Der junge Schweizer Skirennfahrer Gian-Luca Barandun ist bei einem Gleitschirmunfall ums Leben gekommen. Sind Steilspiralen in der Ausbildung ein zu hohes Risiko? 

Der tödliche Absturz von Gian-Luca Barandun sorgte für viele
Schlagzeilen. // Quelle: FAZ, HNA, Blick, NZZ, Tagesspiegel
Ein Großteil der Medienberichte über das Gleitschirmfliegen behandelt seit jeher Unfälle. Wenn dann noch bekanntere Persönlichkeiten davon betroffen sind, ist plötzlich fast überall davon zu lesen.

Ein trauriges Beispiel dafür ist der Tod des Schweizer Skirennfahrers Gian-Luca Barandun. Am vergangenen Sonntag war der 24-jährige bei einem Schulungsflug ums Leben gekommen. Barandun galt als großes Talent des Schweizer Skisports. Entsprechend sprangen die Medien auf die Todesnachricht an. Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland und Österreich war der Unfall in den Schlagzeilen zu finden.


Steilspiralen in der Ausbildung?

In der Gleitschirmszene könnte der Unfallhergang noch für Diskussionen sorgen. Barandun war auf einem Schulungsflug und leitete, wie es in der Schweiz zur Ausbildung gehört, unter Anleitung eine leichte Steilspirale ein. Aus bisher ungeklärtem Grund leitete er diese aber nicht aus, reagierte nicht mehr auf die Anweisungen des Fluglehrers und schlug schließlich mit hoher Geschwindigkeit am Boden auf.

Daraus ergibt sich zwangsläufig die Frage: Ist es sinnvoll und gerechtfertigt, mit Flugschülern in der Ausbildung schon enge Kurven, die in Steilspiralen übergehen können, zu trainieren (s.u.), zumal über Grund und nicht über Wasser?

Grundsätzlich könnte man sagen: ja. Denn es ist sicher sinnvoll, dass Piloten den Umgang mit einem stärker rotierenden Flügel, den dabei herrschenden Fliehkräften und den nötigen Manövern zur Ausleitung früh genug (d.h. mit einem Lehrer am Funk) und langsam herantastend erlernen. Denn die Chance, bei einem freien Flug in einen Spiralsturz zu kommen, selbst wenn man diesen nicht bewusst einleitet, ist immer gegeben. Das Gefühl für diese Kräfte zuvor schon einmal in einem geschützten und betreuten Rahmen erlebt zu haben, kann großen Einfluss darauf haben, in solchen Momenten das Richtige zu tun.

Allerdings bleibt stets ein Risiko: Wie der eigene Körper auf die Belastung einer Steilspirale reagiert, lässt sich kaum vorhersagen, wenn man diese noch nie zuvor geflogen ist. Wäre es nicht anzuraten, mit jedem Flugschüler vor dessen erster eigenen Spirale eine Art Checkflug zu machen? Das könnte eine Simulation im G-Force-Trainer sein, bei der die Schüler gleichzeitig auch noch die korrekte Körperspannung und Atemtechnik (Pressatmung) lernen. Ein Variante wäre das Erleben einer Steilspirale als Passagier im Doppelsitzer. Auch dort ließe sich schnell erkennen, wer besonders sensibel auf die G-Kräfte reagiert. Diese Piloten könnten dann besonders behutsam an die Belastungen gewöhnt werden. Ratsam wäre es dann auch, ihnen ein G-Force-Training zu empfehlen und zur Sicherheit das Spiralmanöver dann tatsächlich nur über Wasser zu trainieren.


Nachtrag: Die "echte" Steilspirale gehört in der Schweiz weder zum offiziellen Ausbildungs- noch zum Prüfungsprogramm des SHV. Als geprüftes Manöver gibt es aber den sogenannten Doppelkreis, bei dem zwei Vollkreise mit Ein- und Ausleitung auf gleicher Achse in einem Zeitrahmen von 20 Sekunden geflogen werden müssen. Dieses Manöver bedarf einer schnelleren Kurveneinleitung, die das Risiko birgt, in eine Steilspirale überzugehen, wenn der Pilot zu ambitioniert vorgeht und dann nicht entsprechend reagiert.