Die Paraclinic von Richard Edlinger ist der größte Instandhaltungsbetrieb Österreichs. Jetzt steht er vor einem Problem: Fachkräftemangel.
Richard Edlinger leitet die Paraclinic. // Quelle: paraclinic.at |
Richard, ich hörte Du willst oder musst die Paraclinic neu ausrichten. Was ist los?
Richard Edlinger: Wir sind schon seit längerer Zeit permanent überlastet und müssen täglich Aufträge ablehnen. Ich mag schon gar nicht mehr ans Telefon gehen. Einerseits, weil ich beide Hände zum mitarbeiten brauche. Und andererseits, weil ich jedem das gleiche erzählen muss. "Leider nein, unmöglich, wir können einen Termin in drei bis vier Wochen vereinbaren, und so weiter." So mag ich nicht mehr weitermachen.
Warum stellst Du keine neuen Leute ein?
Richard Edlinger: Wenn das so einfach wäre! Ich habe in letzter Zeit mehrmals probiert, geeignetes Personal zu finden, um aufzustocken. Leider völlig erfolglos. Und jetzt verlässt mich Anfang Juni auch noch meine stärkste und kompetenteste Mitarbeiterin Michi (Michaela Brandstätter). Sie zieht von Innsbruck weg, der Liebe wegen. Sie wird sich im Tiroler Oberland in kleinem Rahmen selbständig machen. Für mich stellt sich damit ganz akut die Frage: Wie weiter?
Was sind Deine Ideen?
Richard Edlinger: Ganz sicher ist, dass wir nicht mehr jederzeit für jedermann da sein können und werden. Ich werde strenger selektieren müssen, wem wir unseren Service anbieten. Vorrang haben natürlich Kunden, die ihr Equipment bei uns gekauft haben. Danach kommen diejenigen mit Schirmen der Marken, die wir selbst vertreiben. Also Ozone und Airdesign. Ich glaube, dass ich mit meinem Schrumpfpersonal alleine schon damit ausgelastet bin.
Und der ganze Rest?
Richard Edlinger: Leider bleiben damit alle anderen bisherigen Kunden mit ihren Niviuks, Skywalks, Advances, Gins, etc. auf der Strecke. Ich weiß, dass sie enttäuscht sein werden. Aber ich kann es derzeit nicht ändern.
Für viele wird das vermutlich ein ordentlicher Schlag ins Kontor sein. Es gibt ja gar nicht so viele Checkbetriebe am Markt, die auch delikatere Reparatur- und Trimmaufgaben übernehmen.
Richard Edlinger: Es gibt sogar eher immer weniger davon. Das Problem, dass wir in letzter Zeit so überrannt werden, hat ja nicht nur mit unserem guten Ruf zu tun. Das hängt auch mit anderen Entwicklungen zusammen.
Zum Beispiel?
Richard Edlinger: Nicht jeder Hersteller hat mehr seine hauseigene Werkstatt, an den die Piloten ihr Equipment schicken können. Es gibt etliche etablierte Flugschulen, die den Checkbetrieb eingestellt haben – eben auch, weil ihnen die Zeit und das Fachpersonal fehlt. Es gibt neue Flugschulen, die gleich gar keine Werkstätte einrichten. Und es gibt dann auch noch ein paar Typen, die mit Bestpreisgarantie und so weiter einfach nur Handel betreiben. Aber beim Service bieten sie nullkommanull.
Das klingt, als wäre Gleitschirmchecker ein Beruf mit sicherer Zukunft...
Richard Edlinger: Absolut. Vor allem wenn man auch noch ein feines Gespür und Händchen dafür hat. Moderne Schirme sind ja heute viel genauer genäht und müssen exakt getrimmt werden, um die erwartet hohe Leistung bieten zu können. Die Ansprüche an einen Check sind mit der Zeit immer höher geworden. Wer hier guten Service bieten kann, braucht sich um die Nachfrage keine Sorgen zu machen. Das weiß ich leider nur zu gut.
Was muss ein guter Checker können?
Richard Edlinger: Das ist letztendlich gar nicht so viel. Mein gesamtes Personal und selbst ich haben als absolute Quereinsteiger begonnen. Das herkömmliche Checken, sogar der nötige Umgang mit Nähmaschinen, ist für jeden halbwegs geschickten Menschen leicht erlernbar. Flugsportbegeisterung gehört auch dazu, neben einem gesunden Hausverstand und einem gewissen Ordnungssinn.
Das hört sich fast so an, als hofftest Du immer noch auf Bewerber oder Bewerberinnen.
Richard Edlinger: Im Herzen schon. Die Paraclinic ist ja auch mein Baby. Wer Interesse hat und sich beruflich verändern will, Pilot oder Pilotin, Alter egal, den möchte ich ermutigen, sich bei mir zu bewerben. Ich hätte eine langfristige Ganzjahresstelle zu bieten.
Wenn aber niemand kommt, dann gibt es bei der Paraclinic künftig – wie von Dir beschrieben – nur noch das selektive Programm?
Richard Edlinger: Ich sehe aktuell keine andere Lösung.
7 Kommentare
Ganz provokativ aber ehrlich gemeinte Frage: was verdient man da eigentlich? Vielleicht wäre das mal eine wichtige Frage für all die, die eine Finanzierung bezahlend und Familie ernähren müssen, aber deren Job wechseln möchten.
AntwortenLöschenSascha
Durchaus berechtigte Frage.
LöschenIch sehe die paraclinic als Dienstleistungs- oder Handwerksbetrieb.
Trotzdem haben meine Angestellten stets auch ohne Vorkenntnisse bereits von Anfang an mehr verdient als zbsp. ein gelernter Tischler, Schlosser, Glaser, Friseur, Verkäufer, etc.
Mfg Richi, paraclini
Man hört es überall, und es scheint immer schlimmer zu werden: Fachkräftemangel.
AntwortenLöschenEs ist eine Möglichkeit dem damit zu begegnen, die Kunden die man bedient zu selektieren. Hier gibt's eine klare Stategie: Nur noch die Schirme werden gecheckt, die man selbst verkauft hat, oder dessen Marken man selbst vertritt.
Eine andere Möglichkeit: Die Preise anheben. Die, die den guten Service schätzen, werden das bezahlen. Und vielleicht kann man mit dem höheren Umsatz auch ein höheres Gehalt bieten und somit dann doch noch jemanden finden. (Auch der Arbeitsmarkt folgt dem Preis/Leistungsprinzip)
Schade dass ich im Norden Deutschlands fest verwurzelt bin. Sonst wäre ein Umziehen in die Alpen mit einer völlig neuen Aufgabe echt eine Option :-)
Bitte meine Spitzfindigkeit hier zu entschuldigen, aber wenn ein Mitarbeiter aus persönlichen Gründen den Betrieb verlässt hat das doch nichts mit Fachkräftemangel zu tun.
AntwortenLöschenAber wenn man keine neuen findet, schon. Mangel herrscht, wenn Arbeit da ist, aber offene Stellen nicht besetzt werden können.
LöschenEs herrscht nur ein Mangel an nach Tarif bezahlten Stellen im Handwerk. Gerade in den nicht Ballungsräumen sind die Löhne weit unter Tarif. Die Unternehmen wollen jemanden mit 20 Jahren Erfahrung der alles kann, wollen dafür aber nur 15 Euro oder sogar weniger die Stunde zahlen. Es nimmt eben keiner eine so schlecht bezahlte Stelle an. Ich garantiere, es hängt zu 95 %Prozent am Verdienst. Aus Erfahrung kann ich das sagen. Wenn Richi wirklich gut bezahlt, dann findet er jemanden. Das ist keine Unterstellung, dass er das nicht tut. So eine Stelle hier in der Nähe und ich würde dorthin wechseln und das Hobby zum Beruf machen.
AntwortenLöschenMayer
Wie oben schon beschrieben ist es in der Szene genau das Thema Geld das viele Sorgen verursacht. Als freie Fluglehrer, Trainer und Packer habe ich nie den Schrott komplett in die Szene gewagt weil eben das Geld nicht so passt. Mit meinem normalem Job habe ich einfach mehr. Zumal das Arbeitspensum oft nicht passt. Da mache ich das lieber weiterhin als Hobby mit großem Erfolg ohne Einschränkungen. Geld regiert die Welt.
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