Gute Heizhandschuhe sind ein teurer Luxus. Mit der Unterziehvariante X1 von Blazewear lassen sich klassische Fliegerhandschuhe mit einer Elektroheizung aufrüsten. 

Der Unterzieh-Heizhandschuh X1 von Blazewear.
Die Akkus sitzen in einer Tasche in der Stulpe.
Lange Flüge im Winter haben häufig einen limitierenden Faktor: Die Hände, und dort vor allem die Finger, werden selbst mit dicken Handschuhen schnell kalt und sterben schmerzhaft ab. Gerade wer leicht zu eiskalten Händen neigt, kommt kaum darum herum, eine irgendwie geartete Heizlösung für die Finger zu finden.

Chemische Heatpacks in Klappfäustlingen sind eine vergleichsweise günstige Möglichkeit, allerdings fällt es schwer, deren Wärme bedarfsgerecht zu regulieren. Die Luxusvariante kommt in Form von elektrisch beheizten Winter-Fliegerhandschuhen wie zum Beispiel den Aviator GTX von Zanier daher (s. Test in Lu-Glidz). Doch deren Preis von rund 300 Euro dürfte für viele Piloten jenseits der persönlichen Investitionsbereitschaft liegen.

Ideal erscheinen da dünne Heizhandschuhe, die man bei Bedarf unter den normalen Fliegerhandschuhen tragen bzw. je nach Witterung mit unterschiedlich stark isolierten Skihandschuhen oder -fäustlingen kombinieren kann. Doch was bringt eine solche Lösung in der Praxis? Um das zu testen habe ich mich ein wenig ins Thema bzw. die entsprechenden Angebote im Internet eingelesen und dann jenes Modell bestellt, das mich von den technischen Daten und den Kommentaren in verschiedenen Foren her am ehesten überzeugte. Es handelt sich um den Unterziehhandschuh bzw. Liner X1 des britischen Spezial-Anbieters Blazewear. Dieser bietet den X1 zu einem Preis von 99 britischen Pfund plus Versandkosten an, woraus sich zum aktuellen Umrechnungskurs (Dezember 2016) ein Gesamtpreis inkl. Versand nach Deutschland von knapp 140 Euro ergibt.

Der Einschaltknopf des X1 zeigt
mit den Farben grün, gelb, rot
die gewählte Heizstufe.
Der X1 ist aus einem dünnen, schwarzen Stretchmaterial (95% Polyester, 5% Spandex) gefertigt. Als Handschuh allein ist er weder besonders warm noch winddicht, auch besitzt er keinerlei Verstärkungen an Fingern oder Innenhand. Der X1 taugt also nicht als solo getragener, klassischer, dünner Fliegerhandschuh. Er erfüllt tatsächlich nur die Funktion eines Unterzieh-Handschuhs, den man als eine Art Basis-Layer einsetzt. Im Grunde genommen liefert der X1 nur das Trägermaterial, um die elektrischen Heizdrähte an den passenden Stellen der Finger zu positionieren.

Die Heizung funktioniert folgendermaßen: In der Stulpe des X1 ist außen eine Tasche eingenäht, in der pro Handschuh zwei Lithium-Polymer-Akkus stecken mit einer Gesamtleistung von 13,32 Wh (1800 mAh bei 7,4 V). Auf der Innenseite der Stulpe wiederum befindet sich ein gummierter Drucktaster mit integrierter Steuerelektronik, über den sich drei verschiedene Heizstufen anwählen lassen. Von diesem Taster aus führt ein langer, sehr feinfaseriger Heizdraht einmal Finger für Finger an der gesamten Außenkante des Handschuhs entlang. So wird jeder Finger von beiden Seiten inklusive der empfindlichen Fingerspitze gewärmt, genauso wie der Bereich der Pulsschlagadern am Handgelenk. Der Heizfaden ist dünn und geschmeidig, sodass er so gut wie nicht aufträgt oder gar störend spürbar wird.

Bei meinen praktischen Tests habe ich die X1 unter sogenannten "3-Saisonen" Ziegenleder-Fliegerhandschuhen vom Typ Basisrausch Kristall getragen. Trotz Temperaturen um den Gefrierpunkt und ohne Sonne reichte diese vergleichsweise dünne Kombination aus, um schon auf mittlerer Heizstufe der X1 keine spürbare Auskühlung der Finger zu erfahren. Das ist bemerkenswert, weil ich an den Händen sonst relativ frostempfindlich bin. Bei voller Leistung stellte sich sogar dauerhaft ein angenehmes Wärmegefühl an den Fingerspitzen ein. Zwei Stunden Wintersoaring ohne beißende Finger nach der Landung waren so möglich.

In Kombination mit besser bzw. dicker gefütterten Winterhandschuhen dürften die X1 auch noch bei deutlich tieferen Minustemperaturen tauglich sein. Eine Stärke dieses Konzeptes besteht ja gerade darin, dass man die X1 im Grunde nach Belieben mit jedem Handschuh kombinieren kann.

Der dünne X1 lässt sich problemlos selbst unter recht
engen Lederhandschuhen tragen (hier extra zur
Ansicht halb zurückgeschlagen). 
Ein Vorteil der X1 gegenüber anderen Unterzieh-Heizhandschuhen am Markt (eine Reihe davon werden z.B. auf www.beheizbare-handschuhe.net vorgestellt) ist zum einen die sehr dünne, eng anliegende Ausführung. Dadurch hat man mit den X1 keine Probleme in jeden normalen Handschuh hineinzuschlüpfen. Zum anderen besitzt der X1 eine vergleichbar gute elektrische Ausstattung. Bei voller Leistung und wirklich spürbarer Wärmeentwicklung halten die Akkus gut zwei Stunden durch, bei mittlerer Heizstufe sind es rund drei Stunden (die niedrigste Stufe habe ich nicht weiter getestet). Für die übliche Winterfliegerei - auch mit dem Motorschirm - dürfte das vollkommen ausreichen. Wer deutlich längere Streckenflüge im zeitigen Frühjahr plant, könnte hier mit Ersatzakkus in der Jackentasche oder einer externen Stromversorgung nachhelfen.

Ein Nachteil, den die X1 wie alle mir bekannten Heizhandschuhe besitzen, ist die fehlende Ladestandanzeige. Der Ein-/Aus-Knopf zeigt jeweils nur die gewählte Heizstufe an. Eine Abschätzung, wie lange die Restenergie im Akku noch Wärme liefern kann, ist kaum möglich. Man sollte also möglichst darauf achten, die Akkus vor einem Flugtag voll aufgeladen zu haben. Blazewear liefert die X1 zusammen mit einem Stecker-Ladegerät, welches die Akku-Packs der Handschuhe getrennt voneinander lädt.

Bleibt am Ende dieses Testberichtes noch die Frage, ob ich fürs Fliegen eher eine Heizhandschuh-Komplettlösung wie den Aviator GTX oder die Unterziehvariante X1 bevorzugen würde? Vieles spricht tatsächlich für die X1. Das fängt an beim deutlich günstigeren Preis, geht über die freie und bedarfsgerechte Kombinationsmöglichkeit mit jeder anderen (Winter-)Handschuhlösung und endet bei einer im direkten Vergleich sogar besseren Heizleistung.

Für den direkten Vergleich habe ich die X1 "unter" den Aviator GTX getragen, wobei ich an einer Hand die Heizung des X1 auf oberster Stufe anschaltete, an der anderen die des Aviator GTX. Die gefühlte Wärme war an der Hand und den Fingern mit dem heizenden X1 etwas höher. Vor allem aber zeigte sich ein positiver Effekt: Die X1 erwärmen, im Gegensatz zu den Aviator GTX, auch den Puls, was sich als sehr angenehm erweist - zumal der Aviator GTX gerade in diesem empfindlichen Bereich nur eine dünne Wattierung besitzt, weshalb dort eine Kältebrücke entsteht. Im Vorteil ist der Aviator GTX bei der Heizfunktion nur hinsichtlich seiner annähernd doppelten Akkulaufzeit.

Fazit: Der Unterzieh-Heizhandschuh X1 von Blazewear kann ich Winterfliegern, die schnell unter kalten Händen leiden, durchaus empfehlen. Herausragend ist, dass man man ihn dank seiner guten Passform ganz nach Bedarf mit beliebig dicken anderen Handschuhen kombinieren kann. Die Heizelemente sind gut platziert, leicht bedienbar und liefern spürbare Wärme. Die Akku-Kapazität von zwei bis drei Stunden dürfte für die meisten Flüge im Winter völlig ausreichend dimensioniert sein.