Thermik kann es auch ohne Sonne geben. Ein warmer Fluss kann im Winter für magische Flugerlebnisse sorgen. 

Hoch über dem Rhein bei Boppard. Die vom warmen
Flusswasser gelieferte Thermik macht's möglich.
// Foto: R. Böhm

Am vergangenen Sonntag war es mal wieder soweit. Am Startplatz Boppard (auf Vereinsmitglieder der Drachen- und Gleitschirmfliegerfreunde Rhein-Mosel-Lahn beschränkt) stellte sich ein besonderes Winterphänomen ein: In kalter Luft mit geschlossener Wolkendecke und ohne Sonnenstrahlen gab es echte Thermiken. Piloten, die dort flogen, konnten bis auf 800 Meter aufdrehen. 

Wie kann das sein? Zur klassischen Thermiktheorie scheinen solche Erlebnisse zumindest nicht zu passen. Wo soll, bitteschön, ohne Sonne der nötige Antrieb für die Thermikblasen herkommen?

Die Erklärung ist freilich einfach: Das Wasser des Rheins bei Boppard hatte an dem Tag noch eine Temperatur von rund 9°C, während die Lufttemperatur bei 1-2°C lag. Der Luft, die über das Wasser strich, stand also eine große Heizfläche zur Verfügung. Vom Ostwind über den Fluss an die Talhänge geschoben, wurde die bereits leicht erwärmte und zudem vom Fluss noch angefeuchtete Luft dann zwangsläufig gehoben. Dank einer thermikträchtigen Temperaturschichtung setzte sie diesen Temperaturvorsprung schließlich in weiteren Auftrieb um. Die Flussthermik war geboren.

Thermikspuren überm Rhein.
// Quelle: R. Böhm

Allerdings gilt: Nicht jeder Fluss kann im Winter eine nutzbare Thermik liefern. Die Wasserfläche muss hinreichend warm und die Außenluft deutlich kälter sein. Zudem muss der Fluss auch breit genug daher fließen, um überhaupt ein ausreichendes Luftvolumen aufzuheizen, damit daraus konsistente, kurbelbare Blasen werden können.

Manchmal zeigt sich das gleiche Phänomen übrigens auch an knackig kalten Tagen an der Küste. Wenn die Wassertemperatur des Meeres noch deutliche Plusgrade hat, die Lufttemperatur aber schon um den oder unter dem Gefrierpunkt liegt und zudem auflandiger Wind die leicht erwärmten Luftmassen an die ersten Dünen, Kliffe oder Deiche schiebt, dann werden sie auch dort angehoben und können echte Thermiken liefern. 

Wohl dem, der diese Bedingungen erkennt und nutzt, um in die Luft zu gehen (warm eingepackt und mit ordentlichen Handschuhen). Das Ergebnis sind sicher kalte, aber stets magische Flugmomente.