Kaltlufttropfen in höheren Luftschichten machen das Wetter stets im Wortsinn "unberechenbar". Derzeit sind gleich drei davon über Europa unterwegs.

Ein Triumvirat der Kaltlufttropfen beherrscht aktuell das Wetter über
Mitteleuropa und macht es "unberechenbar". // Quelle: wetter3.de
Kaltlufttropfen entstehen, wenn kältere Luftmassen polaren Ursprungs nach Süden ausbrechen und dabei den Kontakt zu ihrer (nennen wir es mal) Heimat im kalten Norden verlieren. Sie sind dann gewissermaßen entwurzelt und irren in der Fremde, wo sie eigentlich nicht hingehören, wirr umher. Sie schwimmen wie Fettaugen auf einer feuchtwarmen Suppe subtropischer Bodenluft. Und das bringt Ungemach.

Unten warm, oben kalt, das bedeutet ordentlich Labilität in der Atmosphäre. Schauer- oder gar Gewitterwolken schießen unter den Kaltlufttropfen auf und entladen sich wieder. Die dadurch induzierten Umverteilungen der Luftmassen wirken wie feine Stöße mit einem Billardqueue oder wie das Rubbeln mit dem Wischmopp beim Eisstockschießen. Der Kaltlufttropfen bekommt so einen Drall, rutscht ein wenig zur Seite, nur um dort wieder mit seiner Labilität wirksam zu werden, die nächsten Wolken zu induzieren, neue Schauer zu produzieren und als Folge davon seine Zug- oder Rutschbahn abermals leicht zu verändern.

Dieses Spiel wiederholt sich so lange, bis entweder der kalte Tropfen sich mit der Zeit selbst in Luft auflöst – soll heißen, sich mit der Umgebungsluft so stark vermischt, dass sein Einfluss verpufft. Oder so ein Tropfen rutscht wieder gen Norden und findet den Weg zurück in seine Heimat. Auch dann hat der Spuk ein Ende.


Potenziertes Problem

Für Meteorologen sind solche Kaltlufttropfen ein Graus. Denn ihr wirres Zugverhalten ist selbst mit den besten Wettermodellen noch immer schwer berechenbar. Diese feinen chaotischen Wechsel, die so einen Tropfen mal etwas hierhin, mal etwas dorthin rutschen lassen, werden von so kleinräumigen und spontanen Strukturen beeinflusst, dass die Modelle, die immer nur in kilometerweiten Boxen und mit parametrisierten Übergängen rechnen, das gar nicht richtig abbilden können.

Das grobe Bild geben die Modelle schon her: Die ungefähre Lage der Kaltlufttropfen zum aktuellen Zeitpunkt. Aber schon was in sechs Stunden sein wird, ist im Umfeld der Tropfen mit einer größeren Ungewissheit behaftet als normal. Geschweige denn, wenn man heute auf das Wetter in zwei oder gar drei Tagen blicken wollte.

Derzeit ist das Problem sogar noch potenziert: Über Mitteleuropa haben sich gleich drei unabhängige Kaltlufttropfen etabliert. Dort wabern sie herum, treiben ihre labilen Spielchen und lassen ganz sicher eines nicht zu: Eine verlässliche Wettervorhersage oder gar Flugwetterplanung, und das für ein ungewöhnlich großräumiges Gebiet.

Drei Kaltlufttropfen, das bedeutet gleich drei Fragezeichen hinter all dem, was in den nächsten Tagen in unserer Wetterküche angerichtet wird. Sicher ist nur eins: Es bleibt wechselhaft.

Wer jetzt noch etwas mehr zum Thema Kaltlufttropfen lesen will, dem sei ein Post im Blog von Meteo-Schweiz empfohlen: Von Kaltlufttropfen umzingelt.


Anmerkung: Solche Wetterlagen sind nicht grundsätzlich unfliegbar. Vor allem in den Räumen zwischen den Kaltlufttropfen können sich vorübergehend immer mal wieder nutzbare Bedingungen ergeben. Nur lässt sich das kaum verlässlich im voraus planen. Von einem Modelllauf zum nächsten und von einem Meteo-Modell zum anderen können die Ergebnisse stark variieren. Und die Realität vor Ort wird dann sehr häufig nochmals eine ganz andere sein. Wetterlagen mit Kaltlufttropfen bedeuten eigentlich immer: Man sollte auch noch ein Alternativprogramm auf Lager haben.