Am 6. Tag gehen die Redbull X-Alps in die vor-entscheidende Phase des Rennens. An der Spitze sind fünf Teams noch immer dicht beisammen. Wer schafft es, den Mt Blanc zu umfliegen?
Die Lage am Freitag morgen: An TP7 in Fiesch knubbelt sich ein Fünfer-Spitzenpulk. Die "Luftschlacht" um TP 8 und 9 könnte renn-entscheidend sein. // Quelle: redbullxalps.com |
Immerhin stehen die Wetter- und Thermikaussichten in der Region für heute und morgen auf "fliegbar", am Samstag sogar auf sehr gut fliegbar. Da das Führungsquintett aus besten Streckenpiloten besteht, werden diese sich sicher ein spannendes Race in der Luft liefern und vermutlich auch am Ende den Sieg bei diesen X-Alps unter sich ausmachen.
Für die Nachzügler tickt einmal mehr die Wetterfenster-Uhr. Schon wer erst Sonntag zum Mt Blanc kommt, wird es deutlich schwerer haben, und ab Montag heißt es in den Westalpen wohl wieder: Arschkarte. Die Thermikprognosen stehen dann einmal mehr auf rot, d.h. nach vernünftigen Maßstäben nicht fliegbar.
+++ King of Säntis: An Tag 4 stand die große Frage im Raum: Wird es jemandem gelingen, trotz Querung des breiten Rheintals und niedriger Wolkenbasis den 2-km-Zylinder am TP 6 Säntis fliegend zu meistern? Aaron Durogati zeigte hier seine Klasse und Können – wenn auch mit dem voran gegangenen Glück, noch ganz tief im Rheintal in Flachland-Manier einen Low-Safe-Bart auszugraben (s. Bild). Damit konnte er zu den bis dahin führenden Chrigel und Pädel (Patrick von Känel) aufschließen. +++
+++ Regenschlacht: Tag 5 stand zumindest auf Schweizer Boden unter dem Zeichen richtig schlechten Wetters. Bis auf wenige Flüge (Abgleiter), teils sogar im Regen, blieb den Rennteilnehmern nichts anderes übrig als in nasskalten Bedingungen ins und durch das Wallis zu stapfen. Die bekannte fliegerische Rennstrecke wurde zur läuferischen Geduldsprobe. +++
+++ Straßenlandungen: In den vergangenen Tagen blieb etlichen Teilnehmern bei ihren Gleitflügen in engen Tälern keine andere Wahl, als auf Straßen zu landen. Dass das nicht ganz ungefährlich ist, zeigt ein Video mit Patrick von Känel, der schräg vor einem fahrenden Wagen aufsetzte und dessen Schirm beim Ablegen fast noch vom Auto erfasst wurde. In den Sozialen Medien gab es zu diesen Bildern große Diskussionen, deren Spektrum von "cool" bis zu "geht gar nicht" reichten. Eines der Argumente ist nicht ganz von der Hand zu weisen: Wenn die Piloten bei den X-Alps schon für kleinste Luftraumverletzungen mit Zeitstrafen von mindestens einer Stunde belegt werden, warum werden solche illegalen Straßenlandungen toleriert und sogar von den Veranstaltern als Video verbreitet, als handele es sich nur um ein Kavaliersdelikt? (Hinweis zum Bild: Die linke Fahrspur dieser Straße war wegen Baustelle gesperrt, es gab also keinen Gegenverkehr). // Quelle: Screenshot ++++++ Ausgeschieden: Der sympathische Neuseeländer Nick Neynens (NZL1) wurde am Freitag morgen als zu dem Zeitpunkt Letzplatzierter aus dem Rennen "eliminiert". Er hatte sich wenige Tage vor dem Start der X-Alps bei einer Toplandung am Knöchel verletzt und war deshalb der langsamste Läufer im Feld. Vor dem Ausscheiden hatte er zwar seinen Nightpass gezogen, dann aber keine größeren Anstrengungen mehr unternommen, noch auf Gavin McClurg (USA1) aufzuschließen. Dieser war schon zu weit enteilt. +++
+++ Lauries Albtraum: An Tag 4 hatte Laurie Genovese (FRA4) einen Retterabgang. Diese Geschichte wurde von der Renn-Organisation bisher unter den Teppich gekehrt. Wohl aus gutem Grund: Denn um ein Haar wäre daraus eine Tragödie geworden, die für Laurie wie für die gesamten X-Alps fatal hätte enden können. Laurie war bei schlechtem Wetter und mit schon feuchtem Schirm unterhalb des Weststarts des Grubigsteins gestartet. Als eine weitere Regenzelle aufzog, "rettete" sie sich ins nächste landbare Tal im Norden. Beim Herausfliegen im Regen geriet ihr nasser Schirm direkt über einer Hochspannungsleitung in den Sackflug und fuhr selbst mit vehement getretenem Beschleuniger nicht wieder an, wie sie selbst in einem längeren Post auf Facebook schreibt. Laurie warf die Rettung und sank dann, nur kurz nachdem diese öffnete, knapp neben den Stromleitungen in die Bäume. Sie blieb in 15 Meter Höhe zwischen drei Tannen hängen, nur gehalten von Schirm und Rettung, ohne die Möglichkeit sich weiter sichern zu können. Der angeforderte Rettungshubschrauber konnte wegen des schlechten Wetters nicht fliegen. Der Bergrettung gelang es, Laurie von zwei Bäumen aus Seile zuzuwerfen, um sie im Gurtzeug sitzend daran abzuseilen. Zuvor musste die Pilotin aber noch ihren Schirm und den Retter opfern (sich davon losschneiden). Die Bergung dauerte drei Stunden. Anschließend musste die unterkühlte Laurie, um laut Reglement nicht noch aus dem Rennen geworfen zu werden, den Unfallort zu Fuß verlassen. Es ist sehr erstaunlich, dass sie trotz all dem am nächsten Tag das Rennen wieder aufnahm. Vielleicht die beste Therapie, um sich den Schock aus Hirn und Knochen zu laufen, damit kein Trauma daraus wird? Derzeit liegt sie auf dem vorletzten Platz. +++
Links rund um die X-Alps:
FRA 1: Maxime Pinot (FB) | FRA 2: Benoit Outters (FB) | FRA3: Theo de Blic (Insta) | FRA5: Damien Lacaze (Insta | YT)
NED1: Ferdy van Schelven (FB | Insta)
9 comments
Hallo Lucian,
AntwortenLöschenWas genau meinst du, wenn du "illegale Strassenlandungen" schreibst. Ist es wirklich explizit illegal auf einer Strasse zu landen? In der StVO sind Gleitschirme vermutlich nicht erwähnt, oder ;)? Oder meinst du eher sowas wie Gefährdung im Strassenverkehr? Das könnte man vermutlich argumentieren. Wobei ich da der Meinung bin, dass er sich ja allererster Linie selbst gefährdet. Ich würde das gleichsetzen mit einem Radfahrer, der über rot fährt. Also schon nicht in Ordnung, aber auch kein Weltuntergang. Finde die Aufregung darum irgendwie etwas übertrieben.
Wäre mal interessant zu wissen, wie es damit rechtlich wirklich aussieht.
Viele Grüsse
Jonas Heidenfelder
@Jonas: Über die "Illegalität" solcher Aktionen lässt sich trefflich streiten bzw. diskutieren. Nicht alles was nicht irgendwo explizit verboten ist, ist automatisch auch legal. Käme es zu einem Unfall, weil ein Pilot vor einem Auto landet und dessen Fahrer ein Ausweichmanöver mit Unfallfolge machen muss, dann hätte der Pilot vor Gericht sicher schlechte Karten, Abenteuerrennen hin oder her.
AntwortenLöschenDieses jahr wird etwas über das gesunde mass hinaus geschossen.. Aktuell kann man das nichtmehr als tollkühne Aktionen abstempeln.
AntwortenLöschenPiloten die in Wolken hinein starten wo sie nicht sehen wohin genau sie fliegen, im regen usw. Das ist alles immer lustig und cool solange nichts passiert, aber wenn ist das geschrei wieder gross!
Solche sachen muss man eigentlich als grob fahrlässig ansehen,zudem ists keine gute werbung fur unseren sport und sie sind mit diesen aktionen schlechte vorbilder. Sowas sollte bestraft werden, mit einer zwangspause z. B..
Zumindest in der Schweiz ist dies klar geregelt. Das Landen auf öffentlichen Strassen ist verboten. "Notlandungen" sind natürlich was anderes, aber ob das bewusste in Kauf nehmen als "Notlandung" gilt?
AntwortenLöschenWo kein Kläger da kein Richter...
Zumindest in Deutschland ist das mit den Straßen über die Flugbetriebsordnung geregelt:
AntwortenLöschenhttps://www.dhv.de/piloteninfos/gelaende-luftraum-natur/luftraumluftrecht/sicherheitsmindesthoehenabstaende/
Ansonsten gibt es keine luftfahrtrechtlichen Regeln, die verbieten, auf einer Straße zu landen. Vermutlich wirst du rechtlich betrachtet wie ein grob fahrlässig handelnder Fußgänger behandelt, der irgendeine ablenkende Tätigkeit mitten auf der Straße durchführt, im Sinne von "Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr" oder so. Blöd wenn es dadurch zu einem Unfall mit Verletzten kommt (z.b. Ausweichmanöver des Autos).
zitat: "am Südstart des Grubigsteins gestartet und die Kante nach Westen entlang geflogen. Als eine weitere Regenzelle aufzog, "rettete" sie sich mit einem Sprung über den Grat ins nächste landbare Tal im Norden." (habe das gerade versucht auf google earth mit dem 3d tracking nachzuvollziehen und es ist meiner meinung nach nicht richtig, ich denke sie ist auf dem west gestartet und erst nach dem unfall auf dem südstartplatz gestartet, oder? :)
AntwortenLöschen@Mauerstein. Gut beobachtet. Da sind die Tracklinien etwas verworren. Aber der erste Start war wohl an der Hütte unterhalb des Weststarts. Ich werde es noch korrigieren...
AntwortenLöschenAls ich den Wolkenstart sah dachte ich auch, ich sehe nicht richtig. Gleiches gilt für die Straßenlandungen. Dass diese Videos auch gezeigt werden belegt nur, was man ohnehin weiß: es geht ums Spektakel. Wer hier in Kategorien wie Sicherheit denkt, findet immerhin abschreckende Beispiele.
AntwortenLöschenSo lange alles gut geht, wird sich der Veranstalter auf die Schulter klopfen und sich über die Aufmerksamkeit freuen. Hier Vorbilder zu suchen, hat so wenig Sinn wie beim PWC. Da ist ja mal jemand etwas dicht neben einem Gewitter geflogen ...
AntwortenLöschenUnklar bleibt, warum dem Race Committee ein Safety Director angehört. Aber möglicherweise ist es ja dessen Aufgabe, das Social-Media-Team keine Retterabgänge veröffentlichen zu lassen.
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