Die Symphonia von Phi fällt zwar laut Testprotokoll in die Kategorie EN-A, doch der Schirm braucht sich vor keinem EN-B zu verstecken. Ein interessantes Konzept. 
Die Symphonia vor der Kulisse von Cenes de la Vega bei Granada in Spanien. // Fotos: Lu-Glidz

Die im folgenden beschriebenen Eindrücke zur Phi Symphonia habe ich in circa acht Flug- und Groundhandlingstunden unter unterschiedlichen Bedingungen (Thermik, Soaring, Starkwind am Boden) in der Eifel sowie in Südspanien gewonnen. Geflogen bin ich die Symphonia in der Größe 22 (75-95 kg) mit rund 92 kg Startgewicht. Das Gurtzeug war ein Karpofly Extra Light (Liegegurtzeug). Der Schirm wurde mir für den Test freundlicherweise von Phi zur Verfügung gestellt.

Hannes Papesh erlangte einst als Konstrukteur von Nova mit Schirmkonzepten wie Mentor und Ion den Ruf des Leistungskönigs der B-Klasse – und das ohne auf eine besonders hohe Streckung der Kappen zu setzen. Sein Traum war allerdings, eines Tages ähnlich leistungsstarke Schirme zu bauen, deren Extremflugverhalten sogar in die A-Klasse passen. "Hochleister-A" sozusagen. Mit seiner neuen, eigenen Marke Phi macht er sich nun daran, solche Ideen umzusetzen.
Der erste Schirm des neuen Labels setzt gleich eine besondere Duftmarke. Denn die Symphonia erhielt tatsächlich im EN-Test die Gesamtnote A. Allerdings ist der Schirm von seinen technischen Grunddaten her viel eher mit Schirmen der Kategorie B vergleichbar. Mit 50 Zellen und einer Streckung von 5,14 ähnelt die Symphonia stark einem Nova Ion 4 – mit zusätzlichen baulichen Raffinessen.

Sehr sauber genähte
Designübergänge.
Hannes Papesh wollte bei der Symphonia die technischen Möglichkeiten des modernen Schirmbaus ausschöpfen, ohne Rücksicht auf das im A-Sektor normalerweise angepeilte "einsteiger-freundliche" Preisniveau nehmen zu müssen. Also setzte er auf das teurere 32-Gramm-Tuch von Porcher, verwendete im Inneren der Kappe gewichtsreduzierte aber besonders profiltreue Streifendiagonalen, führte das 3D-Shaping im formstabileren Diamant-Muster aus, reduzierte das Leinenlayout auf zwei Stammleinen pro Seite, legte die Nähte der Miniribs nach innen und entschied sich auch noch für ein auffälliges, aber auch aufwendiges Streifendesign, das nur mit höchster Nähqualität sinnvoll zu realisieren ist.
Wer die Symphonia genauer unter die Lupe nimmt, wird schnell erkennen, dass sich ein solcher Einsatz auch im Ergebnis niederschlägt. So ist das Gewicht für einen Schirm dieser Komplexität und Alltagstauglichkeit angenehm niedrig. Selbst die größte Größe bleibt unter 5 kg! Die Kappe steht sehr sauber da und findet beim Start sehr früh ihre tragende Form. In der Luft überträgt sich das in eine spürbar homogene Spannungsverteilung, die wiederum beim Piloten schnell ein vertrauensvolles Gefühl für den Flügel weckt. Was mir sonst noch beim Fliegen der Symphonia aufgefallen ist, steht im folgenden Testbericht.


Der Tragegurt der Symphonia ist
schlicht und funktionell. 
Starten: Bei den Startvorbereitungen ist die Symphonia unkompliziert. Die wenigen Leinen (nur 2 Stammleinen pro Seite) fallen gut auseinander, sind farbcodiert und leicht zu sortieren. Nur die dünnen, unummantelten Galerieleinen verlangen etwas mehr Aufmerksamkeit. Sie sind untypisch für einen A-Schirm und zeigen den Leistungsanspruch der Symphonia. Der Tragegurt ist schlicht und übersichtlich gehalten.
Der eigentliche Start ist mit der Symphonia ein Kinderspiel, egal ob vorwärts oder rückwärts. Das liegt zum einen an der insgesamt leichten Kappe, zum anderen auch an der im Vergleich zu anderen Schirmen zusätzlich gewichtsreduzierten Eintrittskante.
Die Symphonia besitzt nur relativ kurze Stäbchen am Obersegel und verzichtet, trotz einer Stufe im Profil (Air-Scoop), auf ein zweites, kreuzendes Stäbchen am Untersegel. Dennoch steht die Eintrittskante erstaunlich clean und gut vorgespannt da. So reicht schon ein leichter Windhauch, um die Kappe startbereit in Form zu bringen und dann mit nur wenig Impuls und Führung aufsteigen zu lassen. Das funktioniert auch bei stärkerem Wind hervorragend, zumal sich die Symphonia über die C-Ebene sehr gut kontrollieren und am Boden halten lässt. Das Startverhalten ist eins der einfachsten und spielerischsten dieser Streckungsklasse. Auch Groundhandling-Liebhaber werden damit auf ihre Kosten kommen.

Landen: Sehr kontrolliert und mit einem erstaunlich guten Flare-Verhalten, das eher an High-B-Geräte erinnert. Wer von einem klassischen Schulschirm direkt auf die Symphonia aufsteigt, könnte sich bei den ersten Landungen leicht ein wenig verschätzen.

Der profilierte Magnethalter
für die Bremsgriffe.
Bremsen: Die Bremseneinstellung der Symphonia ist ungewöhnlich für einen A-Schirm. Der Vorlauf fällt mit deutlich unter 10 cm sehr kurz aus. Als Ausgleich ist das Band, mit der die Bremsrolle am Tragegurt sitzt, etwas länger als üblich. So kann die Bremse beim beschleunigten Flug von der Hinterkante etwas weiter nach oben gezogen werden. Allerdings sollte der Pilot strikt darauf achten, beim Beschleunigen tatsächlich die Bremsen ganz frei zu geben und jede Art der Wicklung aufzulösen. Sonst bleibt die Hinterkante ein wenig angebremst und die Topspeed fällt entsprechend kleiner aus!
Die kurz eingestellte Bremse bedeutet allerdings nicht, dass auch die weiteren Brems- und Steuerwege sehr kurz ausfallen. Hier hat die Symphonia große Reserven. Bei den nötigen Steuerbewegungen im Normalflug findet sich der Schirm im guten Mittelfeld der EN-B-Schirme wieder. Der Bremsdruck ist anfangs vergleichsweise gering und nimmt dann progressiv zu, ohne extrem hart zu werden.

Die Eintrittskante der Symphonia steht selbst am Boden schon
sehr clean da. Die Profilstufe am Untersegel ist ohne
ein zweites, gekreuztes Stäbchen realisiert.
Kappenfeedback: Die Symphonia bietet – trotz nur zwei Stammleinen pro Seite – eine überraschend sauber abgespannte und homogen agierende Kappe. Bei anderen Flügeln mit ähnlich widerstandsoptimiertem Leinenlayout hatte ich stets das "Zwei-Stammleinen-Syndrom" mokiert (vgl. Tests Icaro Gravis und Gradient Nevada 2): Entlastet der Schirm am Außenflügel, ändert sich bei nur zwei Stammleinen gleich für eine größere Flügelfläche die Spannungsverteilung, wodurch der Pilot des öfteren etwas stärker durchgeschüttelt wird als bei Schirmen mit drei Stammleinen. Bei der Symphonia tritt dieser Effekt allerdings so gut wie nicht in Erscheinung! Der Außenflügel ist zwar etwas weicher und raschelt gelegentlich am Thermikrand. Doch das bleibt in der Regel ein akustisches Ereignis.
Im Vergleich zu typischen EN-A-Schirmen ist die Symphonia rollfreudig und passt vom Charakter her eindeutig in die B-Klasse. Das Feedback über die umliegenden Luftmassen kommt hauptsächlich über die Tragegurte. Die Kappe zeigt Steigzonen gut an und zieht aktiv dorthin. Die Luft lässt sich etwas feiner Lesen als z.B. mit einem Nova Ion, erreicht in diesem Punkt aber nicht die Qualitäten eines Tripleseven Knight oder Aircross U-Fly 3 (Test hierzu folgt in Kürze).
Manchmal hebelt der Schirm ein wenig, dreht etwas ab und lässt sich dann nicht sofort allein mit Gewichtsverlagerung wieder auf Spur bringen. Typische High-B-Schirme wie Mentor, Rush oder Nyos sind da reaktiver. Die Symphonia ist in puncto Sportlichkeit schon noch darunter angesiedelt.

Kurvenflug: Hier steht die Symphonia im Vergleich mit ihren direkten Streckungskonkurrenten abermals sehr gut da und erweist sich als erstaunlich wendig. Der Schirm zeigt ein sehr harmonisches Kurvenverhalten in allen Schräglagen. Die Art des Durchzugs in der Kurve erinnert fast schon an einen Mentor. Gelegentlich bedarf es etwas Stütze am Außenflügel, um ein Abtauchen zu verhindern. Die Grund-Kurvencharakteristik ist allerdings eher flach.


Thermikeigenschaften: Das harmonische Kurven- und Feedbackverhalten der Symphonia kommt in der Thermik voll zur Geltung. Der Flügel lässt den Piloten sehr intuitiv das Steigen finden, zieht ruhig und neutral hinein, ohne sich störend aufzustellen. Einmal in Schräglage positioniert, zeigt die Kappe nicht das typische EN-A-Verhalten, sich gerne aufrichten zu wollen und ständig nachgedrückt werden zu müssen. Der Schirm zieht weitgehend unbeirrt seine Kreise. Nur in zerrisseneren Bärten ist die Symphonia nicht ganz so spurtreu und will resoluter geführt werden. Ist das Steigen nur schwach, macht sich die verhältnismäßig kleine Fläche der Symphonia etwas bemerkbar. Hier sollte der Pilot mit Speed, d.h. möglichst offenen Bremsen (keine Außenbremse!) und viel Gewichtsverlagerung fliegen, um die Steigleistung bestmöglich auszunutzen. Für Flachlandflieger könnte es ratsam sein, die Symphonia nicht im obersten Gewichtsbereich der jeweiligen Größe zu fliegen.

Große kugelgelagerte Rollen ermöglichen ein
kraftsparendes Arbeiten mit dem Beschleuniger.
Beschleuniger: Die Symphonia besitzt große, kugelgelagerte Beschleunigerrollen und lässt sich im gesamten Geschwindigkeitsbereich sehr angenehm treten. Der maximale Geschwindigkeitszuwachs liegt bei knapp zehn km/h über Trimm. Allerdings wird man diese auch nur erreichen, wenn man strikt darauf achtet, die Hände wirklich ganz nach oben zu führen, sonst läuft man Gefahr, dass die Symphonia wegen des kurzen Bremsvorlaufes leicht angebremst bleibt, was rund 2-3 km/h an Speed kostet!
Auffallend ist das gute Gleiten, selbst voll beschleunigt. Hier ist die Symphonia bis zu ihrem eigenen Top-Speed-Niveau konkurrenzfähig sogar zu High-B-Geräten – wobei diese typischerweise noch ein paar km/h mehr draufpacken können. Dass der Schirm auch bei voller Fahrt noch eine große Ruhe und Spurtreue behält, macht ihn sogar fürs effiziente wie entspannte Streckenfliegen interessant.
Die Kontrolle und Steuerung der Symphonia über die C-Gurte ist möglich. Allerdings empfiehlt es sich, gerade angesichts des leichtgängigen Beschleunigers, besser mit den Beinen zu arbeiten und darüber Nickbewegungen abzufangen, um das Profil möglichst wenig zu deformieren.

Das sind schon alle Leinen der Symphonia. Leider
ist die Stabilo-Leine genauso rot wie die A-Leine.
Sicherheitstechnisch wäre eine eindeutige
Signalfarbe für den Stabilo angebracht.
Ohrenanlegen: Die Symphonia liefert aufgrund des Leinenlayouts mit nur zwei Stammleinen pro Seite sehr große Ohren und entwickelt damit ein deutlich ausgeprägtes Sinken. Als Abstiegsmanöver ist das sehr effizient, bei Toplandungen etc. allerdings mit etwas Vorsicht zu genießen. Die Ohren bleiben ruhig und schlagen nicht. Man braucht als Pilot auch nur wenig Kraft, um sie zu halten. Das ist für längere Sinkflüge sehr angenehm, z.B. um vor Wolken zu fliehen. Allerdings zeigten die Ohren bei meinen Testflügen die Tendenz, nur deutlich verzögert komplett zu öffnen. D.h. der Pilot sollte hier mit tiefen, aber kurzen Bremsimpulsen etwas nachhelfen.
(Ein solches Verhalten ist nicht kritisch; in manchen Flugsituationen, wenn man die Ohren länger gezogen halten will, ist das sogar hilfreich, weil kraftsparend. Allerdings würde dieses Öffnungsverhalten nach meiner Kenntnis der EN-Norm in die Kategorie "B" fallen – was einmal mehr zeigt, dass die Grenze von A nach B eine fließende ist.)

Steilspirale: Das gut kontrollierbare Kurvenverhalten zeigt die Symphonia auch in der Steilspirale. Die Sinkgeschwindigkeit lässt sich sehr gut einstellen, die Ausleitung gelingt problemlos.

Nicken: Das Nickverhalten ist deutlich gedämpft. Größere Nickbewegungen lassen sich schon mit geringem Piloteninput abfangen.

Rollen: Die Symphonia ist im Vergleich zu klassischen EN-A in positiver Weise "rollig" und zeigt sich auch im Vergleich zu einigen typischen Low-B-Schirmen in diesem Punkt eher weniger gedämpft. Die Abstimmung ist dennoch keinesfalls kippelig, das Rollmoment angenehm nutzbar.

Die "inneren Werte" der Symphonia: Gute
Kraftverteilung am Angriffspunkt der Leinen
und zugoptimierte Fingerdiagonalen.
Packen: völlig problemlos und mit beliebiger Technik möglich. Die kurzen, weichen Stäbchen, das leichte 32er-Tuch, die etwas kleinere Fläche und das ausgeräumte Innenleben mit dünnen Streifendiagonalen ergeben ein angenehm kleines Packmaß.

Qualität: Konstruktiv und nähtechnisch ist die Symphonia auf einem hohen Niveau. Nicht nur das Streifendesign des Segels ist an den Übergängen sehr genau ausgeführt. Auch bei der Materialauswahl hat sich Phi bei diesem Schirm für eine Topausstattung entschieden, was sich allerdings auch im Preis niederschlägt. Unverständlich ist nur, warum die Stabilo-Leine nicht eine deutlich abgehobene Signalfärbung besitzt, sondern genauso rot ummantelt ist wie die A-Ebene.

Fazit: Die Symphonia ist ein sehr gelungener Einstand für Hannes Papeshs neue Marke Phi. Diesen Schirm als "A-Hochleister" zu bezeichnen, ist dabei ein netter Marketingschachzug. Ich frage mich allerdings, ob Phi den Schirm nicht doch besser dorthin eingeordnet hätte, wo er nach "klassischem" Pilotenverständnis auch hingehört. Von den technischen Daten, vom Fluggefühl und Handling sowie von der Leistung her ist die Symphonia ein Schirm, der es mit den meisten B-Schirmen locker aufnehmen kann. Zieht man hier den Vergleich, so würde ich die Symphonia aktuell sogar als einen der ausgewogensten, leistungsstärksten und zugleich entspanntesten Mid-B-Schirme bezeichnen (wenn auch mit der Gesamtnote A im EN-Testprotokoll). Mir ist es ehrlichgesagt schwer gefallen, eine nennenswerte Schwäche zu finden. Vielleicht diese (eher ein Tipp als eine Kritik): Im Flachland würde ich Symphonia-Piloten dazu raten, mit Blick auf die vergleichsweise kleine Schirmfläche besser nur eine mittlere Schirmbelastung anzupeilen.
Als Hannes Papesh noch für Nova konstruierte, bewarb Nova den Ion 2 in Anzeigen als "mit EWS-Technologie" (EWS=Eierlegende-Wollmilch-Sau). Nicht von ungefähr wurde die Ion-Serie mit dieser Einordnung als Schirm-für-Jedermann sehr erfolgreich. Die Symphonia ist das fortentwickelte Pendant dazu – auf der Höhe der Zeit, gewissermaßen "mit EWS 2.0".


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