Leider haben die Flugwetterbedingungen während meines Testzeitraums keinen ganz so ausführlichen Test erlaubt wie mit den anderen o.g. Modellen. Vor allem die Manövertests wurden vom Starkwind "verblasen". Die Flüge reichten allerdings aus, um den Grundcharakter des Flügels zu erfassen.
Groundhandling mit dem Hook 3 am Dreiser Weiher. // Foto: Markus Scheid |
Im Gegenlicht zeigt sich der komplexe Innenaufbau des Hook 3. |
In der Eintrittskante spannen lange, relativ starre Stäbchen das Profil. Sie reichen an Ober- wie Unterseite rund 40 Zentimeter tief ins Segel. Auf lange C-Wires wie beim EN-C-Modell Artik hat Niviuk allerdings verzichtet. Dafür sorgt in der Kappe ein ausgeklügeltes System an Diagonalrippen und Querzugbändern für die ausgewogene Spannungsverteilung. Das ganze ist zudem noch gewichtsoptimiert. In der Größe 25 bringt der Hook 3 knapp 5 kg auf die Waage.
Bremsen: Der Hook 3 hat von Anfang an einen relativ hohen Bremsdruck, der noch dadurch verstärkt wird, dass die Bremsrollen (zumindest bei meinem Tester) nicht die leichtgängigsten sind. Für längere Flüge muss ein Pilot schon ein bisschen Kondition in den Armen mitbringen. Allerdings sind im Normalflug keine großen Bremsausschläge nötig. Zum einen weil die Kappe schon vieles wegschluckt, zum anderen weil die Bremse schon früh wirksam wird. Der größte Teil der Fliegerei mit dem Hook können mit 30 bis 40 cm Bremsweg absolviert werden. Auch der Strömungsabriss kommt vergleichsweise früh, ohne einen sehr deutlichen Bremskraftanstieg. Hier ist Vorsicht geboten!
Kappenfeedback: Der Hook 3 ist absolut kein Plappermaul. Die harte Kappe arbeitet nur wenig in sich und schluckt viele kleinere Luftbewegungen einfach weg. Das wirkt so, als wäre irgendwo zwischen Schirm und Pilot ein Filter eingebaut, der auch noch zeitverzögert arbeitet. Wer gerne von seinem Schirm viele Details über die durchflogenen Luftmassen erfahren will, der wird vom Hook enttäuscht sein. Wer auch beim Fliegen darauf schwört, dass in der Ruhe die Kraft liege, für den ist der Hook schon eher das Richtige. Die meisten der spärlichen Informationen werden über die Tragegurte nach unten weitergegeben.
Etwas irritierend fand ich das Gefühl, dass der Schirm mit seinen Luftmeldungen irgendwie etwas hinterher hinkt. Das lässt dem Piloten unter Umständen weniger Zeit, auf mögliche Klapper vorsorglich zu reagieren. Einige kleinere Störungen kamen bei meinen Testflügen sehr unvermittelt. Ob deshalb die enorme Ruhe des Hook 3 als etwas "trügerisch" anzusehen ist, müsste eine längere Praxiserfahrung zeigen. Mein Testzeitraum war dafür zu kurz.
Gewichtssteuerung: Keine ausgeprägte Stärke des Hook 3. Die Kappe reagiert relativ langsam auf Gewichtsverlagerung im Gurtzeug. Ein Aufschaukeln ohne Bremseinsatz verlangt einen langen Atem und genaues Timing. Im Grunde kann man den Schirm fast ohne Gewichtsverlagerung fliegen.
Kurvenflug: Trotz der mauen Ansprache auf die Gewichtsverlagerung lässt sich der Hook 3 über die Bremse sehr angenehm und nahezu verzögerungsfrei auf Kurvenbahnen bringen und halten. Bei diesem Manöver macht der Schirm richtig Spaß, zumal er wirklich alle Schräglagen mühelos beherrscht. Der Hook neigt nicht zum Graben, muss also nicht ständig über die Außenbremse gestützt werden. Auch ohne weitere Tricks anwenden zu müssen, geht das ganze mit einem erstaundlich geringen Kurvensinken einher.
Beschleuniger: Der Hook hat eine Trimmgeschwindigkeit von ca. 38 km/h. Der Beschleuniger ist vergleichsweise leicht zu treten und bietet v.a. in der ersten Hälfte einen Geschwindigkeitszuwachs von 6 km/h ohne große Einbußen im Gleiten. Max-Geschwindigkeit um 50 km/h. Auch bei Vollgas bietet der Hook 3 noch immer eine enorme Laufruhe.
Ohren anlegen: Die Ohren sind nicht besonders groß und auch nicht besonders effektiv. Gelegentlich neigen sie dazu zu schlagen. Zudem "wollen" sie gerne öffnen. Kein Parademanöver.
Steilspirale: nicht geflogen
B-Stall: nicht geflogen
Frontklapper: nicht geflogen
Seitenklapper: nicht geflogen. Zwei kleinere Klapper (nicht selbst provoziert) gingen ohne Richtungsänderung schnell wieder auf.
Nicken: Die Kappe hat eine hohe Pitchstabilität. Man braucht drei Oszillationen, um den Schirm ordentlich vor den Piloten schießen zu lassen. Das Abfangen geht vorbildlich.
Rollen: Nur über Gewichtsverlagerung schwer möglich. Aber mit Bremseinsatz entwickelt der Schirm schnell eine große Dynamik.
Packen: Der Schirm lässt sich mit den relativ starren Stäbchen schnell Zelle auf Zelle zusammen raffen. Dafür ist nicht zwangsläufig eine Zellenpacksack nötig. Bei Bedarf lässt sich ein erstaunlich kompaktes Packmaß erzielen. Um die Stäbchenenden aber etwas mehr zu schonen, ist eher eine etwas längere Faltung empfehlenswert.
Umsäumte Diagonalrippen und freie Nähfadenschlingen. |
Fazit: Der Hook 3 ist ein interessanter Schirm für Piloten, die weniger auf einen sportlichen Charakter als auf eine hohe Flugruhe Wert legen. Ob man das als Stärke oder Schwäche auslegen will, ist Geschmackssache. Von seinem Anspruch an den Piloten her ist er eher im mittleren als im High-End Bereich des B-Sektors einzuordnen, bietet aber dennoch ansprechende Leistung und Agilität. Hier ist er mit MacParas Eden 5 vergleichbar. Herausragend ist sein sehr hogomenes Kurvenhandling über die Bremse. Ein echter Allround EN-B.
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2 comments
Danke für Deine Testeindrücke, Lucian, die sich mit meinen decken. Der Schirm ist optisch sehr schön, ansonsten braves Mittelmaß ohne tieferen Charakter. Interessante Details wie die gelungenen Magnetclips korrespondieren mit schlampiger Verarbeitung teils im Innenleben. Da gibt es Hersteller, die das erheblich besser können (wollen?).
AntwortenLöschenMir gefällt, dass Du auf solche Details wie das Innenleben eingehst, denn hier (und woanders) entscheidet sich, ob ein Schirm nach 50 Stunden noch derselbe ist wie im Neuzustand.
"Allrounder" ist die richtige Bezeichnung für einen guten, aber nicht rundum überzeugenden Schirm.
Seine Flugruhe wird ihm (wie dem Epsilon 7, der ein ähnliches Ziel verfolgt, es aber nachvollziehbarer vermittelt) Freunde vermitteln.
Hans
IHallo Hans, was meinst du mit ' der Epsilon 7 vermittelt die Laufruhe nachvollziehbarer' ?
AntwortenLöschenGrüsse, Marion Karczewski
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