Im Internet gibt es mittlerweile eine Reihe von Profi-Piloten, die aufwendige Schirmtests durchführen und diese per Video dokumentieren. Ein Vergleich der Angebote.

Pascal Purin beim Test des Phi Tenor. // Quelle: Intothesky.at
Schirmtests gehören nicht nur auf Lu-Glidz zu den am meisten gelesenen Berichten, sondern treffen allgemein in Gleitschirm-Magazinen, Facebook und anderen Foren auf ein großes Interesse der Piloten. Allerdings ist es nicht immer ganz einfach, allein auf Basis der Texte eine klare Vorstellung der Eigenschaften eines Schirmes zu bekommen.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, heißt es. Und so gibt es mittlerweile eine Reihe von Angeboten im Internet, die dieses Motto auch auf Tests von Gleitschirmen anwenden. Da wird per Video dokumentiert, wie sich ein Schirm in den unterschiedlichsten Flugsituationen verhält. Im Folgenden stelle ich drei solche Angebote kurz vor. Ich habe mich dabei auf Seiten beschränkt, die von sehr erfahrenen, zum Teil sogar Profi-Piloten betrieben werden.

Nicht alle Angebote sind dabei kostenlos. Das Erstellen solcher Videos, vor allem in guter Qualität, ist sehr material- und zeitaufwendig. Da ist es verständlich, wenn die Filme auch einen Preis haben.


Intothesky

Pascal Purin erklärt das Wingover-Verhalten eines Schirmes.
// Quelle: Intothesky.at
Pascal Purin hat jahrelang als Testpilot gearbeitet, u.a. für Gleitschirmhersteller wie Aircross und Airdesign. Zudem hat er eine Weile die Prüfstelle EAPR geleitet und weiß deshalb gut Bescheid über die Durchführung der von der EN-Testnorm geforderten Manöver.

Mittlerweile ist er wieder selbständig, hat aber für sich in einer neuen Form der professionellen Testerei ein Geschäftsfeld erkannt. Die Idee: Piloten wollen wissen, wie sich ein Schirm bei den typischen Testmanövern verhält. Also fliegt Pascal diese Manöver EN-konform nach und dokumentiert das alles per Video.

Auf seiner Anfang des Jahres gestarteten Website Intothesky.at soll mit der Zeit ein immer größer werdender Fundus an Schirmtests erscheinen. Derzeit schon im Angebot: Phi Maestro, Phi Tenor, Ozone Rush 5, Airdesign Rise 3, Nova Prion 4 und bald auch Nova Mentor 6.

Pascal bezeichnet die Videos selbst als "Flying Manuals". Alle folgen dem gleichen Schema. Aufgeteilt in neun Kapitel, behandeln sie die Punkte: allgemeine Beschreibung, Groundhandling und Take-off, Flug, Schnellabstiegsmanöver (Ohren anlegen, B-Stall, Steilspirale), Klapper (Front- und Seitenklapper, auch voll beschleunigt), Stalls (Sackflug, Fullstall, Spin), Freestyle-Manöver (Helikopter, Sat, Wingover), Landung und Packen.

Wer sich von den Videos eine launige Einschätzung der Schirme erwartet, ist hier allerdings falsch. Pascal geht sehr systematisch und gewissermaßen standardisiert vor. Er vermeidet es geflissentlich, persönlich gefärbte Urteile zwischen die Zeilen einzustreuen. Es gibt kaum Beschreibungen zu "soften" Faktoren wie dem Feeling eines Schirmes im Thermikflug, Dämpfung, Drehwilligkeit etc. Auch verschärfte Testmanöver á la DHV-Safety-Class kommen in den Videos nicht vor. Aus den Filmen lassen sich somit nur bedingt echte Empfehlungen für einzelne Schirme ableiten. Intothesky liefert vor allem gutes Anschauungsmaterial, um die EN-Klassenzugehörigkeit der Schirme zu illustrieren.

Die Sprache der Filme ist Englisch. In Zukunft soll es auch deutsche Untertitel geben. Gehostet werden die Videos auf Vimeo. Wer sie anschauen will, muss sie einzeln käuflich erwerben. Jedes Flying Manual mit einer Länge von rund 20-25 Minuten kostet dabei 39,90 Euro. Gekaufte Folgen werden im persönlichen Vimeo-Account gespeichert und können jederzeit wieder angesehen werden.

[Hinweis: Vom 15.-17. März 2019 bietet  Intothesky alle Flying Manuals zum Preis von je 19,90 Euro an – als "virtuellen Ersatz" für den ausgefallenen Stubai-Cup, wie Pascal Purin erklärt.]


Paragliding Academy

Chris Geist beim Klappertest mit dem Advance Epsilon 9.
// Quelle: Paragliding Academy
Chris Geist ist Inhaber der Flugschule Paragliding Academy und ein bekannter Sicherheitstrainer. Zuvor arbeitete er auch als Testpilot. Seit Jahren hat er gelegentlich zu neuen Schirmmodellen von Marken, die er auch selbst über seine Flugschule vertreibt, Videos eigener Testflüge frei zugänglich auf Youtube gepostet.

Neuerdings geht er das ganze systematischer und geschäftlicher an: Über den Online-Shop der Paragliding Academy kann man ausführliche Testreports zu einzelnen Schirmen kaufen. Für 9,90 Euro erhält man ein Passwort, um auf geschützte Bereiche der Website zugreifen zu können und dort die Tests anzuschauen. Es stehen jeweils Versionen auf Deutsch und Englisch zur Auswahl.

Chris pflegt ein interessantes Mischformat. Statt einem einzigen langen Video, bietet er zum einen Textbeschreibungen der verschiedensten Eigenschaften eines Schirms an. Zum anderen stellt er den Texten kurze Youtube-Videos zur Seite, auf denen man sich das auch noch mal genauer anschauen kann. Ein Testreport ist aufgeteilt in die Kapitel Unboxing (technische Details des Schirmes), Start, Flugverhalten (Handling, Dämpfung etc.), Landung, Strömungsabriss (Trudeln, Sackflug, Fullstall), Seitenklapper (beschleunigt, gehalten, mit Piloteneingriff), Frontklapper, Abstiegsmanöver (Ohren, B-Stall, Steilspirale), Freestyle ( Heli, Sat, Wingover) und ein Fazit.

Anders als Pascal Purin bei Intothesky, der sich um Neutralität bemüht, hält Chris mit persönlicher Einschätzung und Einordnung weniger hinterm Berg. Die Manöver fliegt er auch nicht immer EN-konform, sondern "so wie's kommt". Der Betrachter bekommt aber stärker das Gefühl, mit diesen Testreports auch beraten zu werden. Berücksichtigen sollte man allerdings, dass Chris (bisher zumindest), nur Tests zu Schirmen anbietet, die er auch selbst vertreibt. Die abgegebenen Urteile erscheinen mir zwar erstaunlich wenig gefärbt. Aber die Auswahl der Tests bleibt eingeschränkt – derzeit sind es Testreports zum Ozone Buzz Z6 und zum Advance Epsilon 9.


Flybubble

Flybubble demonstriert das Toplandem mit dem Skywalk Arak.
// Quelle: Flybubble.com
Flybubble ist ein britischer Gleitschirmshop ohne angegliederte Flugschule. Zum Geschäftsmodell gehört, durch Videos rund ums Gleitschirmfliegen im Netz bekannt zu werden, um so Kunden zu gewinnen und zu binden.

Flybubble beschäftigt verschiedene Piloten, die im Wechsel auch Schirmtests auf der Flybubble-Website veröffentlichen. Neben einer ausführlichen Textform (auf Englisch) gibt es die Tests jeweils auch als Videos. Da Flybubble das seit Jahren so betreibt, ist über die Zeit ein umfangreiches Testarchiv entstanden. All das ist kostenfrei zugänglich. Getestet werden allerdings nur Schirme von Marken, die Flybubble auch vertreibt. Die Auswahl ist aber erstaunlich groß: Advance, Gin, Niviuk, Nova, Ozone, Phi, Skywalk, Supair, Gin.

Wie man von einem Shop erwartet, der seine vorgestellten Produkte natürlich auch verkaufen will, fühlen die Flybubble-Tests den Schirmen nicht wirklich aufs Zahnfleisch. Dennoch liefern die Videos viele interessanten Informationen und auch persönliche Einordnungen der Schirme, teilweise auch im Vergleich zu anderen (Vorgänger-)Modellen.

So bekommt man einen guten ersten Eindruck von einem Schirm – gerade auch wenn es um "soft facts" geht wie z.B. dem Gefühl auf der Bremse oder dem Drehverhalten in der Thermik. Die Flybubble-Videos sind zuweilen auch mit einer Prise britischen Humors gewürzt und folgen keinem strikt festgelegten Schema. Damit bieten sie von den hier genannten Angeboten den größten Unterhaltungswert und die schönsten Bilder.

Abstriche muss man bei Flybubble machen, wenn es um genauere Informationen zu Klapper-Reaktionen oder der Freestyle-Tauglichkeit geht. Die Test-Piloten geben zwar durchaus an, ob sie einen Schirm als High- oder Low-B einschätzen und welchem Pilotentyp sie ein Modell empfehlen würden. Mehr aber auch nicht.