Ein Gleitschirmflieger verfing sich in den Seilen der Hochfelln-Bahn. Das zog eine riesige Rettungsaktion nach sich – nicht nur für den Piloten.
Ein Gleitschirmflieger in den Seilbahnseilen. Hinweis: Dieses Bild zeigt nicht die echte Situation, sondern wurde von einer KI erzeugt. // Quelle: Microsoft Bing, generiert mit Dall-E |
Glücklicherweise verhedderte sich sein Hauptschirm so in dem Seil, dass der 26-jährige fortan mehr als 80 Meter hoch über dem Abgrund hing. In seinem Liegegurtzeug sollte er das noch stundenlang aushalten müssen.
Evakuierung vom Gipfel
Als Folge des Unfalls wurde gleich noch ein weiterer Sprüche-Klassiker Realität: Ein Unglück kommt selten allein! Die beiden Kabinen der Hochfelln-Pendelbahn waren zum Zeitpunkt des Seil-Verfängnisses gerade unterwegs und mussten auf freier Strecke gestoppt werden. Es folgte eine sehr aufwendige Rettungsaktion, die den Talort Bergen unterhalb des Hochfelln den Rest des Tages bis tief in die Nacht in Atem halten sollte.
In den Gondeln waren etliche Passagiere. Sie wurden bis zu 30 Meter tief abgeseilt. Allerdings erst, nachdem Bergretter entlang der Bahnseile hinweg zu ihnen hin geklettert waren. Die Rettungsplattform, die normalerweise bei festsitzenden Gondeln auf der Strecke zum Einsatz kommt, konnte wegen des in den Seilen hängenden Fliegers nicht fahren.
Auch auf der Bergstation saßen laut Medienberichten rund 50 Besucher allen Alters fest, vom Säugling bis zur Oma. Laut Medienberichten kamen vier Hubschrauber zum Einsatz (von der Polizei bis zur Bundeswehr), um sie nach und nach ins Tal zu evakuieren.
Riskanter Downwash
Am schwierigsten war die Rettung des Gleitschirmpiloten. Ihn mit einem Hubschrauber auszufliegen, war angesichts des turbulenten Heli-Downwashs zu riskant. Also mussten sich weitere Retter ebenfalls über die Seile zu ihm vorarbeiten. All das brauchte seine Zeit. Unter anderem, weil sich auch noch herausstellte, dass das lokal verfügbare Rettungsequipment nicht ausreichte und erst noch ein für solche Bergungsaktionen spezialisiertes Seilfahrgerät besorgt werden musste.
Rund elf Stunden nach dem eigentlichen Absturz, es war bereits weit nach Mitternacht, kam der Unglücksrabe mit gestutzten Flügeln, aber wohlbehalten wieder am Boden an.
Der Vorfall rief einiges an Echo in den Medien hervor, mit Berichten u.a. im BR, Merkur und Spiegel. Eine ganze Bildstrecke zum Einsatz kann man sich auf Chiemgau24.de anschauen.
Nachtrag v. 7.5.: In der PNP ist mittlerweile ein Bericht erschienen, in dem der Pilot schildert, wie er die Stunden am Seil erlebte. (Zugriff nur mit Registrierung)
9 comments
Laut einem anderen Zeitungsartikel hat der Pilot den Notschirm erst herausgezogen, nachdem sein Hauptschirm sich in den Seilbahnseilen verfangen hatte. Siehe Anhang im GDF Posting https://www.gleitschirmdrachenforum.de/forum/gleitschirm-und-drachen-forum/sicherheit/927152-hochfelln-gleitschirmflieger-verfängt-sich-im-tragseil?p=927174#post927174
AntwortenLöschenDennoch eine unschöne Situation für den Piloten und Gästen am Hochfelln.
Korrekturhinweis: In einer ersten Version des Posts hatte ich auf Basis der mir vorliegenden Infos geschrieben, der Pilot sei unterm Notschirm hängend in die Seile geflogen. Nach eigener Aussage, kolportiert von der PNP, zog er den Notschirm allerdings erst nach der Seilkollision. Ich habe die zugehörige Passage im Text korrigiert.
AntwortenLöschenHallo Lucian, für die zweite Richtigstellung deines Berichtes wegen dem Satz: In den Gondeln waren jeweils rund 20 Passagiere. In der Gondel Richtung Berggipfel waren es nur 5 Personen. Und das weiß ich bestimmt, da ich das Glück oder Pech hatte in dieser Gondel mitzufahren!
AntwortenLöschenDanke, habe auch das korrigiert. @Werner: Wie lange hat denn allein die Rettung aus der Gondel gedauert?
Löschen14:30 Uhr Abfahrt mit der ersten Gondel, anschließend umsteigen in die zweite Gondel, die dann um 14:50 ca. 20 Meter vor der Gipfelstation stehen geblieben ist. Um ca. 20 Uhr ist dann jemand von der Bergwacht über das Tragseil der Seilbahn in die Gondel geklettert. Das Abseilen aus der Gondel ging dann ziemlich flott, so daß ich um ca. 21 Uhr am Hochfellngipfel war.
LöschenOh wow, d.h. doch auch 5 Stunden in der Gondel ausharren müssen. Respekt!
LöschenSolch leichtsinnige, um nicht zu sagen bescheuerte Aktionen erweisen unserem Sport natürlich einen Bärendienst. Wir reden hier nicht über unmarkierte Heu- oder Transportseile, wie es sie z.B. in der Schweiz häufig gibt und die tatsächlich leicht übersehen werden können. Wenn man angeblich schon zig-mal im Fluggebiet unterwegs war, sollte man zumindest in der Lage sein, einen gewissen Sicherheitsabstand zu Seilbahnen, Hochspannungsleitungen, etc. einzuhalten.
AntwortenLöschenKein Wunder, dass bei der negativen Berichterstattung Gemeinden, Bergbahnen, Umweltschützer usw. zukünftig noch kritischer auf unsere Belange reagieren. Den Schaden trägt die breite Masse an Piloten, die respektvoll und umsichtig unterwegs sind.
@Sepp: Ich finde, wenn noch nicht die ganze Geschichte bekannt ist, wie der Pilot in die missliche Lage geriet, sollte man sich zurückhalten mit Vorverurteilungen über "leichtsinnige" oder gar "bescheuerte" Aktionen. Der Hochfelln ist kein einfaches Gelände. Wenn man da auf der "falschen" Seite der Bahnseile zu tief gerät (vielleicht durch ein ungewöhnliches und unerwartetes starkes Sinken?), wird es schnell unlandbar. Leider sind wir im Leben vor Fehleinschätzungen nicht gefeit. Und das das Fliegen ein Teil des Lebens ist, ist auch dieser Teil zuweilen davon betroffen. Dass das in diesem Fall einen solchen Rattenschwanz an Folgen nach sich zieht, ist schon eher das Ungewöhnliche. Die m.E. sinnvolle Regel, im Zweifel erst einmal für den "Angeklagten" zu sprechen, sollte man auch hier gelten lassen.
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LöschenHallo Lucian, natürlich machen wir alle Fehler, und bei einer Verkettung unglücklicher Umstände kann man gerade in unserem Sport in unkontrollierbare Situationen geraten (z.B. Retterabgang).
Mein Kommentar bezog sich auf die Aussagen des Piloten in den Medien (PNP). Er sagt selbst dass er das Fluggebiet mindestens 50x beflogen hat (den Verlauf der Seilbahn sowie mögliche "Sackgassen" also kennen sollte) und das obere Kabel übersehen hat (der Retter wurde erst nach dem Verhängen geworfen).
Diese Aussagen legen für mich den Schluss nahe, dass der Unfall vermeidbar gewesen wäre - und das finde ich ärgerlich. Gerade in Deutschland, wo es ohnehin nur eine begrenzte Zahl an Startplätzen gibt, wird die Situation durch solche Aktionen noch angespannter. Wir dürfen in unserem Sport eine unglaubliche Freiheit genießen, aber an einige Regeln wie z.B. 50m+ Abstand über Seilbahnen und Hochspannungsleitungen sollten wir uns auch halten.
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