Das deutsche Verkehrsministerium erkennt EN-Prüfungen, die in anderen EU-Ländern gemacht werden, auch für Deutschland weiter voll an.
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| Der Photon von Ozone besitzt keine LTF-konforme Zulassung. Dennoch darf er in Deutschland geflogen werden. // Quelle: Ozone, bearbeitet |
Gemäß EU-Recht müssen technische Prüfungen, die in einem EU-Land gemacht werden und dort rechtsgültig sind, von anderen EU-Ländern anerkannt werden. Im Frühjahr 2024 brachte der DHV allerdings die Frage auf: Gilt das auch für alle Gleitschirme, wenn doch in Deutschland für deren Betrieb die Zulassung gemäß Lufttüchtigkeitsforderungen (LTF) vorgeschrieben ist – und diese LTF in §11 Ansatz 1 vorgibt, dass Prüfstellen eine spezielle Akkreditierung besitzen müssen?
Damals hatte Ozone für einige Schirme, darunter den Photon, die EN-Zulassung bei der französischen Prüfstelle FFVL-Aerotest machen lassen. Aerotest ist allerdings nicht wie von der LTF gefordert speziell akkreditiert, die Prüfungen werden aber von Frankreich anerkannt. Der DHV sah hier eine Ungleichbehandlung zu seinen Lasten, immerhin muss er für die Akkreditierung seiner Prüfstelle viel Geld zahlen, was Aerotest erspart bleibt. Also monierte der DHV beim Bundesverkehrsministerium die Gültigkeit der Prüfungen durch Aerotest gemäß LTF und bat um Klärung.
Anfangs gab es von dort in einer ersten inoffiziellen Einschätzung Signale, dass "Prüfungen der Prüfstelle des FFVL nicht nach den in Deutschland erforderlichen Grundlagen als geprüft anzusehen" seien. Eine offizielle und somit verbindliche Antwort stand aber noch aus. (Siehe dazu auf Lu-Glidz: Musterprüfungen der FFVL könnten in Deutschland ungültig sein).
EU-Recht dominiert
Die offizielle Stellungnahme des Bundesverkehrsministeriums kam dann Monate später. Offenbar haben dessen Juristen nach Prüfung letztendlich doch festgestellt, dass EU-Recht auch innerhalb der LTF über dem nationalen Recht steht.
FFVL-Aerotest zitiert auf seiner Website in einem Post vom 17. Dezember 2024 einen Brief des deutschen Ministeriums. Darin heißt es (hier aus dem Französischen übersetzt): „Gemäß Ihrer Anfrage weise ich darauf hin, dass §11 Absatz 4 der LuftGerPV weiterhin gilt. Grundsätzlich können Luftfahrzeuge, die keiner Musterzulassung unterliegen und von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, wie beispielsweise Frankreich, zugelassen wurden, daher in Deutschland verwendet werden.“
Anders gesagt: Für Schirme, die in einem anderen EU-Land von dort anerkannten Prüfstellen eine EN-Zulassung erhalten, gilt der LTF-Zwang für den Betrieb in Deutschland nicht.
Daraus ergeben sich ein paar interessante Fragen: Wird das Bundesverkehrsministerium die LTF überarbeiten, um die enthaltenen Widersprüchlichkeiten grundsätzlich aufzulösen? Könnte in dem Zuge vielleicht die Akkreditierungspflicht für Prüfstellen im Sinne einer europaweiten Gleichbehandlung wieder fallen? Und wie kann die Vergleichbarkeit der Testergebnisse zwischen verschiedenen Prüfstellen, akkreditiert und nicht akkreditiert, erreicht werden?
Diese letzte Frage beschäftigt auch die Gleitschirm-Herstellervereinigung PMA. Im August veröffentlichte sie ein Statement, in dem sie die bestätigte Freiheit bei der Wahl zwischen allen gemäß EU-Recht anerkannten Prüfstellen begrüßt. Zugleich sieht sie die Notwendigkeit, dass die verschiedenen Prüfstellen sich stärker untereinander abstimmen und gemeinsam klare Leitlinien entwickeln, um standardisierte und einheitliche Prüfungen sicherzustellen.

5 Kommentare
Hallo Lucian! Gilt das auch für Gurtzeuge und Schirme von Littlecloud? Können diese in Deutschland nun auch legal geflogen werden? Gruss Justus
AntwortenLöschenLeider nein, Justus. Little Cloud lässt für die meisten seiner Schirme keine kompletten EN-Zulassungen machen, sondern nur die Lasttests gemäß EN 926-1. Für eine Gleichwertigkeit der Prüfungen analog LTF müsste Little Cloud für die Zulassung auch die Flugtests nach EN 926-2 machen lassen.
LöschenUnd wie steht es mit der Protektorpflicht, genau genommen deren LTF-Zulassung? Immer wieder geben nämlich Hersteller auf ausländischen Testivals an, ihre Protektoren seien zertifiziert, aber von LTF wissen sie nichts...
AntwortenLöschenDie LTF akzeptiert bei Protektortests die EN-Norm als gleichwertig. Der Unterschied von EN zu LTF bei Gurtzeugtests insgesamt besteht hauptsächlich darin, dass LTF einen Protektor zwingend vorschreibt, EN nicht. Ein Gurtzeug, dass gemäß EN 1651 getestet wird und einen Protektor besitzt, ist damit meines Wissens nach auch LTF-konform.
LöschenÄhnliche Sachverhalte kenne ich aus der 120 Kg Ultraleicht Dreiachser Klasse. In Deutschland weichen die Regelungen etwas ab, sodass die meisten Fluggeräte in anderen EU Staaten (ink. Türkei) prüfen lassen. Auch gibt es gar keine Prüfstelle dieser Fluggeräte in Deutschland mehr. Man könnte die Vermutung äußern, dass die verkomplizierten und bürokratischen Regeln in Deutschland durch EU Recht immer wieder obsolet werden. Das sage ich ohne Wertung. Denn alles kommt mit seinen Vor- und Nachteilen.
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