Die PMA hat eine kleine Testreihe durchgeführt, um die Auswirkungen unterschiedlicher Gurtzeugeinstellungen auf die EN-Einstufung von Gleitschirmen aufzuzeigen.

Die Vorgaben der Norm EN 926-2:2016 für die Gurtzeugeinstellungen
bei den Testflügen. // Quelle: PMA
Das Ergebnis ist im Grunde ein alter Hut – aber einer, den es lohnt, immer mal wieder anzuschauen: Wie sich ein Gleitschirm in einer Extremsituation (z.B. Seitenklapper) verhält, hängt im großen Maß auch von dem Gurtzeug und dessen Einstellungen ab, mit denen der Pilot unterwegs ist.

Die EN-Norm gibt für Testflüge gewisse Vorgaben vor: Bei einem Startgewicht von 80-100 kg muss beispielsweise der Abstand zwischen den Karabinern des eingesetzten Gurtzeugs 42-46 cm betragen, die Höhe der Aufhängung (Abstand zwischen Karabiner und Sitzbrett) ist auf 41-43 cm festgelegt (siehe Grafik). Alle Testpiloten der Prüfstellen fliegen mit einem solchen Setting, damit die Reaktionen auf die diversen Testmanöver zwischen den Schirmen möglichst standardisiert vergleichbar werden.


Aus EN-B wird EN-D

Die Herstellervereinigung PMA hat kürzlich die Probe aufs Exempel gemacht. Am Gardasee wurden vier verschiedene Schirme (3x Low-B, einmal EN-A) von Testpiloten mit verschiedenen Gurtzeugen und unterschiedlichen Einstellungen geflogen. Dazu zählten unter anderem ein normkonformer oder ein erweiterter Karabinerabstand sowie eine neutral aufrechte versus eine soweit wie möglich liegende Position. Ohne die Schirme und die eingesetzten Gurtzeuge beim Namen zu nennen (um hier keine geschäftsschädigenden Einzeldiskussionen zu Lasten der Hersteller zu entfachen), führt die PMA in einer Mitteilung die Ergebnisse auf.

Getestet wurden jeweils nur die Manöver Frontklapper, 75% Seitenklapper und Steilspirale. Dabei fielen alle vier Schirme mit einem EN-Norm-konformen Gurtzeugsetting in der Einschätzung der Testpiloten auch im Nachtest in die schon offiziell von einer Prüfstelle bescheinigte Kategorie EN-A bzw. B. Wichen die Gurtzeug-Einstellungen aber von den Normvorgaben ab, zeigten die Schirme auch andere, teils deutlich anspruchsvollere Reaktionen.

Bei einem deutlich breiteren Karabinerabstand verhielt sich der EN-A-Schirm so, dass er als EN-B zu klassifizieren wäre. Und bei der je nach Gurtzeug weitmöglichst liegenden Position verschärfte sich das Verhalten weiter. Aus manchem EN-B würde in bestimmten Kombinationen nicht nur ein EN-C, sondern gar ein EN-D – weil sich die Testpiloten gezwungen sahen einzugreifen, um die Manöver kontrolliert wieder auszuleiten.


Der Gurtzeug-Effekt

Bleibt noch die Frage, was die PMA dazu veranlasst, solche Tests durchzuführen? Es sei wichtig gegen das Missverständnis vorzugehen, die Klassifizierung eines Gleitschirms sei unveränderlich, heißt es in der Mitteilung. Die PMA will offenbar Verständnis dafür wecken, dass man nicht alle unerwartet heftigen Reaktionen eines Schirmes reflexartig dem Herstellern anlasten kann. Es gilt auch selbstkritisch die eigene Gurtzeugkombination und dessen Setting ins Visier zu nehmen.

Anders gesagt: Statt der normhörigen Einschätzung "ein EN-A ist ein EN-A" zu folgen, sollten Piloten sich mehr Gedanken darüber machen, welche entscheidenden Auswirkungen ein Gurtzeug auf das Flugerlebnis und die Sicherheit haben kann. Die PMA nennt das den "Gurtzeug-Effekt"

Eine allgemeine Empfehlung für die Piloten bei der Auswahl von Gurtzeugen gibt die PMA erwartbarerweise nicht.

Wenn man aus den Ergebnissen etwas ableiten wollte, dann vielleicht folgendes: Wer als Pilot gerne hätte, dass sich sein als EN-A oder EN-B getesteter Schirm auch im Alltag möglichst klassentypisch verhält, der sollte bei seinem Gurtzeug darauf achten, dass die Dimensionen von Karabinerabstand und Aufhängehöhe in den Rahmen der Norm fallen, und dass die eigene Sitzposition möglichst neutral und aufrecht ist.