Der DWD rechnet sein Wettermodell ICON-D2 im 2-km-Raster. Kleinräumige Windphänomene werden davon besser erfasst. XCTherm liefert eine gute Darstellung für Gleitschirmflieger. 

Winddaten des Wettermodells ICON-D2 in der Darstellung
von XCTherm. // Quelle: XCTherm.com
Ende 2020 hat der Deutsche Wetterdienst DWD damit begonnen, sein früheres Lokal-Modell Cosmo-2 durch das verbesserte ICON-D2 zu ersetzen. Die Berechnungen werden als "Open-Data" frei zur Verfügung gestellt. Mittlerweile ist ICON-D2 auf immer mehr Wetterseiten in der Modellauswahl zu finden. Zu den ersten gehörten Meteoblue, Kachelmannwetter, aber auch die Gleitschirmwetterseite Meteo.Guru. Neuerdings bietet XCTherm eine besonders übersichtliche und bedienungsfreundliche Darstellung der fürs Gleitschirmfliegen wichtigen Parameter von ICON-D2 (unten folgt eine etwas ausführlichere Beschreibung).

ICON-D2 rechnet mit einem besonders feinen Modellraster von 2,2 Kilometern. Das birgt vor allem bei der Prognose lokal geprägter Windphänomene deutliche Vorteile – im Vergleich zu den üblichen "gröberen" Modellen wie ECWMF (9 km), ICON-EU (7 km) oder GFS (20 km), die u.a. bei Windy zu finden sind. 

In den Wettermodellen wird auch die Topograhie der Landschaft, über der sich das Wetter abspielt, nur im jeweiligen Raster erfasst. Dabei gilt: Je feiner das Raster, desto genauer wird das Auf und Ab von Bergen und Tälern, die Ausformung der Talverläufe, aber auch mögliche Pass-Einschnitte an Berggraten samt den darüber fließenden Luftmassen in den Simulationen berücksichtigt. Für Gleitschirmflieger kann eine höhere Genauigkeit sehr hilfreich sein. 

Viele lokale Windphänomene wie etwa die Windablenkung im Einflussbereich großer Täler (z.B. Rheintal), Schwachwindzonen in Kessellagen oder Winddüsen auf Passhöhen (z.B. "seichter" Föhn) lassen sich in den Prognosen gröberer Modelle häufig nur erahnen. Bei ICON-D2 hingegen werden solche Effekte deutlicher erkennbar. Deshalb lohnt es sich, vor allem zur besseren Einschätzung der Windsituation, auch auf feinmaschige Modelle zu schauen.

Allerdings sollte man wissen: Die "feinen" Modelle wie ICON-D2 liefern nicht grundsätzlich die besseren oder zutreffenderen Ergebnisse. Durch die vielen Rasterpunkte kann die Berechnung der Wetterentwicklung schneller mal "aus dem Ruder laufen". Kleinere Fehler in den Anfangsdaten schaukeln sich unter Umständen chaotisch auf. Die Verlässlichkeit der Prognosen nimmt dann schnell ab, je weiter man in die Zukunft schaut.

Unter anderem auch deshalb rechnet der DWD mit ICON-D2 nur die nächsten 27 Stunden voraus. Dafür gibt es aber ein "rapid update": Alle drei Stunden kommt ein neuer Modelllauf. Einmal am Tag (03 UTC) berechnet ICON-D2 sogar das Wettergeschehen für die nächsten 45 Stunden. Aber: Die Daten jenseits der 24-Stunden-Grenze sind mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. (Hinweis: Für die Flugwetterpraxis würde ich empfehlen, die D2-Daten nur zur Einschätzung des jeweils aktuellen Flugtages zu berücksichtigen.)


ICON-D2 bei XCTherm
Die windgeschützte Kessellage des Neuwieder Beckens
im Rheintal wird in den Bodenwindprognosen von ICON-D2
erstaunlich gut erfasst. // Quelle: XCTherm.com

Den einfachsten und übersichtlichsten Zugriff auf die Daten von ICON-D2 gibt es derzeit bei XCTherm. Das ist ein eigentlich kostenpflichtiger Anbieter regionsbezogener Thermikprognosen, speziell für den Zugriff via Smartphones optimiert. (Lu-Glidz berichtete). Doch Daniel Moser als Betreiber hat sich entschlossen,  die ICON-Daten als Ergänzung auf seinen Seiten anzubieten – und das in diesem Fall für jedermann kostenfrei. Der spezifische Link dazu lautet: XCTherm.com/ICON.

XCTherm beschränkt sich bei der Darstellung der ICON-Daten auf die drei fürs Gleitschirmfliegen wichtigsten Variablen: Wind, Wolken und Niederschlag. Diese werden als farblich abgestufte Overlays über zoombaren Geländekarten angezeigt. Die Seite ist so programmiert, dass sie auch auf einem Smartphone-Bildschirm gut funktioniert und unkompliziert zu bedienen ist.

Die Windwerte können für verschiedene Höhen abgerufen werden. Dabei bietet XCTherm die Daten sowohl für absolute Höhen über dem Meer (800, 1500, 2000, 3000 und 4000 Meter MSL), als auch relativ "über Grund" (10, 100, 400 und 800 Meter AGL).

Interessant sind hier vor allem die Angaben für 100 und 400m AGL. In den Mittelgebirgen beispielsweise liegen viele Startplätze weit oben an Hängen und auf exponierten Kuppen. Die Windwerte für 100m AGL aus dem D2-Modell lassen häufig eine treffendere Einschätzung der Startbedingungen zu, als wenn man nur den Bodenwind (10m AGL) betrachtet.

In den Alpen ist das Niveau von 400m AGL sehr aussagekräftig, wenn es darum geht, z.B. typische Föhnströmungen zu erkennen. In klassischen Föhnschneisen wie dem Wipptal (Brenner) oder dem Rheintal in der Schweiz, aber auch allgemein im Lee der Gebirgskämme wird ein dort stärker einfallender Wind in den D2-Prognosen schnell augenfällig.

XCTherm bietet auf seiner ICON-Seite einen Prognosezeitraum von fünf Tagen. Nur für Tag 1 und 2 stammen die Daten dabei aus dem ICON-D2-Modell. Für die Tage 3 bis 5 greift die Seite auf Berechnungen des etwas gröberen Modells ICON-EU (7 km) zurück, auf dem auch die Thermikprognosen von XCTherm basieren.

Aktualisiert werden die Prognosen derzeit zwei Mal pro Tag (ca. 7 und 20 Uhr UTC). Künftig sollen die ICON-D2 Daten zumindest für den aktuellen Tag auch alle drei Stunden auf XCTherm geupdatet werden.