Große Heckbürzel moderner Wettkampfgurtzeuge können bei einer Störung vor den Piloten wehen und ihm die Sicht nehmen. 

Hier können die Piloten am Boden lachen. Aber
wenn ein so langer Bürzel im Flug bei einer
Störung nach vorne klappt, wird schnell
ein gefährlicher Blindflug daraus.
// Foto: Ewa Korneluk

Wer an der Weltspitze der Wettbewerbsfliegerei mithalten will, kommt an ihnen kaum vorbei: Gurtzeuge wie das Ozone Submarine oder das neueste Gin Genie Race. Sie sind durch Staudruck fett aufgeblasen und mit einem überlangen Heckbürzel versehen. 

Die aerodynamischen Vorteile liegen auf der Hand. Doch der damit erreichte Leistungsgewinn hat einen Haken. Er geht zu Lasten der Sicherheit. Schon mehrfach ist es Piloten passiert, dass sie nach einer Störung ihres gestreckten CCC-Schirmes samt Verhänger einen Fullstall mit Rückwärtsflug ziehen mussten. Bei klassischen Liegegurtzeugen ist das kein Problem. Bei "U-Booten" mit langen Bürzeln kann aber daraus ein zusätzliches Problem entstehen. 

Denn wenn so ein Gurtzeug nicht mehr von vorne, sondern von hinten angeströmt wird, fehlt der Staudruck, und der Heckbürzel wird weich. Im Rückwärtsflug klappt dann die große Heckflosse nach vorne. Und weil die Bürzel so extrem lang sind, können sie bis vor den Piloten schlagen und ihm die Sicht nehmen. Es wird dann deutlich schwerer, den Fullstall wieder sauber auszuleiten und die Störung zu beheben.


"Sicherheitstraining mit Schlafmaske"

Bei den jüngsten Wettbewerben wie PWC und der Weltmeisterschaft gab es schon Vorfälle dieser Art. Sehr launig ist das z.B. in einem Tagesbericht des DHV vom 12. Mai 2023 beim PWC im spanischen Pegalajar nachzulesen: 

"Nachdem er im Vollgas in einen Hardcorebart flog, der ihm den Fußbeschleuniger von den Haxen zog, schoss er gen Himmel und die Kappe weit hinter ihn, bevor sie knapp über seinen Kopf nach vorne flog. Danach war nur noch ein Knäul vorhanden, und das zu entwirren war schon schwer genug. Allerdings musste Tilen das nahezu im Blindflug lösen, da der lange Bürzel seines Gurtzeugs ihm die Sicht nahm. Aber Tilen ist ein alter Hase und löste alles mit Bravour. Eventuell hilft es, in Zukunft beim Sicherheitstraining eine Schlafmaske zu benutzen, um für alles gewappnet zu sein."

Sicherheitstraining mit Schlafmaske klingt lustig, ist aber ein sehr ernstes Thema. Wenn Störungen nicht mehr behoben werden können, weil ein Pilot durch sein Gurtzeug behindert wird, stellt sich die Frage nach dem Sinn solcher Technologien. 


Eingeschränkte Sicht

Breite Hülle, schlechte Sicht
// Foto: S. Mayer

Hinzu kommt, dass die neuen Gurtzeuge mit ihrer komplett durch Staudruck aufgeblasenen Hülle noch weitere Probleme mit sich bringen. Zum Beispiel sind sie deutlich breiter als "normale" Modelle. Dem Piloten wird dadurch ein Teil des Sichtfeldes genommen, vor allem nach unten. Für das im Wettbewerb übliche Pulkfliegen, bei dem man sein ganzes Umfeld besonders gut im Blick behalten sollte, birgt dies zusätzliche Risiken. 

Unter Wettbewerbspiloten wird das inzwischen durchaus kritisch diskutiert. Es werden auch Überlegungen angestellt, ob die FAI deshalb nicht auch bestimmte Sicherheitsvorschriften für die Bauweise von Gurtzeugen in Wettbewerben der Kategorie 1 (WM/EM etc.) erlassen sollte, analog zur Definition der CCC-Klasse für die Racing-Schirme.

Eine Maßnahme könnte zum Beispiel darin bestehen, die Heckbürzel zumindest in ihrer Länge zu beschränken und sie so zu gestalten, dass sie nicht mehr vor die Piloten schlagen können. 

Allerdings wäre es kontraproduktiv, die Heckflossen zu diesem Zweck mit anderen Hilfsmitteln wie z.B. Nitinolstäbchen zu versteifen. Heckbürzel, die ihre Form bei einer Störung dauerhaft behalten, könnten im Falle des Eintwistens es dem Piloten deutlich erschweren, sich wieder auszutwisten.