Nova bietet bei seinem EN-A Prion 5 eine optische Hilfe, damit unerfahrene Flugschüler besser abschätzen können, ob sie noch im "sicheren" Bereich des Steuerwegs agieren.
Ampel-Bremse: Die Bremsleine des Prion 5 zeigt, ob man sich im grünen, gelben oder schon roten Bereich des Steuerweges befindet. // Quelle: Nova |
Brake-Travel-Indicator (BTI) nennt Nova dieses Feature. Man könnte auch Ampel-Bremse dazu sagen. Steuerbewegungen im grünen Bereich sind in der Regel "sicher", bei gelb kommt man langsam an die Grenze des normalen Steuerweges; und ins Rote sollte man nur zum Durchbremsen und dem Strömungsabriss bei der Landung ziehen.
Über die Sinnhaftigkeit einer solchen optischen Steuerhilfe kann man durchaus streiten. Schließlich hängt die Länge des verfügbaren Steuerweges auch stark vom Anstellwinkel der Kappe ab. Allerdings: Am Anfang der Schulung, wenn ein Flugschüler gerade mal die ersten Hüpfer macht und noch gar kein Gefühl für Steuerdrücke und Bremsweglängen entwickelt haben kann, dann können die Farben ihm gute Anhaltspunkte geben. Denn optisch ist das sofort zu erkennen.
Und auch Fluglehrer bekommen damit ein zusätzliches Tool für genauere Steueranweisungen: "Zieh jetzt mal die Bremse auf die Grenze von grün zu gelb". So ein Funkspruch lässt sich eindeutiger bzw. kontrollierter umsetzen als zum Beispiel eine Anweisung, man solle die Bremse 45 cm weit ziehen.
Die im Grunde völlig simple Idee zum Brake-Travel-Indicator hatte Nikolaus Kurcz, Entwickler und Produktionsleiter von Nova, nach Gesprächen mit dem für Ausbildungsfragen zuständigen DHV-Vorstand Peter Cröniger. Dieser begrüßt die Einführung der Farbkennungen und sieht darin auch eine Hilfe beim Herantasten an Steuerpositionen im Grenzbereich: "Für ein Performance- oder Sicherheitstraining bieten sie die Möglichkeit, besonders bei Manövern wie Langsamflug, Annäherung an den Strömungsabriss, Sackflug, Backflight, Trudelansatz etc. sehr konkrete Kommandos zu geben."
Vermutlich braucht man nicht erwarten oder spekulieren, dass eine solche Ampel-Bremse bald auch in Schirmen höherer Klassen zu finden sein wird. Erfahrene Piloten sollten natürlich mit viel Gefühl für den Bremsdruck und den Flugzustand der Kappe ihre Steuerbewegungen "relativ" setzen, anstatt "absolut" nach der optischen Bremsstellung. Doch für Schirme, die in der Schulung eingesetzt werden, macht dieses Detail durchaus einen Sinn.
Es bleibt abzuwarten, ob sich der Brake-Travel-Indicator in der Praxis der Flugschulen derart bewährt, dass andere Hersteller diese Idee bei ihren kommenden Schulungsmodellen ihn ähnlicher Weise aufgreifen.
In der losen Serie "Top im Detail" stellt Lu-Glidz kleine Besonderheiten an Produkten rund ums Gleitschirmfliegen vor. Und zwar solche, die besonders clever gelöst sind und den Spaß am Fliegen oder auch die Sicherheit erhöhen.
5 Kommentare
Wenn schon 1.April wäre, hätte ich es für einen der allfälligen NOVA-Aprilscherze gehalten.
AntwortenLöschenIch halte diese Neuheit für genauso überflüssig und u.U. sogar kontraproduktiv, wie eine Farbmarkierung für linken und rechten Tragegurt, die zwar hilft, links und rechts nicht zu verwechseln, wenn man weiß, dass rechts da ist, wo der Daumen links ist, (Vorsicht: nur wenn man nicht auf die Handinnenflächen schaut!) aber u.U. in falscher Sicherheit wiegt gegenüber der Gefahr des verdrehten Einhängens.
Sollte man nicht über die Veränderung des Bremsdrucks, optische Lagekontrolle zum Horizont, sowie Fahrtgeräusch die entscheidenden Informationen, wie nah der Stall ist, erhalten, und dies sowie das entsprechende sensible Reagieren mit den Bremsen tunlichst bereits bei den ersten Schulungsflügen lernen ?
Ich stelle mir das gerade so vor: Anfänger, (und später auch Fortgeschrittene, wenn BTI, wie Lucian vermutet, auch in höheren Klassen Einzug hält) die beim Landeanflug in thermischen Bedingungen im frequentierten Fluggebiet abwechselnd auf die Bremsleinen starren, anstatt die Mitflieger, den Horizont und den Peilpunkt im Auge zu behalten – wird bestimmt lustig.
Da kommt mir noch eine umwälzende Erfindung: Es gibt ja bekanntlich auch Flieger, die vor dem Flug die Höhe des Landeplatzes im Vario speichern, damit sie bei Annäherung an den Landepunkt dort ablesen können, wie hoch sie noch sind. Da könnte man doch im Vario einen Ground-Approach-Warner einbauen wie bei Airbus, der die Höhe akkustisch in 10 Fuß-Abständen ansagt, und am Schluss den Befehl zum Durchbremsen gibt „retire! – retire! –retire!“. Dann auf dem BTI über gelb bis rot durchziehen! Fertig.
Günther Widmann, Oberreute
@Günther: Vielleicht liest Du meinen Text nochmals genauer.
AntwortenLöschena) Ich vermute nicht, dass BTI in höheren Klassen Einzug hält. Im Gegenteil.
b) Für Flugschüler ganz am Anfang ihrer Fliegerkarriere, eben dann, wenn man mangels Erfahrung noch kein nutzbares Gefühl für Bremsausschläge, Bremsdrücke etc. entwickelt haben kann, kann eine solche leicht erkennbare und nachvollziehbare optische Zuordnung durchaus hilfreich sein. Wenn man dann mit etwas mehr Flugerfahrung tatsächlich ein "Gefühl" für die Bremse bekommt, macht die BTI-Farbskala immer weniger Sinn. Aber wir haben alle mal bei Null angefangen.
Sorry, Lucian, das mit den höheren Klassen habe ich missverstanden, im Sinne von "wird vermutlich dort auch bald kommen". Du hast recht, hätte ich genauer lesen müssen.
AntwortenLöschenAber beim Tenor meiner Bedenken möchte ich bleiben: Es ist besser, Feingefühl für Sensorik Akustik und Optik im Flug zu schulen als eine fragwürdige optische Kontrolle am Gerät anzubringen.
Anderes Beispiel: Wir haben seit Jahren Herausfallsicherungen am Gurtzeug als - wie ich finde, durchaus begrüßenswerten und richtigen - technischen Fortschritt, der Unfälle unwahrscheinlicher macht. Dennoch haben wir noch regelmäßig Unfälle mit nicht geschlossenen Gurtzeugen, neuerdings auch weil vollverkleidete Gurtzeuge leicht den Eindruck suggerieren, man sei bereits "im Gurtzeug angeschnallt". Was diese Sicherungen nicht leisten können, ist das automatisierte und doch bewusste Ausführen sicherheitsrelevanter Handgriffe. Da hilft kein noch so rot eingefärbter "T-Gurt".
Anders als in diesem Fall aber wird BTI keinen Unfall, sondern vielmehr ein unverkrampftes Hineinspüren in die Sprache der Bremsleinen und der Tragegurte verhindern. Gegen zu weites Herunterbremsen halfen früher Faustregeln: "Fahrt ist das halbe (und manchmal das ganze!) Leben." "Definierten Bremsdruck durch Ziehen oder Nachlassen beibehalten." "Im Flug nicht unter Karabinerhöhe ziehen." Auf letztere bezieht sich vermutlich die BTI-Codierung, weshalb sie nicht mehr als bestenfalls ein Gimmick ist.
Günther Widmann
@Günther: Natürlich ist es wichtig, das Schirmgefühl zu schulen. Die Farbcodierung soll das ja nicht ersetzen, sondern nur eine Hilfestellung bieten, damit Flugschüler am Anfang eine gewisse Orientierung haben, wo sie sich im Steuerbereich befinden und wie sich das entsprechend anfühlt. Ich denke, das könnte sogar Vorteile bei der Entwicklung des Schirmgefühls haben. Davon aber abgesehen: Lassen wir doch erst einmal die Flugschulen damit Erfahrungen sammeln, ob sie nach einer Schulungssaison in der Praxis damit Vorteile erlebt haben oder nicht. Wenn die Flugschulen das nämlich nachfragen, werden sicher auch noch andere Hersteller darauf einsteigen.
AntwortenLöschenIch musste auch etwas schmunzeln, denn soweit ich mich an meine Schulung erinnere, hatte ich wenig Muße, dauernd auf die Bremse zu schauen. Gerade bei den ersten Hüpfern am Übungshang schaut man besser nach vorne als zur Bremse. Mehr geholfen haben mir die Zeiten im Simulator, in dem die Anweisungen des Trainers für die Bremskontrolle geübt wurden, denn dabei entwickelt man das Gefühl für die Armstellung.
AntwortenLöschenAndere Frage: welches Problem hat man denn damit behoben?
Gruß Thomas
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