Burkhard Martens hat seine beliebten Lehrbücher zum Thermik- und Streckenfliegen zusammengefasst – einmal mehr ein Standardwerk
Aus zwei mach eins: Burkis Wissen in einem Buch. // Foto: Lu-Glidz |
Ihm ist etwas gelungen, was man auf den ersten Blick kaum für möglich hält: Die Themen Thermik- und Streckenfliegen verständlich herunterzubrechen und mit hunderten von Bildern sehr anschaulich zu machen. Viele Pilotenjahrgänge haben durch die Lektüre dieser „Standardwerke“ große und schnelle fliegerische Fortschritte machen können.
Zuletzt war das Thermikbuch in der deutschen Ausgabe vergriffen. Anstatt diese Fliegerbibel einfach neu aufzulegen, traf Burki eine kluge Entscheidung: Er lancierte kurzerhand eine aktualisierte Gesamtausgabe seines geballten Wissens, nun unter dem Titel „Das Thermik- und Streckenflugbuch für Gleitschirm- und Drachenflieger“.
Dank dünnerem Papier, Softcover und der Auslagerung dutzender Fluggebietsbeschreibungen aus dem ursprünglichen Streckenflugbuch ins Internet ist daraus kein 1000-Seiten-Schinken geworden. Geblieben sind 544 Seiten. Dieser Erfahrungsschatz wiegt freilich immer noch ein Kilogramm.
Wer als Anfänger von diesem Buch eine didaktisch perfekte Einführung in das Thermik- und Streckenfliegen erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein. Das ist kein Buch, das man nur einmal lesen muss, um sogleich ein besserer Pilot zu sein! Dafür ist der Inhalt auch viel zu vielschichtig.
Burki ist durch und durch ein Praktiker, der immer gleich mitten ins Thema einsteigt und aus dem Vollen schöpft. Immerhin tut er dies in einer gut verständlichen, einfachen Sprache. Manche Tipps werden sich erst mit einer gewissen Flugerfahrung erschließen, weshalb das Buch eben nicht nur für Anfänger interessant ist. Es lohnt sich, es auch später immer mal wieder zur Hand zu nehmen.
Viel Wissen in vielen kleinen Häppchen
Sowohl im Thermik- als auch im Streckenflugteil des Buches sind die Kapitel gespickt mit Bildern sowie kleinen Kästen mit Tipps, Erfahrungen und kurzen Merksätzen. Es ist, als hätte jemand eine Kühlschranktür voller Post-it-Zettel beklebt, jeder mit einzelnen Flugweisheiten darauf. Man könnte meinen, Burki hätte sich beim Schreiben an der Frage orientiert: Wie isst man einen Elefanten? Antwort: In vielen kleinen Häppchen.
Dahinter steckt durchaus eine Logik. Wie sonst könnte man etwas so komplexes und umfangreiches wie die vielen Schachzüge des Thermik- und Streckenfliegens überhaupt verstehen lernen? Das Spektrum reicht von der Zentriertechnik bis zur Streckenplanung mit diversen Online-Tools, von den Wirbelringstrukturen einer Thermikblase bis zur FAI-konformen Anmeldung von XC-Rekorden.
Für den Leser reiht sich ein Aha-Moment an den nächsten. Er ist gefordert, die vielen von Burki gelieferten Puzzleteile mit seinen eigenen Erfahrungen zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammenzufügen.
Manchmal wird es schwierig, sich in der Kleinteiligkeit zurechtzufinden. Wer zum Beispiel später mal etwas nachlesen will ("stand da nicht irgendwo etwas über die notwendige Abflughöhe bei Talquerungen?"), ist zum Blättern und Suchen verdammt. Aber letztlich ist das auch eine verführerische Stärke des Buches. Man wird zwangsläufig hineingezogen.
Denn Burkis Ausführungen sind nie langweilig oder allzu theoretisch. Und dank zahlreicher „Gastbeiträge“ von Top-Piloten wie u.a. Bruce Goldsmith, Chrigel Maurer, Ferdinand Vogel und Ulrich Prinz bekommt man on-top ein interessantes Kaleidoskop an weiteren Sichtweisen und Tipps.
Man wird dieses Buch ein Fliegerleben lang immer wieder gerne zur Hand nehmen und darin schmökern können. Jedes Mal wird man auf neue oder zumindest erneut durchdenkenswerte Erkenntnisse stoßen. Eine gute Gelegenheit, sie mit den eigenen fliegerischen Erfahrungen abzugleichen, sich davon inspirieren und letztlich weiterbringen zu lassen.
Wer schon eine frühere Ausgabe des Thermik- und des Streckenflugbuches besitzt und sich nun fragt, ob sich eine Neuanschaffung lohnt, darf beruhigt sein: Das meiste ist genauso auch in den früheren Einzelausgaben enthalten. Überarbeitet bzw. teilweise neu geschrieben sind vor allem die Kapitel zur Flugplanung und zum Wetter. Dort haben sich die Angebote an Infoquellen und Services im Internet einfach weiter entwickelt. Die Grundtheorie zum Thermik- und Streckenfliegen hingegen ist zeitlos.
Buchcover |
Hinweis: Diese Rezension ist in einer ganz ähnlichen, nur sprachlich leicht redigierten Fassung auch im aktuellen DHV Magazin erschienen.
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