Seitdem Ozone-Werkspiloten mit Prototypen eines besonders strömungsgünstigen Gurtzeugs die WM dominierten, steht die Frage im Raum: Wieviel bringt das "Submarine" eigentlich?
Strömungssimulation an einem Ozone Submarine. // Quelle: Hiroaki, Youtube |
Doch ist da tatsächlich etwas dran? Und wie groß ist der Performance-Unterschied zwischen herkömmlichen Liegegurtzeugen ohne Heckflosse (Bürzel), Liegegurtzeugen mit Heckflosse und dem Submarine?
Die Antwort darauf könnten ausgedehnte Vergleichsflüge liefern. Eine andere Möglichkeit liegt darin, die Umströmung solcher Gurtzeuge im Computer zu simulieren. So lässt sich deren Strömungswiderstand rechnerisch ermitteln. Gepaart mit Berechnungen von Schirmparametern wie Form- und Leinen- sowie dem induzierten Widerstand lässt sich die damit erreichbare Gleitzahl bestimmen. Genau das hat der japanische Gleitschirmpilot Hiroaki getan und seine Ergebnisse in einem interessanten Youtube-Video vorgestellt (Video am Ende dieses Posts).
Fast fünf Prozent mehr Leistung
Interessant ist in diesem Zusammenhang noch eine zweite Erkenntnis: Die Geschwindigkeit, bei welcher der Schirm sein bestes Gleiten erreicht, nimmt mit der Windschlüpfrigkeit des Gurtzeuges zu.
Beim Submarine liegt die Geschwindigkeit des besten Gleitens laut Simulation bei fast 43 km/h. Mit einem herkömmlichen Bürzelgurtzeug geflogen beträgt sie 41,8 km/h, beim Liegegurtzeug ohne Bürzel 41,4 km/h, und beim Standardgurtzeug nur 38 km/h.
Anders gesagt: Mit einem Submarine kann man den Schirm stärker beschleunigen, bevor die Gleitzahl überhaupt wieder schlechter wird. Gerade in thermisch schwachen Bedingungen, wie sie bei der WM in Tucumán herrschten, stellt das einen nicht zu verachtenden Vorteil dar.
Klassische Bürzel werden überschätzt
Die Simulationsergebnisse liefern auch noch Stoff für andere Diskussionen bzw. die Frage: Lohnt sich an normalen Liegegurtzeugen der Heckbürzel? Beim PWC Superfinale im Sommer in Disentis hatte Chrigel Maurer für Aufsehen gesorgt, weil er dort mit einem Gurtzeug ohne Heckbürzel recht erfolgreich mitflog. Auf seine Gurtzeugwahl angesprochen, erklärte er, dass der Bürzel in seinen Augen kaum Vorteile bringe.
Die Berechnungen Hiroakis geben Chrigel Recht: Demnach ist der Leistungsgewinn von einem herkömmlichen Liegegurtzeug ohne zu einem mit Heckflosse ziemlich gering und kaum der Rede wert, wenn man es mit dem mehr als doppelt so hohen Leistungssprung durch Einsatz eines Submarine vergleicht.
Am Ende bleibt zu konstatieren: In Zeiten, in denen bei der Konstruktion von CCC-Schirmen kaum noch größere Leistungssprünge zu erwarten sind, rücken natürlich andere Komponenten des Gesamtsystems aus Schirm, Pilot und Gurtzeug verstärkt in den Blickpunkt. So ist einmal mehr zu erwarten, dass Ozone mit seinem Submarine zumindest bei Wettbewerbspiloten einige Begehrlichkeiten geweckt hat. Und es wäre nicht verwunderlich, wenn andere Hersteller schon bald mit ähnlichen Konzepten nachziehen.
Hier noch das Youtube-Video der Strömungssimulationen:
13 Kommentare
Einen Großteil der Verwirbelungen findet hinter dem Helm statt, ein kleinerer Teil weiter unten, egal ob mit oder ohne Bürzel. Meiner Meinung nach bringt die liegende Position im Submarine Gurtzeug am meisten, ist ja logisch einerseits bietet die liegende Position weniger Angriffsfläche, andererseits wird durch den Bürzel hinter dem Pilotenhelm die Verwirbelungen minimiert.
AntwortenLöschenEs wäre jetzt noch schön zu wissen ob die Bürzellänge etwas bringt, also der Pilot in wirklich liegender Position und mit Bürzel hinter dem Helm, aber eben die Bürzeln verschieden lang.
Was bringt eigentlich die Flosse unterhalb des Bürzels?
Wurde die Trimmung der Schirme auf die aerodynamisch bessern Submarinen Gurtzeuge angepasst? Es ist ja bekannt das mit aerodynamisch besseren Gurtzeugen sich der Anstellwinkel vergrößert.
Ich vermute mal gerade weil es dort so schwache Bedingungen gehabt hatte, waren die Submarinen Gurtzeuge von Vorteil, da es in turbulenten Bedingungen in dieser liegenden Position es sicher schwieriger ist, sein Schirm offen zu halten
@Oliver: Die verringerte Stirnfläche ist auf jeden Fall von Vorteil. Über die nötige Bürzellänge kann man sicher streiten. Vielleicht ist sie nötig, um ungleiche Querströmungen zu verhindern, die zu einer Gierbewegung des GZ führt. Da dürfte auch die Flosse als Leitwerk sicher helfen. Und was die Trimmung betrifft: Diese Anzupassen dürfte von Vorteil sein. Aber ist das im Rahmen der Toleranz dessen, was durch CCC erlaubt ist. Andere Möglichkeit wäre, einen Beschleuniger zu haben, der bei liegender Position im Gurtzeug automatisch ganz leicht vorbeschleunigt... Es wird sicher interessant, mit der Zeit die Erfahrungsberichte anderer Piloten zu lesen.
AntwortenLöschenLuc Armant kommt aus der Strömungslehre, das Gurtzeug ist Weltmeister geworden, jetzt auch noch im Windkanal bewiesen... die Gleitschirmwelt wird damit leben müssen, dass das Ding halt eben funktioniert, und wer vorne mitfliegen will, braucht dieses oder ein ähnliches Gurtzeug.
AntwortenLöschenDa Wettkämpfe aber leider Gottes Spaß machen, wäre eine Art Formel 3 nicht verkehrt, für normale C-Schirme mit normalem Streckengurt.
Und zu der ganzen Bürzel-Thematik ist (wieder einmal) anzumerken, dass der Hauptvorteil der großen vertikalen Flossen nicht die direkte Aerodynamik ist, sondern das beschleunigt massiv verringerte Gieren und damit eine drastische Reduktion der Stirnfläche und der Wirbel bei schräg stehendem Gurt. Mag sein, dass der reine Aerodynamik-Vorteil bei ruhigem Gurtzeug im Windkanal gegenüber einem GZ mit kleinem Heck marginal ist. In der Praxis bringen die Riesenflügel enorm viel Laufruhe (und das Submarine erst recht, hier kommt beides zusammen!).
AntwortenLöschenChrigel ist beim PWC Superfinal übrigens keineswegs mit dem Leichtgurt angetreten, weil das Wettkampfgurtzeug wenig bringt, sondern notgedrungen. Er musste Gewicht sparen, um seinen X-One richtig zu belasten (einen größeren gabs nicht rechtzeitig). So seine Aussage. Und damit hatte er einen deutlichen Nachteil gegenüber den anderen.
@ Georg: Die "Formel 3" wäre super. Der Wunsch nach mehr breitensportlich orientierten zentralen Comps kommt öfter auf. Es scheitert an den Veranstaltern. Es gibt viel zu wenig Vereine und vor allem einzelne, ehrenamtlich tätige Organisatoren, die entsprechende Wettkämpfe in ihren Gebieten durchführen. Ist halt eine Riesen-Arbeit und aufwändiges, ehrenamtliches Engagement ist nicht sehr verbreitet unter den Fliegern.
AntwortenLöschenBin genau deiner Meinung Jörg. Bürzel brauchts für die Laufruhe und den Komfort. Obs viel ausmacht kann ein Normalpilot sowieso nie beurteilen.
AntwortenLöschenSpannend, für mich hatte sich der Konsens der Windkanal Tests der letzten Jahre danach angehört das 1/3 die Beinverkleidung und 2/3 das Heckbürzel an Verbesserung ausmachen. Ist das damit überholt?
AntwortenLöschen@Julian: Das ist immer auch eine Frage, welche Äpfel man mit welchen Birnen man vergleicht, bzw. welche Gurtzeugmodelle mit entsprechender Sitzposition. Bei sehr aufrechter Sitzposition ist die Stirnfläche am größten, d.h. die Aerodynamik schlecht.
AntwortenLöschenNimmt man die Beine hoch (Liegegurtzeug) reduziert sich die Stirnfläche. Bei Sitzgurtzeugen mit Beinstrecker (auch Beine hoch) bringt der Sack vorne nicht mehr so viel, der Bürzel hinten aber schon noch etwas mehr. Dies war das Setting für jene Studie vor einigen Jahren, aus der sich dieser Mythos von 1/3 Beinverkleidung und 2/3 Heckbürzel ableitete.
Aerodynamisch optimal wäre eigentlich eine Tropfenform, d.h. dicker Beinsack vorne, der nach hinten schlank ausläuft. So brächte der Beinsack tatsächlich deutlich mehr als der Bürzel. Allerdings ist das fürs Gierverhalten des Gurtzeugs in der Luft nicht so vorteilhaft. Also wird für den besseren Geradesauslauf in der Luft ein langer, großer Bürzel angefügt.
Dann endet man bei Konzepten wie dem Submarine mit einer relativ liegenden Position des Piloten, d.h. einer reduzierten Stirnfläche, aufgeblasenem Vorderbau (Tropfenform), aber auch einem langem Heckbürzel für die Richtungsstabilität.
Am meisten hat mich (und viele andere Piloten) in Argentinien bei der WM erstaunt, um wieviel besser die Submarines *STEIGEN* als alle anderen Gurtzeuge.
AntwortenLöschenDass Sie gut gleiten, konnte ich ja schon zur Genüge am Superfinale und nochmals bei der French Open sehen.
Da bei den sehr schwachen Bedingungen an der WM ein viel grösserer Anteil des Rennens im Kurbeln verbracht wurde, hat das verbesserte Steigen letztlich mehr den Ausschlag zum Sieg gegeben als der Vorteil der besseren Gleitzahl.
Viele viele Male kamen Luc oder Russ unten in einen Bart mit dazu und verliessen ihn schliesslich als Oberste: Egal wie gut andere Piloten sonst im Vergleich kurbeln können: Gegen die Submarines hatten sie keine Chance. Torsten hatte seinen Boom speziell auf gutes Steigen optimiert und stieg mir jedes Mal davon, aber auch ihm blieb nur noch übrig zu staunen, wie er wiederum auf die Submarines verlor.
Fazit: Auch beim Kurbeln macht sich weniger Widerstand am GZ *sehr* bemerkbar!
Gruss, Ulli
PS: Ich bin auch nicht glücklich darüber, bald wohl auch so ein Ding fliegen zu müssen um Wettbewerbsfähig zu bleiben: Eingeschränkte Sicht auf die Instrumente, der Luft-Abschluss am Hals, die mangelnde Möglichkeit mal schnell was zu Essen / Fotografieren / etc aus der Tasche zu holen und vor allem der Hitzestau bei Flügen in heissen Regionen werden viele Flüge weniger angenehm machen: Mehr "Pflicht" als "Kür"...
Manche meinen: "Ist ja noch ein Proto - wird sicher noch alles verbessert" aber diese Punkte sind einfach system-immanent, und sind nicht wirklich komplett zu ändern.
@Ulrich: Interessantes Phänomen. Könnte es damit zusammenhängen, dass der verringerte Gurtzeug-/Pilotenwiderstand den Anstellwinkel der damit genutzten Schirme im Flug so verändert, dass sie bei gleicher Trimmung besser steigen? Oder verringert das Setting mit langem Heckbürzel und dadurch gesteigerter "Laufruhe" manche auftriebszehrenden Pendelbewegungen?
AntwortenLöschenHallo,
AntwortenLöschendurch den deutlich verringerten Pilotenwiderstand, verändert sich der Anstellwinkel des Gleitschirmes und das Sinken verringert sich beim Kurbeln. Das ist eigentlich der wertvollste Vorteil des guten Gurtzeuges.
Das ist ein großer Vorteil in schwachem Steigen.
Hinzu kommt natürlich zum Quadrat, der Widerstand beim beschleunigten Fliegen. Da ist ganz klar zu sehen, dass das Submarine bei 60 km/h weniger Sinken hat und somit sich das gleiten beim schnellen Fliegen verbessert.
Der Schirm selber ist bei gleichem Speed gutmütiger durch den höheren Anstellwinkel. Also insgesamt gewinnt man eigentlich nur…
Leistung und Sicherheit erhöhen sich. Und das ohne das man einen heißeren Schirm konstruieren muss. :-)
Die Entwicklungen der letzten Jahre haben den Wettkampfsport in eine gute Richtung gebracht. :-)
Gruß Pepe
Dass der Anstellwinkel sich ändert, ist eine Besonderheit des Gleitschirms. Aber davon mal abgesehen verringert sich die Sinkgeschwindigkeit entsprechend der Aerodynamik-Formel immer, wenn sich der Widerstand verringert. Das gilt auch für die Flaechenbelastung (während die Gleitzahl unabhängig von der Flaechenbelastung ist). Beim Soaren kann man Widerstands-Unterschiede direkt sehen. Mit einem Spice Gurt war ich bei den niedrigen Fliegern, während ich mit einem Swing Connect Race lite bei den höchsten war.
Löschen"Der Schirm selber ist bei gleichem Speed gutmütiger durch den höheren Anstellwinkel." Das darf bezweifelt werden. Zwar ist der Widerstand unten an den Leinen geringer und dadurch der Pilot in Relation zum Schirm bei gleicher Geschwindigkeit weiter vorne, der Schirm hat aber den gleichen Anstellwinkel - der Beschleuniger muss weiter getreten werden. Der Anstellwinkel muss gleich sein, denn bei gleicher Geschwindigkeit muss auch der Auftriebsbeiwert gleich sein. Sonst wären Auftrieb und Gewicht nicht im Gleichgewicht.
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