Jeremy Paxson hat einen neuen Hike-and-Fly-Rekord "by fair means" aufgestellt. Allerdings ist die Kategorie offiziell nicht definiert. 

Jeremy Paxson beim steilen Aufstieg auf den Slugen.
// Fotos: Sebastian Scheichl


Er hat angekündigt, und er hat geliefert. Vor fast einem Jahr erschien die Podz-Glidz-Folge "Double Everesting". Im Podcast erzählte der Deutsche Jeremy Paxson von seinem Plan, einen neuen Rekord im Höhenmeter-Sammeln per Hike-and-Fly aufzustellen. Er wollte nach Norwegen reisen und die besonders langen Mittsommertage ausnutzen, um einen Tag lang immer wieder auf einen Berg zu laufen und im Hellen hinunterzufliegen.

Kurz zuvor hatte der britische Profi-Trailrunner Andy Symonds bereits einen fabelhaften Rekord im Hike-and-Fly aufgestellt. Innerhalb von 22 Stunden kam er im Juni 2022 an einem Berg in Frankreich auf 16.976 Meter Höhengewinn.  Allerdings hatte er sich damals extra für diesen Tag von der französischen Flugbehörde per Notam einen Luftraum schützen lassen. So konnte er auch im Dunkeln fliegen, was ihm mehr Zeit fürs Bergauflaufen gab.

Jeremy rechnete Andy die Leistung hoch an, bezeichnete dessen Rekord dennoch als etwas unfair. Eine solche Leistung könne nicht einfach jederzeit übertroffen werden. Denn das würde wieder Rahmenbedingungen abseits der üblichen Regeln für den Gleitschirmflug verlangen – wie hier die Einrichtung eines speziellen Luftraums für Nachtflüge.


Mit zugelassener Ausrüstung

Jeremy Paxsons Vorstellung war eine andere: Hike-and-Fly-Rekorde sollten "by fair means" aufgestellt werden. Sprich: Mit einer Gleitschirm-Ausrüstung im zugelassenen Gewichtsbereich samt Rettung; und bei normalen Sichtflugbedingungen. Für ihn eine Sache der Ehre, aber auch ein Herzensprojekt.

Schon im Sommer des vergangenen Jahres reiste er nach Norwegen, um einen passenden Berg für so ein Vorhaben zu finden. Seine Überlegung: Im hohen Norden sind die Tage im Sommer nicht nur besonders lang, sprich: hell. Bei einem Küstengebirge kann man zudem gewissermaßen auf Meereshöhe loslaufen, was wegen der höheren Luftdichte der Leistung entgegen kommt. Und: An den Fjorden Norwegens ragen die Berge hoch auf, ermöglichen also "pro Runde" einen ordentlichen Höhengewinn.

Fündig wurde er in der Mitte Norwegens. Der 1564 Meter hohe Slogen ist ein pyramidenförmiger Berg mit einer fast konstanten Steigung an den Flanken und einer grasbewachsenen Startmöglichkeit unterhalb des Gipfels. Gut, um möglichst direkt und mit stetiger Belastung bergauf zu laufen und schnell wieder hinunter zu fliegen.

Jeremys letzte Landung
mit Bremsschirm

Am 19. Juni 2023 war es soweit. Jeremy startete um Mitternacht zu seinem ersten Aufstieg, samt 3,5 kg Ausrüstung auf dem Rücken. Die Abflüge machte er mit einem Nova Bantam. Um die Durchgänge zu beschleunigen, spiralte er einen Teil der Höhe sogar ab – mit einem Bremsschirm, um die G-Belastung zu reduzieren. 

All das wiederholte er insgesamt 13 Mal. Am Ende kam er in Summe auf 14.690 Meter erlaufenen Höhengewinn. Das ist zwar noch deutlich unter der Marke von Symonds, aber ein neuer Rekord, wenn man den Anspruch des "by fair means" gelten lässt. 

Hierüber darf nun debattiert werden. Denn bisher gibt es keine von irgendeiner offiziellen Stelle festgelegten Regeln für Hike-and-Fly Rekorde. 


Rekord nach Schweizer Nachtflug-Regeln

Der Rekord von
Gaël Droz 

Pikanterweise hat genau zwei Tage vor Jeremy Paxson der Schweizer Gaël Droz in Charmey ebenfalls eine Art von Rekord aufgestellt. Der ist nochmals anders gelagert. 

Gaël brauchte keinen Notam, nutzte aber eine Besonderheit des Schweizer Luftrechts aus. Dort darf man auch im Dunkeln fliegen, wenn man für den Nachtflug zuvor offiziell einen Flugplan einreicht. 

Gaël Droz startete seine persönliche Hike-and-Fly-Challenge zudem mittags um zwölf, lief und flog dann die Nacht durch, um erst nach 24 Stunden am Tag darauf damit aufzuhören. Er summierte 20 Aufstiege über rund 750 Meter und kam so auf insgesamt 15.075 Meter. Das sind 385 Meter mehr als Paxson, aber immer noch rund 1900 Meter weniger als Symonds.

Was davon jetzt als fair oder nicht ganz fair gelten darf, ob ein Rekord an einem Tag oder innerhalb von 24 Stunden aufgestellt werden muss, ob luftrechtliche Sonderregeln eines Landes genutzt werden dürfen, ob die Ausrüstung zugelassen sein und ein Helm sowie Retter mitgeführt werden müssen, etc. – all das liegt im Auge des Betrachters. Eine Validierung solcher Hike-and-Fly-Rekorde durch die FAI gibt es bisher nicht. 

Die Leistungen sind in jedem Fall mehr als anerkennenswert und für die meisten Gleitschirmflieger sowieso weit über dem, was sie selbst jemals erreichen könnten.