Wenn es darum geht, wann Gleitschirmpiloten in Deutschland wieder in die Luft kommen, gilt das Motto: Alles ist im Fluss. Es bleibt noch Zeit für ein paar Webinare.
Wie DHV-Geschäftsführer Robin Frieß in seinem Freitags-Corona-Newsletter (pdf) und auch sehr gut in einem Interview der Flugschule Luftikus erläutert (s. Video auf Youtube, der Link führt direkt an die entscheidende Stelle), ändert sich erst einmal vor allem der zu beachtende Rechtsrahmen. Die Gleitschirmstartplätze wurden auf Basis der Paragraphen 29 des bundesweit geltenden Luftrechts gesperrt und werden nun wieder entsprechend bundesweit "entsperrt". Doch inwieweit sie dann auch tatsächlich genutzt werden können, fällt fortan unter die Infektionsschutzbestimmungen und den entsprechenden Corona-Verordnungen der jeweiligen Bundesländer. Und dazu passt ein salopper Kommentar Robins im oben verlinkten Video: "Und jetzt wird der Scheiß kompliziert."
Denn der Infektionsschutz ist im föderalen Deutschland Ländersache. Und obwohl die Bundesregierung bemüht ist, in puncto Corona möglichst einheitliche Grundregeln durch Absprachen zu erreichen, können die Umsetzungen im Rahmen der Verordnungen der einzelnen Länder im Detail durchaus unterschiedlich ausfallen. Und manche dieser Details sind zudem noch Auslegungssache.
Beispielsweise sind aktuell Sportstätten und -anlagen noch bis mindestens zum 3. Mai bundesweit gesperrt. Doch fallen auch alle Gleitschirmstartplätze darunter? Mutieren als Startplatz zugelassene Wiesen am Berg, die einem Wanderer frei zugänglich sind, juristisch automatisch zu einer Sportstätte, wenn man einen Gleitschirm darauf auslegt? Diese und ähnliche Fragen sind derzeit vielerorts unklar. Es ist aber zu erwarten, dass die jeweiligen Behörden hierzu in den nächsten Tagen und Wochen eindeutige Antworten finden werden. Bis dahin wird mal mehr, mal weniger Zeit vergehen. Panta rhei, alles fließt. Aber nicht alle sind im gleichen Fluss.
Rheinland-Pfalz prescht vor
Am weitesten ist derzeit das Land Rheinland-Pfalz. Ab dem 20. April gilt dort eine neue Verordnung, in der es heißt: "Sportliche Betätigung alleine, zu zweit oder mit Personen des eigenen Hausstands im Freien ist auch unter Benutzung von Sportanlagen zulässig. Dies betrifft Sportarten wie beispielsweise Rudern, Segeln, Tennis, Luftsport, Leichtathletik, Golf, oder Reiten.“
Zwar ist auch damit nicht geklärt, ob Gleitschirmstartplätze de jurae als Sportanlagen gelten würden. Aber das ist unter dieser Formulierung auch nicht weiter nötig, weil Luftsport "auch unter Benutzung von Sportanlagen" für zulässig erklärt wird. Damit ist zumindest ebenso gesichert, dass man bei einem Flug auch legal auf einem Sportplatz landen dürfte.
Erste Vereine in Rheinland-Pfalz haben als Geländehalter bereits beschlossen, ihre Startplätze nun ab Montag wieder freizugeben. Allerdings mit einigen Einschränkungen: Etwa die Nutzungsbeschränkung auf eigene Mitglieder oder die namentlich genannter Nachbarvereine, das Verbot von Tandemflügen und die Vorgabe von Abstandsregeln.
Die Nutzungsbeschränkung auf Vereinsmitglieder wird mit einer leichteren Kontrolle und der Vermeidung von Flugtourismus begründet. Denn es wäre durchaus erwartbar, dass Startplätze in einem bereits "flugoffenen" Bundesland von flughungrigen Piloten aus anderem Regionen überlaufen werden.
Dort, wo die Rechtslage noch nicht so eindeutig pro Flugsport ist, werden sich die Piloten also noch ein wenig gedulden müssen. Zugleich brauchen sie auch nicht allzu neidisch nach Rheinland-Pfalz zu schauen. Denn die Wetterlage, die dort für die kommende Woche prognostiziert ist, ist zwar thermisch, aber von starkem Wind und Böen geprägt. Im Grunde ist das eine wirklich gefährliche Giftmischung für den Einstieg in die Fliegerei nach wochen-, teils sogar monatelanger (Winter-)Flugpause. Von daher ist den Piloten auch in RLP nur anzuraten, nichts zu überstürzen und sich noch ein paar Tage zu gedulden; und wenn, dann besser erst einmal nur Groundhandling zu betreiben.
Webinar-Angebote bleiben attraktiv
Vorerst gilt also, die Zeit auch ohne echte Fliegerei weiter gewinnbringend zu nutzen. Dazu gehört das wachsende Angebot von Webinaren diverser Flugschulen. Eine gute und immer wieder auch aktualisierte Zusammenstellung ist auf der Webseite des DHV zu finden. Für Schweizer Piloten ist seit kurzem auch eine ähnliche Sammlung des SHV verfügbar.
Wer übrigens an diesem Sonntag vormittag (19.4., ab 10:40 Uhr) noch nichts vorhat, kann sich in ein Webinar bzw. einen Talk der Flugschule Achensee einwählen (die nötigen Daten sind hier zu finden). Dort bin auch ich zu Gast, um über das Thema "Moderne Thermiktheorie" zu sprechen und Fragen zu beantworten. Wer sich darauf ein wenig vorbereiten will, dem empfehle ich auf Lu-Glidz die Lektüre meines Posts "Die drei Thermiktreiber".
Korrekturhinweis: In einer ersten Version dieses Posts hatte es fälschlicherweise geheißen, die neue Verordnung in RLP gelte ab dem 20. Mai. Da hatte ich mich in der Eile vertippt. Es muss natürlich der 20. April heißen.
Corona
2 Kommentare
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AntwortenLöschenLucian Haas, Bonn
Danke, Lucian, für den Satz:
AntwortenLöschen"Mutieren als Startplatz zugelassene Wiesen am Berg, die einem Wanderer frei zugänglich sind, juristisch automatisch zu einer Sportstätte, wenn man einen Gleitschirm darauf auslegt?"
Das war das, was immer schon zu fragen gewesen wäre, und zwar vom DHV! (Und zum xten Mal: Es ging und geht bei allen Maßnahmen um nichts anderes als um Ansteckungsschutz und Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems. Sonst nix.)
Man könnte auch angesichts der Sinnhaftigkeit staatlicher Maßnahmenlockerungen noch fragen, ob nun das Fliegen in Räumen unter 800 qm, erlaubt ist, wenn dort keine Möbel sondern Blumen verkauft werden. Aber das führte jetzt zu weit.
Björn Klaassen hatte mir auf mein kritisches Statement vom 26.03. dankenswerterweise persönlich geantwortet. Ich zitiere daraus:
"Der DHV hat das Flugverbot auf den Geländen angeordnet. So sind auch wir selbst wieder in der Lage, das Fliegen bei Entspannung der Situation wieder freizugeben. Es ist auch das Gebot der Solidarität (ich will es nicht überstrapazieren), sich gemeinsam den Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens anzupassen..... Ich bin mir sicher, dass ein jetzt stattfindender Flugbetrieb den Behörden durch die Öffentlichkeit so viel Druck gemacht wird, dass möglicherweise eine Anordnung von ganz oben kommt. Dann haben wir es nicht mehr selbst in der Hand."
„Ich bin mir sicher“, „möglicherweise“. Keiner hat den Behörden Druck gemacht, und wenn es jemand hätte, dann hätten eben die Behörden ein Flugverbot erlassen müssen, dann hätten die den Zorn der Fliegergemeinde auf sich gezogen, also wenigstens den der renitenten Minderheit, die nicht freiwillig auf das Fliegen verzichtet haben. Die anderen 50%+ wären natürlich den Behörden dankbar gewesen für deren fürsorgliches und solidarisches Flugverbot und hätten dies in schriftlichen Loyalitätsadressen bei den Behörden kundgetan!
Und dann hätte der DHV die Interessen der Flieger verteidigen können, notfalls juristisch mit Berufung auf den Gleichbehandlungs- und Angemessenheitsgrundsatz.
"Und jetzt wird der Scheiß kompliziert." Und jetzt flucht Robin im Video. Weil der DHV es so mutwillig herbeigeführt hat! S.o.: „Dann haben wir es nicht mehr selbst in der Hand.“ Lustig.
Lucian hat netterweise den alten Griechen Heraklit („panta rhei“) zitiert. Der alte Römer Horaz hatte Angesichts der meist unfreiwilligen Ironie des Lebens auch etwas zu sagen: „Difficile est saturam non scribere“. „Man tut sich schwer, keine Satire zu schreiben.“
Günther Widmann, Oberreute
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