Die Startplatzprognosen von Burnair sind ein hilfreiches Tool, um Wetterbedingungen in Fluggebieten einzuschätzen. 

Die Farbcodes der Burnair-Windpfeile geben einen
schnellen Überblick. Werden sie orange, rot oder
gar schwarz, ist Zurückhaltung angesagt.
// Grafik: Lu-Glidz

Wer das Wetter und damit die Flugbedingungen eines Tages einschätzen will, beginnt typischerweise mit dem Studium von großräumigen Wetterkarten oder der grafischen Aufbereitung von Meteo-Modellrechnungen, beispielsweise mit Hilfe von Windy. Sobald die Verteilung von Gut- und Schlechtwettergebieten, Fronten und Regenbändern sowie die ungefähre Windrichtung klar ist, rückt die Frage in den Mittelpunkt: Und wie wird es an dem von mir ausgeguckten Startplatz?

Hier kommen Punktprognosen ins Spiel. Für die Fliegerei sollte man immer solche nehmen, die auch den Höhenwind mit abbilden. Bei Windy und Meteoblue gibt es dafür die sogenannten Airgramme. Sie liefern sogar Hinweise auf den Temperaturgradienten. Gerne genutzt wird auch Meteo-Parapente. Dort lassen sich durch einen Klick in die Karten zugehörige Windgramme mit einer farbcodierten Darstellung des Höhenwindes abrufen.

Seit einigen Monaten gibt es noch ein weiteres interessantes Angebot: Burnair liefert auf seiner Webseite und der zugehörigen App für alle Fluggebiete in Deutschland und dem Alpenraum sogenannte Startplatzprognosen. Diese sind in besonderer Weise an die Bedürfnisse von Gleitschirm- und Drachenfliegern angepasst. Was man aus ihnen herauslesen kann, stelle ich im Folgenden vor.
 

Der aktuelle Tag ist kostenfrei

Wichtig zu wissen: Burnair bietet viele seiner Dienste im Abo an, d.h. man muss dafür zahlen. Wichtige Grundinfos sind aber frei verfügbar. Das gilt in Teilen auch für die Startplatzprognosen.

Die Daten des jeweils aktuellen Tages werden jedermann angezeigt. Einzige Voraussetzung: Man muss sich bei Burnair registrieren, was kostenfrei möglich ist. Für zahlende Abonnent sind die Startplatzprognosen zusätzlich für die vier folgenden Tage und sogar den Vortag abrufbar.

Die frei verfügbaren Daten des aktuellen Tages helfen freilich schon viel weiter und sind ein wertvolles Sicherheitsplus. Es ist empfehlenswert, den Burnair-Startplatzcheck in die Meteo-Routine am Morgen eines Flugtages mit aufzunehmen. Denn die Darstellung lässt auf einen Blick gleich zweierlei erkennen: Ist der Tag vom Wind her problemlos, sportlich oder eben nicht mehr sicher fürs Fliegen? Und zu welchem Zeitpunkt bzw. für welche Zeitspanne könnte sich ein Flugfenster öffnen?
 

Icon-D2 als Basis

Die Startplatzprognosen von Burnair basieren auf Prognosen des deutschen Meteo-Modells Icon-D2. Das gilt zumindest für den aktuellen und den folgenden Tag. Für die weiteren Tage kommen die Daten vom etwas gröberen Modell Icon-EU.

Icon-D2 rechnet mit einem hoch aufgelösten räumlichen Raster von rund zwei Kilometern. Das bedeutet: Ungefähr alle zwei Kilometer in der Landschaft sitzt ein dreidimensionaler Datenpunkt. Das heißt: Er liefert auch für viele Höhenstufen über dem Boden alle Infos zu Wind, Temperatur, Feuchtigkeit und möglicher Wolkenbildung.

Burnair zieht für seine Startplatzprognosen den räumlich jeweils nächsten Datenpunkt heran und stellt die zugehörigen Werte für den Tagesverlauf in Stundenschritten dar.
 

Grundaufbau der Startplatzprognosen

Die Infobereiche der Startplatzprognosen.
Zum Vergrößern der Darstellung einfach
auf die Grafik klicken/tippen.
// Quelle: Burnair, Lu-Glidz

Jede Startplatzprognose ist in mehrere Infobereiche gegliedert (s. Grafik):

(1) Ganz oben das Datum der Prognose und der Hinweis auf den Zeitpunkt des zugehörigen Modelllaufs.

(2) Darunter ein simples Bildchenwetter mit Sonne-, Wolken- und Regensymbolen, um einen ersten Eindruck des zu erwartenden Wettercharakters zu bekommen.

(3) Es folgt eine Darstellung des Bewölkungsgrades, aufgeteilt in die üblichen Wolkenstockwerke hoch – mittel – tief. Farbsschattierungen liefern Hinweise auf die Bewölkung in Achtel. Bei prognostiziertem Niederschlag wird hier auch die stündliche Niederschlagsmenge als Balken angezeigt.

(4) Der zentrale und wichtigste Bereich dient der farbcodierten Darstellung der Windströmungen und möglicher Bewölkung in den verschiedenen Höhen. Dort ist auch eine schwarze, kurvige Linie zu finden, die ungefähr anzeigt, wie hoch von den Modelldaten her die Thermik reichen könnte. Die gerade gelbe Linie markiert die Höhe, auf der der jeweilige Startplatz liegt. Mit einem Klick auf das kleine schwarze Dreieck links oben lässt sich der dargestellte Höhenbereich erweitern.

(5) Die untere Zeile hebt die Windwerte auf der tatsächlichen Startplatzhöhe sowie die vom Modell gelieferte Böenstärke in Bodennähe hervor. Das hilft beim schnellen Check: Startbar ja/nein?


Farben zeigen Fliegbarkeit

Burnair ermöglicht ein besonders schnelles Erfassen der Windsituation, weil die Windgeschwindigkeit erst einmal nicht in absoluten Zahlen, sondern in einem bestimmten Farbschema angezeigt wird. Anhand der lässt sich die Fliegbarkeit direkt einschätzen. Bei Interesse kann man allerdings auch auf eine Zahlendarstellung umschalten. Oder man fährt mit dem Mauszeiger über einen Windpfeil und bekommt dann die zugehörigen Werte angezeigt.

Die Burnair-Systematik der Windpfeilfarben erfordert aber gar kein Zahlenstudium. Sie lässt direkt folgende Rückschlüsse zu:

Bei den Böen geht Burnair von
höheren Grenzwerten der
Fliegbarkeit aus.

Weiß (0-6 km/h) - Schwach:
Die Bedingungen sind so schwach, dass die Windrichtung vernachlässigbar ist. Typischerweise setzen sich dort lokale, thermisch bedingte Ausgleichströmungen durch.

Grün (7-14 km/h) - Spürbar: Man kann sicher starten und fliegen, an den meisten Hängen wird es aber noch zu schwach sein, um sich soarend halten zu können.

Gelb (15-24 km/h) – Gut Spürbar: Zum Starten ist u.U. schon eine gute Technik nötig. Soaring geht i.d.R. gut. Leegebiete werden deutlich spürbar.

Orange (25-30 km/h) - Stark: Der Pilot sollte eine sehr gute Starkwind-Starttechnik besitzen. An der Küste gibt es häufig noch interessante Soaringbedingungen. In den Bergen wird das Fliegen sehr anspruchsvoll.

Rot (31-36 km/h): Diese Färbung sollte man als Stoppsignal verstehen und ernst nehmen. Mit Normalschirmen wird man gegen den Wind so gut wie keine Vorwärtsfahrt mehr haben. Bei solchen Bedingungen packt man am besten gar nicht erst aus.

Schwarz (>36 km/h): Vergiss es! Die Windverhältnisse sind so stark und turbulent, dass Gleitschirmfliegen nur noch etwas für Lebensmüde ist.

Für die Stärke der Böen, die nur für das Niveau des Bodenwindes gerechnet ganz unten in den Startplatzprognosen von Burnair auftauchen, gilt eine etwas andere Farbskala mit gröberen Stufen (s. Grafik).


Wind auf Startplatzhöhe

Ein guter Flugtag am Brauneck. Der Wind auf
Startplatzhöhe ist den ganzen Tag in einem
gut startbaren (grünen) Bereich.
// Quelle: Burnair

Wer sich die Startplatzprognosen vor allem in den Bergen anschaut, wird schnell bemerken, dass die gelbe Linie der Startplatzhöhe typischerweise einige Windpfeile über den vom Modell gelieferten Bodenwindwerten eingezeichnet ist. Das liegt daran, dass ein Meteomodell mit seiner Rasterung die tatsächliche Topographie nur relativ grob abbilden kann. In jedem Rasterpunkt stellt der Boden nur den Durchschnitt der Geländehöhe in seinem Umfeld dar. Bergkuppen oder auch enge Täler werden da gewissermaßen ausgemittelt.

Nun liegen die meisten Startplätze weit oben im Gelände, häufig direkt auf den Kuppen. Deshalb sind sie eher dem Wind ausgesetzt, den das Modell für diese Höhe in der freien Atmosphäre ausgibt – und eben nicht dem errechneten Bodenwind, der sich auf die Geländehöhe in der Modell-Topographie bezieht.

Die Startplatzprognosen von Burnair sind schon allein deswegen eine wertvolle Hilfe für die Piloten, weil sie – anders als Windy oder Meteo Parapente – direkt erkennen lassen: Auf welches Höhenwindniveau sollte man besonders achten, um die lokale Startbarkeit eines Tages einzuschätzen?

Vor allem an Tagen mit einem stärkeren Windgradienten kann es vorkommen, dass der vom Modell prognostizierte Bodenwind noch sehr schwach ist, der Wind auf realer Startplatzhöhe jedoch de facto schon (zu) stark. Bei Burnair fällt so etwas direkt ins Auge, wenn man die untere Zeile mit dem Startplatzwind mit den darüber abgebildeten Bodenwindwerten abgleicht.
 

Windgradient im Blick

Fliegbar ist die Hohe Salve an diesem Tag nur
bis Mittag. Danach nimmt der Höhenwind 
deutlich zu. // Quelle: Burnair

Durch die feine Höhenabstufung und dank stündlicher Werte liefern die Startplatzprognosen einen sehr guten und schnellen Überblick, wie sich der Wind und vor allem auch der Windgradient entwickelt. Gibt es beispielsweise eine Höhenschicht, ab welcher der Wind mit einem Mal deutlich zunimmt oder vielleicht sogar die Richtung sprunghaft wechselt? Dann könnte es ratsam sein, tiefer gelegene Startplätze anzusteuern und im Flug gar nicht so hoch aufzudrehen, um die Scher- und Turbulenzzonen zu vermeiden.

Ratsam ist da auch immer der Blick auf die Windentwicklung über den Tag. Wenn beispielsweise föhnartige Winde sich im Tagesverlauf immer weiter nach unten „fressen“, wird das in den Startplatzprognosen gut erkennbar, weil orangene, rote oder gar schwarze Windpfeile zunehmend in den tieferen Schichten auftauchen.

So kann man die Prognosen als Hilfestellung nutzen, um ein mögliches Flugfenster zu erkennen; aber eben auch zu wissen, wann es wohl ratsam wäre, sicherheitshalber früh landen zu gehen, um sich gar nicht erst gefährlichen Bedingungen auszusetzen und das Risiko unnötig zu erhöhen.


Das „magische Auge“

Hat der Rand der Windpfeile eine andere Farbe
als der Kern, herrschen im Umfeld des
Prognosepunktes u.U. kritischere Bedingungen.
Auch das mahnt zur Vorsicht.
// Quelle: Burnair

Die Windpfeile der Startplatzprognosen haben häufig zwei Farben. Ihr Kern ist anders gefärbt als der Rand. Damit versucht Burnair ein Grundproblem von Punktprognosen zu lösen bzw. zumindest etwas abzumildern.

Das Grundproblem liegt darin, dass Punktprognosen per Definition nur die Daten dieses einen Punktes liefern. Vor allem in Gebirgsregionen kommt es freilich vor, dass die Differenzen in der Geländehöhe von einem Punkt zum nächsten deutliche Unterschiede in der Windstärke hervorrufen können. Zum Beispiel infolge von Lee- oder Düseneffekten.

Für die Flugentscheidung wäre es deshalb wichtig zu wissen, ob nicht nur am Startplatz, sondern auch im Umfeld des Fluggebietes ähnliche Windbedingungen herrschen und nicht um die Ecke vielleicht schon der Föhn tobt. Diese Information liefert Burnair über die Randfarbe der Windpfeile. Sie stellt jeweils den höchsten Wert aller direkt angrenzenden Datenpunkte des Meteomodells auf gleicher Höhe dar.

Ein grüner Pfeil mit rotem Rand bedeutet zum Beispiel: Vor Ort ist es laut Modell startbar, doch schon in unmittelbarer Nähe wäre das nicht mehr empfehlenswert. Je größer und warnender die Farbdifferenzen innerhalb eines Windpfeiles sind, desto mehr sollte man Vorsicht walten lassen. Vor allem wenn der Windpfeil auf Startplatzhöhe einen schwarzen Rand hat ist es absolut ratsam, gar nicht erst zu starten!

Bernie Hertz, der Kopf hinter Burnair, nennt diese Besonderheit seiner Startplatzprognosen das „magische Auge“. Es lässt die Piloten über den Startpunkt hinaus blicken und so auch Risiken erkennen, die in klassischen Punktprognosen ausgeblendet bleiben.
 

Grenzschicht und Wolkenbasis

An diesen Tag ist der Startplatz Ebenalp
in den Wolken. Nur gegen Mittag könnte
sich vielleicht ein Flugfenster für einen
Abgleiter öffnen. // Quelle: Burnair

Burnair liefert auch Daten dazu, wie hoch man an einem Tag möglicherweise fliegen könnte – begrenzt durch Wolken beziehungsweise die Höhe der thermisch durchmischten Grenzschicht. Letztere ist als schwarze Kurve im Tagesverlauf eingezeichnet.

Bei den Startplatzprognosen hilft vor allem die Darstellung der Wolkenentwicklung weiter. Grau schattierte Flächen hinter den Windpfeilen lassen erkennen, zu welcher Zeit, auf welcher Höhe und in welcher Dichte sie laut Modell zu erwarten sind. Das lässt zum einen eine ungefähre Einschätzung der Wolkenbasis zu. Zum anderen kann man damit auch noch eine gerade im Herbst und Winter wichtige Frage beantworten: Ist der betrachtete Startplatz überhaupt wolkenfrei, oder ist es ratsam, besser auf einen anderen, vielleicht tiefer bzw. deutlich höher gelegenen ausweichen?

Die angezeigte Wolkenhöhe sollte man nicht absolut verstehen und auf 100 Meter genau nehmen. Dafür sind die Raster der Meteomodelle gerade in gebirgigen Regionen noch zu grob. Aber als Hinweis darauf, ob man an Tagen mit relativ hoher, durchschnittlicher oder niedriger Basis rechnen kann, taugt die Darstellung allemal.

Dabei gibt es noch etwas zu beachten: Wenn die Startplatzhöhe deutlich über der in der Modell-Topographie berücksichtigten Bodenhöhe liegt, kann man der angezeigten Wolkenbasis getrost mindestens die Hälfte der Differenz dieser beiden Höhen zuschlagen. Hierzu ein Beispiel: Die Startplatzhöhe ist 1600m, die Bodenhöhe im Modell ist 1200m. Die Differenz beträgt 400m. Die Wolkenbasis kann man in der Realität gut 200 Meter höher erwarten als dargestellt.

Das gilt allerdings nur, wenn der Startplatz laut Prognose frei von Wolken ist. Liegen die Wolken in der Darstellung unter der Startplatzhöhenlinie, sollte man das auch in der Realität so erwarten.
 

Die Previ-Temps 

Ein Previ-Temp
zeigt auch den
Temperaturgradient

Die Höhe der thermisch durchmischten Grenzschicht (schwarze Kurve in den Startplatzprognosen) kann man übrigens nicht automatisch gleichsetzen mit dem tatsächlich erfliegbaren Thermikraum. Dafür müsste man auch Thermikstärke und Eigensinken der Geräte berücksichtigen.

Der Verlauf der schwarzen Grenzschicht-Kurve gibt aber zumindest einen guten Eindruck der thermischen Entwicklung. Je früher am Tag sie sich steil aufschwingt, desto früher ist der Tag auch thermisch „an“. Je höher die Grenzschicht reicht, desto kräftiger werden die durchschnittlichen Steigwerte der Thermiken in der Regel sein. Und wenn die Kurve schon weit vor Sonnenuntergang wieder abfällt, deutet das auf ein Stumpfwerden der Thermik hin, etwa durch Warmluftadvektion.

Wer noch genaueres über Thermikqualität und Basishöhen eines Tages wissen will, dem bietet Burnair zusätzlich spezielle Thermikprognosen und Temperaturgradient-Grafiken, sogenannte Previ-Temps. Diese stehen allerdings nur zahlenden Abonnenten zur Verfügung.



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