Finsterwalder Charly bietet drei neue Modelle von Heizhandschuhen an. Die Heiztechnik ist jeweils die gleiche, die Einsatzmöglichkeiten aber deutlich verschieden.

Charly Powerheat, Li-ION Light und Li-ION Fire
Im Winter kommt bei Piloten immer wieder die Frage auf: Wie halte ich meine Finger warm? Kalte Finger sind einer der Hauptgründe, warum im Winter früh gelandet wird. Dann stehen die Betroffenen da, schlockern ihre Arme, um wieder Blut in die unterkühlten Eishände strömen zu lassen. Ach, hätten sie doch nur bessere Handschuhe gehabt!

Dicke Handschuhe allein helfen beim Fliegen allerdings häufig nicht weiter. Denn durch unsere typische Handhaltung im Flug auf Kopfhöhe muss das Herz stark gegen die Schwerkraft arbeiten, um das Blut in die Finger zu pumpen. Wenn dann noch wegen Kältereizen sich die Adern verengen, kommt von der Körperwärme kaum noch etwas in den Händen an. (Das ist anders als z.B. beim Skifahren oder Wandern, wo das Blut nicht in die Hände "steigen" muss, sondern eher "fallen" kann. Als zusätzliche Hintergrundinfo, wie man sich im Winter vor Kälte schützen kann, empfehle ich den Lu-Glidz Post "Die Sache mit dem Windchill".)

Wohl dem, der seinen Körper in puncto Eishände noch ein wenig technisch überlisten kann. Heizelemente in den Handschuhen machen nicht nur mit ihrer Energie die Finger warm. Sie helfen auch dabei, dass der Körper selbst den wärmenden Blutstrom nicht so bald abschnürt. Gerade für jene Menschen, die sehr schnell unter kalten Fingern oder gar einem ausgeprägten Raynaud-Syndrom leiden, sind Heizhandschuhe beim Fliegen ein Segen.

Die Innenhand der Heizhandschuhe von Charly.
Finsterwalder hat mit seiner Marke Charly in diesem Winter gleich drei neue Modelle von Heizhandschuhen präsentiert: den Charly Powerheat, den Charly Li-ION Light und den Charly Li-ION Fire. Lu-Glidz bekam alle drei in der Göße XL für Tests zur Verfügung gestellt.

Vereinfacht beschreiben kann man sie als dick, mittel und dünn, woraus sich auch verschiedene Einsatzzwecke ergeben. Zur Einschätzung und zum Vergleich habe ich auch auf meine früheren Tests von Heizhandschuhen zurückgegriffen: den Zanier Aviator GTX als "dickes" und den Blazewear X1 als "dünnes" Pendant.

Die verwendete Heiztechnik ist bei allen Charly-Modellen die gleiche. In der Handstulpe sitzen jeweils Li-Ionen-Akkus mit 7,4 Volt und einer Kapazität von 2000 mAh, was 14,8 Wh rechnerisch möglicher Leistungsabgabe entspricht. Beheizt wird damit nicht der ganze Handschuh. Die eingebauten Heizdrähte verlaufen vielmehr entlang der Fingerseiten und vorne über die Fingerkuppen. Damit wird erreicht, dass die Wärme tatsächlich dort konzentriert ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht wird, um den Blutfluss zu erhalten und die Kältetaubheit zu verhindern.

Die Heizung kann in drei Stufen geschaltet werden. Dafür besitzen alle Handschuhe einen Druckschalter. Ein längerer Druck schaltet die Heizung ein, und zwar anfangs in der stärksten Stufe. Dabei leuchtet eine rote LED auf. Weiteres Drücken schaltet zur jeweils nächsten Heizstufe weiter, wobei die LED-Farbe auf blau = mittel bzw. grün = niedrig umspringt.

Lobenswerterweise, vor allem im Vergleich zu den oben genannten Konkurrenzmodellen, besitzen die Charly-Modelle eine im Druckschalter integrierte Ladestandsanzeige . Vier weitere LED zeigen, ob die Akkus noch 4/4, 3/4, 1/2 oder 1/4 geladen sind. Das erlaubt eine ungefähre Abschätzung der verbleibenden Heizdauer. Bei den Aviator GTX von Zanier wie den Blazewear X1 fehlt dieses Feature.

Temperaturmesskurven verschiedener Heizhandschuh-Modelle.
Charly heizt demnach am stärksten, der Zanier Aviator GTX
am längsten. // Quelle: Finsterwalder Charly
Auf höchster Heizstufe reicht eine volle Akkuladung bei allen drei Charly-Handschuhmodellen für rund zwei Stunden Wärme. Finsterwalder wirbt mit entsprechenden Messkurven, die ich aus der Praxis heraus auch bestätigen kann. Bei den niedrigeren Heizstufen kann man jeweils rund 2 Stunden zusätzliche Heizdauer rechnen.

Auffällig ist die besonders hohe Temperatur der Charly-Handschuhe. Weit über 40°C werden von Finsterwalder für den Powerheat in höchster Stufe angegeben. Zum Vergleich: der schon getestete Aviator GTX kommt nur auf rund 30°C.

Gefühlt sind die Charly-Modelle tatsächlich auch deutlich wärmer an den Fingern. Allerdings darf man aus Anprobe-Tests, die man in Innenräumen macht, nicht auf die "Performance" in der freien Natur schließen. Gerade beim Fliegen, wo der Fahrtwind viel der eingespeisten Elektrowärme gleich wieder fortreißen kann, spielt nicht nur die messbare Heiztemperatur ein Rolle, sondern auch die Winddichtigkeit und Isolationswirkung des Handschuhs. Bei dünnen Modellen verpufft durch den Windchill ein Großteil der Wärme geradezu.

Allzu warme Temperaturen wiederum können sogar kontraproduktiv sein. Wird die Haut lokal überhitzt, gleicht der Körper das durch Schwitzen aus. Die Finger werden feucht. Kriecht diese Feuchtigkeit in die Handschuhe, sinkt deren Isolationswirkung. Letztendlich kann man bei zu starker Heizung deshalb in der Praxis unter Umständen sogar früher kalte Finger bekommen. Höchste Heizleistung an sich sollte deshalb nicht das entscheidende Kaufkriterium sein. Viel wichtiger ist es, wie sich ein Handschuh insgesamt im angepeilten Einsatzbereich schlägt.

Im Folgenden meine Einschätzungen und Empfehlungen zu den einzelnen getesteten Charly-Modellen:

Charly Powerheat: Leder an Fingern und Innenhand.
Charly Powerheat:
Dies ist das "dickste" Modell der Heizhandschuhe von Charly. Vom Grundcharakter her entspricht es einem typischen Winter-Skihandschuh mit gefütterten Fingern und langer Stulpe. Für Gleitschirmflieger optimiert gibt es zusätzliche Verstärkungen der Innenhand, dort wo Leinen scheuern könnten.

Die Heizwirkung ist beim Powerheat auch beim Fliegen im Fahrtwind deutlich spürbar. Wenn es nicht bitterkalt ist, sollte man durchaus bewusst sogar nicht die höchste Heizstufe wählen, um die oben beschriebene Schwitzproblematik zu vermeiden.

Der Schnitt des Handschuhs ist gut, eine leicht gebogene Grundhaltung vorgeformt. Von der Passform her empfand ich nur den Daumen als deutlich zu großzügig geschnitten. Die wärmenden Heizdrähte sind zu weit vom Daumen entfernt. Die Heizwirkung ist also nicht an allen Fingern gleich stark zu spüren. Idealerweise wäre das isolierende Futter des Daumens zum Ausgleich etwas dicker ausgelegt, das ist hier aber nicht der Fall. Der Daumen bleibt im Flug am kältesten.

Kontraproduktiv für einen Fliegerhandschuh finde ich auch das recht stramme Gummizugband am Handgelenk. Es zieht den Handschuh dort eng zusammen, und zwar an einer Stelle, die besonders kälteexponiert im Fahrtwind steht. Pullover- und Jackenärmel enden typischerweise etwas davor, sodass es an dieser Schmalstelle direkt über den Pulsadern an Isolierung für den Körper mangelt. Beim Skifahren ist ein solcher Abschluss vermutlich sinnvoll, damit kein Schnee bis in die Handflächen fallen kann. Beim Fliegen hingegen macht die Engstelle keinen Sinn. Sie wirkt nur als störende Kältebrücke. Zumal der Handschuh auch noch am unteren Abschlussbund mit einem einstellbaren Gummizug versehen ist, um störenden Luftzug auszuschließen

Diese Kritik teilt der Charly Powerheat freilich mit seinem direkten Konkurrenten, dem Zanier Aviator GTX, der ebenfalls eine solche Kältebrücke am Handgelenk aufweist. Der Aviator ist allerdings vom Grundaufbau her deutlich großzügiger isoliert, ohne schon störend aufzutragen. Damit macht er wett, dass seine Heizelemente nicht ganz so warm werden wie die des Powerheat. Zudem weist der Aviator eine größere Akku-Kapazität auf. Er kommt auf eine rechnerisch mögliche Leistungsabgabe von 19,2 Wh. Das reicht für 4-5 Stunden Heizkraft auf höchster Stufe. Wer einen Handschuh für wirklich längere Winterflüge bei kalten Temperaturen sucht, für den ist der Aviator GTX noch immer erste Wahl.

Der Charly Powerheat ist für Piloten interessant, die für rund Zwei-Stunden-Flüge in der Kälte gewappnet sein wollen. Dafür ist dieser Handschuh eine gute Option. Gegenüber dem Aviator GTX punktet er zudem mit seiner schlankeren Form, der integrierten Akkustandsanzeige und nicht zuletzt auch mit seinem günstigeren Preis von knapp 240 Euro. Zum Vergleich: Der Aviator GTX ist für 260 bis 350 Euro in diversen Shops zu finden.


Mit dem Charly Li-ION Light können
auch Smartphone-Touchscreens
bedient werden. 
Charly Li-ION Light:
Das "mittlere" Modell der Charly-Heizhandschuhe entspricht vom Grundaufbau einem typischen Fliegerhandschuh, wie man ihn auch im Sommer in den Alpen beim Fliegen nutzt. Am Handrücken dient ein dünnes Softshellmaterial als Windblocker, die Innenhand ist aus weichem Ziegenleder geschneidert, mit einem dünnen Polyester-Futter. Eine zusätzliche Isolationsschicht besitzt der Handschuh nicht. Das heißt: Für den echten Winterbetrieb ist er alleine nicht geeignet. Daran ändert auch die integrierte Elektro-Heizung wenig. Im Fahrtwind geht die zusätzliche Wärme schnell verloren. Unter 5°C würde ich damit nur ungern länger in der Luft sein wollen.

Positiv gegenüber seinem großen Bruder, dem Powerheat, fällt auf, dass beim Li-ION Light die Heizdrähte deutlich näher und wirksamer am Daumen sitzen. Auch ist der Gummizug am Handgelenk etwas weniger eng ausgelegt. Dennoch entsteht hier noch leicht eine Kältebrücke. Was fehlt ist ein zusätzliches Zugband am Bund.

Der Schnitt, die Passform, aber auch das Griffgefühl mit dem Li-ION Light sind sehr angenehm. Auch ohne Heizung wäre es ein für Piloten attraktives Modell. Vom Einsatzzweck her würde ich diesen Handschuh als interessante Variante für die Übergangszeiten im Frühjahr und Herbst sehen. Wenn es in tieferen Luftschichten schon recht warm ist, in größeren Höhen beim Thermikfliegen aber noch Temperaturen um den Gefrierpunkt herrschen, dann könnte man immer wieder zeitweilig die elektrische Heizung ein- und wieder ausschalten, anstatt direkt auf dickere Fingerhandschuhe und extra Fäustlinge als Überzieher zurückgreifen zu müssen. Es ist gewissermaßen ein "3-Saisonen-Handschuh" auf Knopfdruck. Der Preis liegt bei knapp 210 Euro.


Der Charly Li-ION Fire trägt als Unterzieh-
Handschuh stark auf und lässt sich deshalb
nicht mit allen anderen Handschuhen kombinieren.
Charly Li-ION Fire:
Das "dünne" Modell der Charly-Heizhandschuhserie ist nicht als alleiniger Fliegerhandschuh geeignet. Es ist vielmehr ein Unterzieh-Handschuh, den man als zusätzlich wärmende Lage in andere Handschuhe mit hinein nimmt und sie damit zu einem Heizhandschuh aufwertet.

Die Passform an den Fingern ist gut. Positiv ist der Verzicht auf einen Gummizug am Handgelenk (keine Kältebrücke) und der Einsatz eines Zugbandes am Bund. (Diese Lösung hätte ich mir auch für den Li-ION Light gewünscht).

An Daumen und Zeigefinger weist der Li-ION Fire Kunstleder-Aufsätze auf, um damit Handy-Bildschirme bedienen zu können. Allerdings sitzen sie nicht optimal auf der Fingerkuppe, sondern davor. Durch die breite Auflagefläge ist es zwar möglich, Wischgesten auszuführen. Auf dem Bildschirm zielgenau tippen zu wollen ist damit allerdings zwecklos.

Die größte Krux dieses Modells ist allerdings, dass er als Unterzieh-Handschuh etwas zu massig auftritt. Am Handrücken ist dünnes Softshell verarbeitet. Zusammen mit den zugehörigen Nähten trägt der Handschuh so weit auf, dass es kaum möglich ist, damit in andere Fingerhandschuhe der gleichen Größe zu schlüpfen. Mit dem Li-ION Fire kam ich beispielsweise nicht mehr in den Li-ION Light oder den Powerheat meiner passenden Größe hinein. Das heißt: Man bräuchte letztendlich Überhandschuhe, die entweder vom Stoff sehr dehnbar sind oder eine größere Größe aufweisen. Zumindest sollte man vor einem Kauf immer testen, ob die Li-ION Fire tatsächlich zu den Handschuhen passen, mit denen man sie kombinieren will.

Eine mögliche Alternative wäre, den Li-ION Fire grundsätzlich als Innenhandschuh in Fäustlingen zu nutzen, wo es dieses Platzproblem für die Finger nicht gibt. Im Winter sollte diese Kombination zudem für eine Extraportion Wärme sorgen.

Für den Fliegeralltag würde ich aber empfehlen, statt 180 Euro für den Li-ION Fire lieber die 30 Euro mehr für den Li-ION Light zu investieren. Auch den kann man gut mit Fäustlingen für den Wintereinsatz kombinieren, bekommt aber gleichzeitig einen Handschuh, den man auch im restlichen Fliegerjahr noch gut einsetzen kann – sei es mit oder ohne Heizfunktion.