Ich bin ein großer Fan von kleinen Varios ohne Anzeige. Jahrelang bin ich mit einem solarbetriebenen Solario von Renschler geflogen und war zufrieden - bis auf einen Nachteil: An Hochnebeltagen im Winter oder bei Flügen in der Dämmerung reichte das Sonnenlicht nicht aus, um einem zuvor im Packsack entladenen Solario noch einmal sinnvolle Töne zu entlocken. Um solchen Ausfällen zuvorzukommen, suchte ich schon länger nach ähnlich kleinen Geräten, die auch ohne sichtbare Sonne noch munter weiterpiepen. Zwei passende Modelle mit leicht unterschiedlichen Konzepten habe ich getestet und stelle sie hier vor: das Microvario von Flytepark und das LeBipBip.

Flytepark Microvario

Microvario von Flytepark // Foto: Flytepark
Flytepark ist eine junge Firma des US-Gleitschirmpiloten Brian Vogel. Seit rund einem Jahr bietet er das Microvario an. Entwickelt wurde es ursprünglich von Hari Nair. Dessen als Open-Source verbreiteten Bauanleitungen von miniaturisierten Variometern galten lange als Geheimtipp unter Modellflugenthusiasten. Brian Vogel übernahm die Technik und hüllte sie in ein ansprechend gestaltetes Gehäuse. Der Minimalismus blieb.

Zur Stromversorgung des Microvario dient nicht die Sonne, sondern eine große Lithium-Knopfzelle, mit der aber angeblich bis zu 280 Stunden Dauerbetrieb möglich sein sollen. Ein schmaler, aber stabiler Schiebeschalter auf der Seite schaltet das Gerät ein und aus. Er ist auch mit Handschuhen sicher zu bedienen. Mehr ist erst einmal nicht direkt zugänglich.

Das Microvario besitzt einen empfindlichen Drucksensor, der auch +/- 10 cm auflösen kann. Interessant ist diese Feinheit v.a. für ein besonderes Feature: das sogenannte Lift-Band. Sobald das Vario ein verringertes Sinken nachweist, gibt es schon eine charakteristische Tonfolge von sich. Die Empfindlichkeit, ab wann dieser akustische Lift-Band-Hinweis tatsächlich anspringt, lässt sich in vier Stufen einstellen zwischen -90cm und +10 cm. Nützlich ist so etwas auf der Suche nach "tragender" Luft in der Nähe von Thermiken oder entlang potenziell steigträchtiger Fluglinien.

Überhaupt besitzt das Microvario 16 Grundprogramme, die über einen versenkten Drehschalter vorwählbar sind. Sie unterscheiden sich zum einen in der Lift-Band-Empfindlichkeit, zum anderen im Einsetzen des Sinkalarms bei -2,5 oder -4 Metern sowie in der Art der Tonmodulation bei  schwacher oder eher stärkerer Thermik. Die meisten Piloten sollten hier etwas finden, das zu ihrem Flugstil passt. Der Drehschalter lässt sich allerdings nur mit einem sehr feinen Schraubendreher bedienen, ist also nicht geeignet, um in der Luft mal schnell umzuschalten. Zudem ist das Drehrad aus einem recht weichem Plastik, das mit einem unpassenden Werkzeug schnell ausleiert. Häufiges Verstellen ist da eh nicht angesagt.

Die große Stärke des Microvario zeigt sich in der Luft. Ich habe bisher noch kein Vario mit einem so angenehmen Sound geflogen. Es zeigt Steigen früh und differenziert an, ohne gleich Hektik zu verbreiten. Die Tonmodulation verfällt nie ins Kreischen. Und selbst der Sinkton ist nicht nervend. Statt einem monotonen Böööööh hört man ein "tideldadeldu tideldadeldu" wie bei einem Nintendo-Spiel. (Eins der ersten Selbstbau-Varios von Hari Nair basierte übrigens auf einem Gameboy).

Ein paar Schwachpunkte gibt es dennoch: Der Pieper könnte etwas lauter sein. Vor allem im beschleunigten Flug mit vielen Windgeräuschen dringt er nicht mehr so richtig durch. Außerdem schaltet das Piepen beim Einflug in Sinkzonen etwas zu spät ab. Die Integrationszeit des Varios ist so groß gewählt, dass man ein bis zwei Sekunden laut "Popometer" bereits spürbar an Höhe verliert, während das Vario einem noch Steigen vorgaukelt.

Nanovario
Insgesamt ist das Microvario von Flytepark aber durchaus zu empfehlen. Ich habe es derzeit als mein Hauptvario im Einsatz. Für Minimalisten gibt es zudem noch eine kleinere Version: das Nanovario. Es bietet die gleiche Technik, allerdings mit kleinerer Batterie (120h Laufzeit) bei der Größe eines 2 Eurostücks.

Wer ein Vario von Flytepark in Deutschland kaufen möchte, schaut derzeit allerdings noch in die Röhre: Flytepark sucht einen offiziellen Vertreter in Deutschland. Bis der gefunden ist, können die Geräte aber in der Schweiz bei Joyride Paragliding (Microvario) oder bei Flugsau (Nanovario) für jeweils 120 SFr bestellt werden.

Nachtrag vom 4.11.13: Mittlerweile gibt es einen deutschen Importeur der Flytepark-Varios, Dennis Möller. Die Varios können online bestellt werden über Westpaket.de.


Le BipBip

Schon vor dem Microvario war mir ein anderes Vario auf- und in die Hände gefallen (nachdem ich es bestellt hatte ;-)). Es handelt sich um Le BipBip, von dem ich allein schon den Namen ansprechend fand. Interessant war aber noch ein anderes Feature. Das Vario verfügt wie das Solario über eine Solarzelle. Batteriewechsel entfällt. Allerdings besitzt es dazu noch einen kleinen eingebauten LiPo-Akku, der mit überschüssigem Strom aus der Solarzelle aufgeladen wird und diesen auch lange hält. Im vollgeladenen Zustand soll der Akku dem BipBip selbst in völliger Dunkelheit noch 100 Stunden Betrieb ermöglichen. Ein Verstummen des Varios z.B. in Flügen bei untergehender Sonne sollte sich damit sicher vermeiden lassen.

Le BipBip (gibt's auch in schwarz)

Entwickelt hat das BipBip ebenfalls ein passionierter Gleitschirmpilot, Timothée Manaud, aus Grenoble. Die technischen Grundlagen sind dem Microvario sehr ähnlich: Abmessungen fast gleich, Drucksensor mit +/- 10 cm Empfindlichkeit, Lift-Band-Ton. Doch in den Feinheiten nicht nur der Stromversorgung zeigen sich dann doch größere Unterschiede.

Das BipBip hat keinen Schiebe-, sondern einen Druckschalter zum Einschalten. Über diesen werden auch alle anderen Einstellungen des Varios vorgenommen. Dazu gehören das Einsetzen des Sinkalarms in 50cm Schritten (-50cm bis -350 cm), das Einschalten des Lift-Band-Tons, die Lautstärke (in 3 Stufen) und die Grundempfindlichkeit des Varios. Wer das alles verstellen möchte, sollte allerdings die (kurze) Bedienungsanleitung zur Hand haben, um jeweils zu wissen, nach wie viel Sekunden Drücken des einen Knopfes man in welchem Unterprogramm landet. Hat man freilich einmal die passende Einstellung gefunden, ist nur noch das Ein- und Ausschalten relevant. Ab dann ist auch die Ein-Knopf-Bedienung völlig selbsterklärend.

Thimotée wirbt für das BipBip gerne mit der besonders hohen Empfindlichkeit. In der Praxis erweist sich aber gerade die als etwas übertrieben. Die Integrationszeit des Varios ist sehr kurz gewählt, entsprechend schnell und teilweise sprunghaft wechselt die Tonhöhenmodulation durch die Oktaven. "Klingt wie R2D2 auf Speed", hat dazu ein Pilot mal im Gleitschirmdrachenforum angemerkt, und diese Einschätzung trifft die Sache ganz gut. Für normales Thermikfliegen sind solche springenden Variotöne gelegentlich irreführend, drängt einen doch die Akustik eher zu hektischen Reaktionen und Nachzentrierbemühungen, die de facto gar nicht angebracht wären. Aber man kann sich auch daran gewöhnen und der Plapperfreude des BipBip mit ruhiger Hand an der Bremse folgen. Immerhin bekommt man so mal akustisch vor Ohren geführt, wie inhomogen die Blasen tatsächlich sind, in denen wir uns in die Höhe schrauben. Und wenn man dann doch einmal genau den Kern der Thermik erwischt hat, wird man plötzlich mit einem gleichmäßigen Variojodeln belohnt. Man kann darin durchaus eine erzieherische bzw. lehrreiche Maßnahme sehen...

Wie das Microvario besitzt auch das BipBip eine Art Nullschieber-Alarm. Dieser ist im Vergleich aber akustisch nicht so elegant gelöst. Das BipBip brabbelt so etwas wie höddeldöddel als Warteschleife vor sich hin. Immerhin ist die Lautstärke ordentlich.

Mein Fazit zum Le BipBip fällt deshalb etwas zwiegespalten aus. Die Solartechnik ist ebenso gelungen wie die recht vielfältigen Einstellmöglichkeiten. Allerdings ist die Akustik gewöhnungsbedürftig. Über den Preis von 90 Euro inkl. weltweitem Versand kann man nicht meckern. Bestellmöglichkeiten direkt über die Internetseite von Le BipBip.


PS: Bevor jetzt Nachfragen kommen, wie ich die Akustik des Solario einschätze, sei angemerkt: Das Solario piept rhythmisch differenziert aber eintönig (was die Tonhöhe betrifft). Manche Piloten, die z.B. von einem Bräuninger auf das Solario umsteigen, klagen über die mangelnde Modulation. Ich selbst empfand das ruhige, kaum aufgeregte Piepen des Solarios nie als Nachteil. Es passt gut zu einer technikreduzierten Fliegerei und liefert dennoch alle nötigen Informationen, ohne jemals Hektik zu verbreiten. Im Vergleich würde ich aber das Microvario bevorzugen, weil es die Lift-Band-Töne als zusätzlichen Infokanal bietet und einen Piloten dennoch nicht akustisch überfrachtet.