Der neue LT 1 von Sol Paragliders ist der erste Zweileiner mit Grunddaten wie ein klassischer C-Schirm. Zugelassen wurde er aber nach den Regeln der CCC-Wettbewerbsschirmklasse.

Der neue LT-1 von Sol basiert auf dem Zweileiner TR27, ist aber
in der Streckung und der Zellenzahl deutlich reduziert. Damit
entspricht er einem klassischen C-Schirm. // Quelle: Sol Paragliders
Schon vor acht Jahren zeigte sich die brasilianische Gleitschirmschmiede Sol innovativ, als sie erstmals einen Ein-Leiner präsentierte, bei dem die gesamte Last nur an der A-Ebene hing (Lu-Glidz berichtete). Der Sol One kam zwar nie auf den Markt, er diente hauptsächlich der Erprobung neuer Konzepte im Gleitschirmbau. Doch die Bereitschaft, Neues außerhalb üblicher Denkmuster und Möglichkeiten zu probieren, ist geblieben. LT 1 heißt ein neuer Gleitschirm, den Sol jetzt tatsächlich auf den Markt bringt, und der ebenfalls nicht so recht in herkömmliche Kategorien passt.

Es handelt sich um einen Schirm, dessen technischen Grunddaten (Zellenzahl: 66, Streckung: 6,25) einem typischen EN-C entsprechen. Auch vom Handling her soll der LT-1 laut Herstellerangaben in die Sportklasse passen. Der Schirm ist allerdings – wie moderne Wettbewerbsschirme – als Zweileiner gebaut, mit nur A- und B-Ebene am Tragegurt. Damit bietet er auch entsprechende B-Gurt-Steuermöglichkeiten und die damit erhöhte Stabilität im beschleunigten Flug.

Eine Zulassung als EN-C sucht man freilich vergebens. Denn bei Zweileinern, bei denen ebenfalls ein Großteil der Last an der A-Ebene hängt, ist es kaum möglich, Klapper so kontrolliert in ein Messfeld zu ziehen, wie es von der EN-Norm verlangt wird. Um das zu erreichen müssten Faltleinen als Klapphilfe eingesetzt werden. Doch damit bekäme ein Schirm gemäß den EN-Vorgaben automatisch ein "D" als Note.

Sol-Chef Ary Carlos Pradi hat sich entschieden, einen anderen Weg zu probieren. Anstatt den Piloten erklären zu müssen, warum der LT-1 als angeblicher C-Schirm doch ein "D" bekommen hat (und damit vielleicht gleich einen Teil der potenziellen Klientel zu verlieren), wagt er ein Experiment: Der LT-1 ist nur nach der CCC-Norm für Wettbewerbsschirme zugelassen. Das erleichterte zum einen die Zulassung. Zum anderen war Sol nicht gezwungen, den Schirm gezielt in seiner Statik zu schwächen oder in der Leistung zu beschneiden, um das induzierte Klappverhalten noch EN-kompatibel zu machen.


Ein neues Kapitel im Gleitschirmbau?

Damit eröffnet der LT-1 ein möglicherweise neues Kapitel im Gleitschirmbau. Zweileiner gelten für viele heute schon als die Zukunft der Sportklasseschirme. Viele Piloten loben deren enorme Leistung bei hoher Stabilität und erweiterter Steuerbarkeit (B-Steuerung). Dass diese Konstruktionsweise bislang noch nicht bei Schirmen mit geringerer Streckung Einzug gehalten hat, ist auch den strikten Vorgaben der EN-Norm geschuldet.

Sols Vorstoß mit dem LT-1 könnte eine gewisse Sprengwirkung entwickeln. Wenn viele Piloten in diesem Konzept einen Vorteil erkennen, und je mehr sich deswegen trauen, einen weniger gestreckten CCC-Schirm als Ersatz für einen klassischen EN-C zu fliegen, dann dürften auch andere Hersteller hellhörig werden. Damit wäre zu erwarten, dass in Zukunft verstärkt Fragen auftauchen wie: Ist eine EN-Norm, die die Entwicklung von Sportklasse-Zweileinern ausbremst, noch zeitgemäß? Und ist die Einteilung von (OLC-)Wettbewerben nach Schirmklassen auf Basis von EN-Noten überhaupt noch gerechtfertigt?

Es bleibt abzuwarten, ob andere Hersteller sich trauen werden, in diese Richtung mitzugehen. Vor drei Jahren stand Ozone schon einmal kurz davor, das EN-C-Modell Delta 3 mit Faltleinen zuzulassen (s. Die Rückkehr der Schwarzen Schafe). Der Delta 3 hätte dann zwangsläufig die Note D bekommen, was wohl auch etliche Diskussionen ausgelöst hätte. Ozone machte damals einen Rückzieher und nahm lieber ein Jahr weitere Entwicklungsarbeit in Kauf, um den Delta 3 am Ende doch faltleinen-frei in die C-Klasse zu hieven. Vielleicht ist die Zeit jetzt reif, solche Klassengrenzen zu durchbrechen.


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