch anders. Doch in der Zielgruppe der leistungsorientierten Piloten, die gerne relaxter als mit einem EN-C auf Strecke gehen, dürfte der Chili 3 sicher viele Fans finden. Skywalks Marketing-Slogan vom "Wohlfühl-Kilometerfresser" kann man durchaus so stehen lassen.

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