Ein Pilot hängt am Startplatz fälschlicherweise anstelle der Schlaufe des Tragegurtes die Griffschlaufe des Trimmers in den Karabiner. Der Fehler wird ihm erst nach dem Start bewusst.
Achtung, Verwechslungsgefahr! Die Trimmerschlaufen des Skin 3 (oben rechts) ähneln typischen Einhängeschlaufen an Tragegurten moderner Leichtschirme. // Bildquelle: James |
Das Malheur fiel ihm erst in der Luft auf, weil er auf einer Seite tiefer hing als auf der anderen. Der Schreck durchfuhr seine Glieder. Doch er blieb geistesgegenwärtig genug, um mit sanften Steuerbewegungen (und mit einer Hand immer den "losen" Tragegurt umgreifend) wieder an den Hang zurück zu steuern und einzulanden. Wäre die Trimmerschlaufe irgendwo in der Luft gerissen, hätte aus dem Fehler ein dann im Wortsinn fataler Fehler werden können.
James ist ein durchaus erfahrener Pilot, der seit fast 20 Jahren fliegt. Selbstkritisch gibt er zu, dass es sich bei dem Vorfall eindeutig um einen Pilotenfehler handelte.
Dass er die Geschichte dennoch öffentlich machte, ist löblich: Denn auch aus den Fehlern anderer kann man immer etwas lernen. Dazu gehört, den 5-Punkte-Check der Startroutine beim Fliegen mit Schirmen, die einen Trimmer besitzen, um einen sechsten zu ergänzen: Den Trimmercheck. Sind die Trimmer auf beiden Seiten frei und korrekt eingestellt (üblicherweise geschlossen)?
Auf der anderen Seite sollten auch Gleitschirmhersteller aus solchen Vorfällen ihre Schlüsse ziehen. Einer davon wäre: Trimmer sollten keine Schlaufen aufweisen, die von ihrer Form und auch ihrer Farbe her mit Einhängeschlaufen verwechselt werden können.
James hat seine Erlebnisse und Erkenntnisse übrigens schon an Niviuk weitergegeben. Der Hersteller sagte zu, das Thema beim Design künftiger Tragegurte zu berücksichtigen.
3 Kommentare
Gesunde Angst ist besser als Farbmarkierungen.
AntwortenLöschenDa möchte ich doch noch einmal auf meinen Beitrag zu "Top im Detail (13): Bremsweg-Indikator" zurückverweisen, wo ich grundsätzliche Skepsis gegen einen „Farbmarkierungshype“ äußere. Dieses Beispiel zeigt sehr gut, dass - abgesehen von der farblichen Unterscheidbarkeit von Leinenebenen zur leichteren Sortierbarkeit und der Tragegurte zur besseren optischen Identifizierung bei Flugmanövern wie Ohren oder B-Stall - Farbmarkierungen in den meisten anderen Bereichen falsche Signale und Sicherheiten erzeugen können.
Man sieht auf der oberen Abbildung im Beitrag, dass die Tragegurte und die Trimmer beim Skin 3 durchaus deutlich farblich markiert und auch durch ihre Breite gut zu unterscheiden sind, und zwar in mehrfacher Hinsicht: Die Trimmerschlaufen sind dünner, schmäler, wesentlich weiter und ganz farbig eingefasst, die Tragegurte sind dicker, breiter, enger, zweifarbig (für links und rechts) und nur mit einem Mittelstreifen markiert, also eigentlich nicht zu verwechseln, wenn nicht alle Sinne durch körperfremde oder –eigene Substanzen benebelt sind. (Ich möchte keinesfalls dem betroffenen Piloten etwas unterstellen. Aber Endorphin und Adrenalin sind ganz besondere Säfte - und ich habe an Startplatz im ansonsten beschaulichen Allgäu neben Nikotinabfällen und RB-Dosen auch schon Medikamentenblister und sogar ein noch mit duftenden pflanzlichen Substanzen orientalischer Herkunft gefülltes Tütchen gefunden, das wohl aus einem Gurtzeug gefallen ein musste! Das nur am Rande.)
Natürlich kann man kritisieren, dass Niviuk die Trimmer besser in einer deutlich anderen Farbe, z.B. blau, markieren, einfach mit dem Wort „Trim“ besticken, und nur einen Ring aus Leinenmaterial als Trimmerschlaufe hätte verwenden können.
Aber bei Betrachtung der Abbildung kann man sich auch nicht gut vorstellen, dass man im vollen Bewusstsein zuerst die dicke, enge, breite, hintenliegende Schlaufe des Tragegurtes in den einen Karabiner einhängt - und in den anderen Karabiner danach die dünne, weite, schmale, vorneliegende Schlaufe des Trimmers, die sich beide noch dazu in der Art der Markierung deutlich unterscheiden (also 5 haptische und optische Merkmale s.o.!), ohne es zu merken – es sei denn, man hat im Kopf bereits ein simples pawlowsches Reiz-Reaktionsschema von der Art: „irgendwie farbig markierte Schlaufe im Karabiner – und tschüß!“
Wie auch aus Lucians Artikel hervorgeht, hat der Pilot sich in Lebensgefahr gebracht, weil er ein Opfer seiner Routine, fehlender Sorgfalt bei der Vorbereitung eines Testflugs mit einem unbekannten Gerät, eines mangelnden Startchecks (Symmetrie an der Einhängung?) etc. geworden ist.
Das deutet daraufhin, dass ein wesentlicher Faktor unserer Flugsicherheit nicht durch Farbmarkierungen zu ersetzen ist: Die gesunde Angst und das Misstrauen gegen uns selbst und andere als der wichtigste Schutzmechanismus vor lebensgefährlichem Leichtsinn und Routine. Geerbt haben wir das von unseren Steinzeitahnen. Wer sich in der Steppe auf seinen ersten flüchtigen Eindruck verlassen hat, dass da kein Säbelzahntiger in Gras lauert, oder darauf, dass die anderen ihn schon farbig markiert haben werden (Gag zum einfacheren Verständnis!) hat nicht lange überlebt.
Wenn man sich am Startplatz einmal die Zeit nimmt zu beobachten, dann fallen einem viele Dinge ins Auge, die dazu dienen, diese angeborene Schutzfunktion bewusst oder unbewusst außer Betrieb zu setzen: Die Stresskippen, die Konzentration auf die Actioncam, das zu laute Palavern mit Kumpeln über den letzten Zehnmeterbart, die „cooler Hund“-Show (2 Minuten zwischen Absetzen des Rucksacks und Startlauf) usw.
Die Mahnung an die Hersteller, Gefahrenquellen auszuschließen, hat ihren Sinn. Aber Eigenverantwortlichkeit kann man nicht outsourcen.
Günther Widmann, Oberreute
@Günther: Alles Recht mit der Eigenverantwortlichkeit. Dennoch gilt auch: Wenn man mögliche Fehlerquellen auf einfache technische Weise ausschließen kann, dann sollte man das besser tun. Für Trimmer gibt es ja Zugschlaufenlösungen, bei denen das Risiko der Verwechselung mit den Einhängeschlaufen des Tragegurtes viel geringer ist. Das ist dann kein Allheilmittel. Aber guter technischer Sachverstand gepaart mit einem guten Verstand des Nutzers sind doch erstrebenswert.
AntwortenLöschenLucian: Völlig einverstanden! Bei genauer Lektüre des dritten und letzten Absatzes meines Kommentars müsste eigentlich klar sein, dass ich die Kritik an Niviuk im besonderen als berechtigt und die Verbesserungswürdigkeit von möglichen Gefahrenquellen durch die Hersteller im allgemeinen als sinnvoll bezeichnet habe.
AntwortenLöschenZur Sache selbst noch einmal das Beispiel mit der links-rechts-Markierung von Tragegurtschlaufen, die angeblich "verdrehtes" Einhängen verhindern, wie man bei manchem Hersteller nachlesen kann. Das ist schon mal in der Sache falsch, da das allenfalls "seitenverkehrtes" Einhängen verhindern kann (- falls jemand nicht rot-grün-blind ist, was bei ca. 10% aller Männer zutrifft. Insofern müsste die Markierung nicht rot-grün, sondern rot-blau sein, da die meisten Flieger immer noch Männer sind. Das nur nebenbei.) Es verhindert aber eben nicht das "verdrehte" Einhängen und schafft damit evtl. ein falsches Sicherheitsbewusstsein gerade bei Anfängern gegenüber der Gefahr eines oder zweier vertwistet eingehängter Tragegurte mit blockierter oder sägender Bremsleine.
Es geht mir im Übrigen nicht darum, jemanden von meiner Meinung, zu überzeugen; ich verstehe meinen Kommentar lediglich als Diskussionsbeitrag aus einer anderen Perspektive.
Diskussionen können und sollten ja niemals das Ziel haben, anderen ihre Meinung streitig zu machen, sondern lediglich Anstoß sein, eine Meinung kritisch in Frage zu stellen. Ob das jemand tut, bleibt seine Sache.
Insofern: Mit oder ohne Farbmarkierungen - allzeit sicheren Flug!
Kommentar veröffentlichen
Kommentare werden von Lu-Glidz moderiert und deshalb nicht immer sofort freigeschaltet. Es gelten folgende Kommentarregeln:
1. Nicht anonym: Auf Lu-Glidz werden nur Kommentare veröffentlicht, die mit einem kompletten Realnamen (Vor- und Nachname) gekennzeichnet sind. Trage dafür beim Anlegen des Kommentars im Feld "Name/URL" einfach Deinen Namen ein. Das Feld "URL" kannst Du frei lassen. Solltest Du stattdessen "Anonym" wählen, musst Du wenigstens am Ende des Kommentars Deinen Namen schreiben. Sonst wird der Kommentar nicht erscheinen.
2. Sachbezogen: Kommentare müssen das jeweilige Thema des Posts bzw. der schon vorhandenen Kommentare betreffen. Sie müssen respektvoll formuliert sein. Sie dürfen keine persönlichen Beleidigungen oder Anspielungen auf die (politische) Gesinnung anderer enthalten.
Hinweis: Die Freigabe von Kommentaren kann sich u.U. um einige Stunden verzögern. Auch ich bin nicht 24/7 online.