Das chinesische Startup Blue Wing Technologies hat ein System entwickelt, um Gleitschirme mit Drohnen in den Himmel zu schleppen

Start mit einer SkyTow-Schleppdrohne am Rande
des Paragliding World Cup im chinesischen Linzhou.
// Quelle: Blue Wing Technology

Die Idee kursiert schon länger: Wie wäre es, Gleitschirme mit Hilfe ferngesteuerten Drohnen als Zugmaschine auch vom flachen Gelände aus abheben zu lassen? In China ist das bereits Realität. 

Beim jüngsten Paragliding World Cup in Linzhou führte die 2024 gegründete Firma Blue Wing Technology aus Shenzhen ihr System SkyTow dem internationalen Publikum vor. Selbst einige Wettbewerbspiloten ließen sich mit ihren CCC-Schirmen in die Lüfte schleppen. Zudem wurden Demo-Schlepps mit Tandems gezeigt (s. Video).

Das System beruht auf speziell für den Schlepp angepassten Drohnen. Es handelt sich um große Quadcopter (vier tragende Rotoren), die zusätzlich zwei senkrechte Schub-Propeller besitzen. Diese werden nur beim eigentlichen Schleppvorgang aktiviert, um für zusätzlichen horizontalen Schub bzw. Zug zu sorgen. 

Im Grunde kann man sich das ganze vom Wirkprinzip her vorstellen wie eine Art Motorschirm, bei dem der Motor nicht hinten am Rücken des Piloten sitzt, sondern rund 50 Meter davor von der Drohne getragen wird. Statt Schub- gibt es Zugkraft, um als gekoppeltes System aufzusteigen. In angemessener Höhe wird dann nur noch ausgeklinkt. Die Drohne fliegt samt Schleppseil wieder an den Startpunkt zurück und landet dort senkrecht.


Nachladen am E-Auto

SkyTow: vier waagerechte
und zwei senkrechte
Rotoren
Die SkyTow-Drohnen gibt es derzeit in zwei Größen. SkyTow101 ist auf den Schlepp von Solopiloten mit einem maximalen Gewicht von 80 Kilogramm  ausgelegt. Ein Schlepp bis auf 500 Meter AGL soll etwa drei Minuten dauern. SkyTow202 schafft die doppelte Nutzlast und kann damit auch Tandems in die Lüfte bringen. Laut Angaben von Blue Wing sollen 500 Meter Höhengewinn in vier Minuten möglich sein. 

Für die Energieversorgung dienen jeweils zwei Hochleistungsakkus, die schnell gewechselt werden können. Eine Ladung soll für mindestens zwei Schlepps reichen. Das Nachladen dauert nur rund 12 Minuten und kann sogar im Gelände geschehen, indem die Akkus von E-Autos angezapft werden.


D-Schlepp mit 2 m/s

Beim eigentlichen Schleppvorgang wird zuerst das Schleppseil eingeklinkt. Der Drohnenpilot startet dann die Drohne und bringt sie in eine Schwebeposition vor dem Gleitschirmpiloten. Hierbei wird das Seil schon  vorgespannt. Der Pilot zieht nun seinen Schirm ganz normal auf, die Drohne hält dabei automatisch ihren Grundzug bei. Ist alles in Ordnung, gibt der Pilot das Startkommando, und der Drohnenpilot gibt auf den zusätzlichen Schubpropellern Gas. 

Beim Aufstieg im "D-Schlepp" fliegt die Drohne rund 50 Meter vor dem Gleitschirm. Durch diesen Abstand sind die von der Drohne erzeugten Turbulenzen am Schirm nicht mehr spürbar. Die Steigrate liegt typischerweise bei 2 m/s. 

SkyTow hofft mit diesem System dem Gleitschirmfliegen im Flachland ganz neue Optionen zu eröffnen. Statt Geländen mit 1000 Meter Schleppstrecke reichen schon 100 Meter Wiese oder Strand aus, um sicher abzuheben. Die Schlepps können perfekt gegen den Wind ausgerichtet werden. Dank der Drohne kann ein größeres Areal nach möglichen Thermiken abgesucht werden, bevor der Gleitschirmpilot dann  im Bart ausklinkt und weiter aufdreht.


Große Hürden in Europa

Wer sich nun fragt: Wann kommt so ein System auch nach Europa? Das könnte noch lange ein Wunschtraum bleiben. Denn es gibt viele rechtliche Hürden, die hierzulande zu überwinden wären.  Darunter: Die SkyTow-Drohnen wiegen mehr als 25 Kilogramm und fallen deshalb in Europa unter die Regelungen für die "spezielle Klasse". Der Betrieb solcher Drohnen ist nur mit expliziter, behördlicher Aufstiegsgenehmigung erlaubt und setzt professionelle Drohnenpiloten voraus. 

Da beim Schlepp auch die übliche Höhenbegrenzung von 120m AGL für Drohnen der "offenen Klasse" überschritten würde, bräuchte es für diese Ausnahme die Freigabe durch die jeweils zuständige Luftfahrtbehörde. Das könnte die Auflage bedeuten, dass für jeden Schlepptag ein NOTAM beantragt werden müsste. Ein spontanes Abheben mit Drohnenhilfe, weil das Wetter gerade passt, ist da eher ausgeschlossen.