Der Rook 4 von Tripleseven ist ein ausgewogener High-B Schirm mit guter Leistung und sehr ansprechendem Handling
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Tripleseven Rook 4: High-B mit High-Arc und Winglets // Quelle: Tripleseven |
[Wer noch keine Erfahrung mit der Testweise von Lu-Glidz hat, sollte zuerst die Interpretationshilfe für Schirmtests lesen!]
Als Tripleseven 2012 den Rook an den Start brachte, zielte dieser gleich leistungsmäßig auf die Spitzengruppe der High-B-Klasse. Dieser Anspruch ist auch bei den Nachfolgern so geblieben. Beim Rook 3 gingen die Valic-Brüder als Konstrukteure aus meiner Sicht allerdings etwas zu weit, als sie dem Schirm eine ausgeprägte Shark-Nose mit sehr schmalen Eintrittsöffnungen verpassten. Diese Bauweise sorgte im Flug für einen hohen Innendruck sowie eine direkte und harte Kappe mit teils vehement aufschnalzenden Klappern. Vor allem aber zeigte der Rook 3 ein etwas zögerliches Füllverhalten bei Nullwindstarts. Die sportliche Leistung war da, aber erkauft mit einem vergleichsweise hohen Anspruch an die Piloten.
Den Rook 4 bezeichnet Tripleseven in dieser Serie nun als "revolutionär". Der Schirm wurde komplett überarbeitet, um ihn trotz weiter hohem Leistungsanspruch zugänglicher zu machen.
Die Zellenzahl von 61 ist gleich geblieben. Die ausgelegte Streckung wurde leicht auf nun 5,75 erhöht. Die Schirmkalotte weist nun aber einen gleichmäßigen, deutlicheren Bogen auf. Um die damit verbundene Rollfreude etwas einzufangen, sitzen Winglets am Obersegel. Die Eintrittsöffnungen sind wieder etwas größer geworden.
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Technische Daten Rook 4 (klick zum vergrößern) |
Auch beim Leinensatz hat sich etwas getan. Anstelle von PPSL (Dyneema) setzt Tripleseven jetzt komplett auf die längenstabileren, unummantelten, aber farbcodiertem Aramid-Leinen (Edelrid Magix Pro A-8001). Nur in der oberen Bremsspinne kommt nacktes Dyneema in Zahnseideformat zum Einsatz.
Der Rook 4 ist noch als klassischer 3,5-Leiner abgespannt. Tripleseven hatte auch Protos mit einer 2,5-Leiner-Konfiguration entwickelt, sich letztendlich aber für die herkömmliche Bauweise entschieden. Ein Vorteil davon ist, dass der Schirm für eine harmonische Lastverteilung keine stützenden Stäbchen im Hinterflügel benötigt.
Starten:
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Die Eintrittskante des Rook 4 mit Shark Nose // Fotos: Lu-Glidz |
Das Profil wird von Stäbchen beim Start gut vorgespannt. Die Kappe füllt zügig über die ganze Breite und steigt auf kleinen Impuls hin weitgehend als Block empor. Man sollte den Schirm allerdings immer im ausgeprägten Bogen auslegen und nur die inneren A-Gurte fürs Führen nutzen, sonst kann die Mitte beim Aufstieg vorübergehend etwas einknicken. Im Zenith bleibt der Schirm brav stehen, wenn man ihm ein, zwei Schritte entgegen geht und so den Zug rausnimmt.
Der Leinensatz mit farbcodierten (A=blau, B=rot, C=orange), nackten Aramidleinen ist übersichtlich und gut zu sortieren. Nur die dünnen Dyneema-Leinen im oberen Brems-Stockwerk verlangen etwas mehr Aufmerksamkeit. Sie können sich leicht um irgendwelche Stöckchen oder Steinkanten kringeln.
Die Stabilo-Leine ist am unteren Ende ummantelt. Leider hat Tripleseven die gleiche Farbe (rot) gewählt wie für die benachbarten B-Leinen. Hier hätte ich mir mehr Kontrast für eine direktere Erkennbarkeit gewünscht.
Gerade bei Starkwind wird man die Stabilo-Leine zuweilen brauchen, weil die Flügelenden dazu tendieren, gelegentlich aufzuwehen und umzuschlagen. Beim Groundhandling habe ich dabei die Erfahrung gemacht, dass sich die Profilstäbchen der äußeren Zellen gerne unter anderen Leinen verhaken. Man kann sie dann u.U. nicht mehr allein über die Stabiloleine herausziehen, sondern muss andere Techniken einsetzen. Im Flug habe ich solche stabilen Verhänger allerdings nicht live erlebt.
Landen:
Da habe ich nix zu meckern. Der Rook 4 gleitet sehr gut, setzt Geschwindigkeit gut in Höhe um und zeigt einiges an Flare-Energie, was man bei der Landeeinteilung einkalkulieren muss.
Bremsen:
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Tragegurt mit Floating-B |
Als Führung für die Bremsleinen dienen Keramikringe. Ich würde hier Rollen bevorzugen, weil man zuweilen das Rubbeln des Bremsleinenmantels am Ring spürt. Die Anbindung an den Tragegurt ist lang genug, um auch mit effektivem Brake-Shifting zu arbeiten.
Die Bremse hat einen normalen Vorlauf von rund 10 cm. Danach zeigt sich eine direkte und lineare Steuercharakteristik. Im Vergleich zum Rook 3 sind die erforderlichen Steuerwege einen Ticken länger geworden. Die Bremse greift an der Hinterkante über Raffbänder und sorgt so für eine sauber definierte Steuerklappe. Der Bremsdruck liegt im anfangs soften, dann mittleren Bereich. Er vermittelt einen guten, auch auf Dauer nicht anstrengenden Kontakt zur Kappe. Erst zum Stallpunkt hin steigt der Druck deutlicher an.
Kappenfeedback:
Der Rook 4 ist ein gesprächiger und feinfühliger Schirm, wie schon alle seine Vorgänger. Während der Rook 3 aber noch ein echtes Plappermaul war, der die Aufnahmefähigkeiten des Piloten v.a. in turbulenteren Luftmassen schnell strapazieren konnte, hat der Rook 4 einen subtileren, etwas gedämpfteren Charakter.
Rückmeldungen erhält der Pilot bevorzugt über die Tragegurte, was durch die Agilität des Flügels um die Roll-Achse betont wird. Eine lockere Hüfte ist gefragt, um das nicht auf Dauer als anstrengend zu erleben. Beim Thermikfliegen entpuppen sich auch die Bremsen als hilfreicher Info-Kanal.
Insgesamt würde ich den Rook 4 als leichter und v.a. entspannter zu lesen und zu fliegen einstufen als seine Vorgänger. Gut gereift, könnte man sagen. Dennoch gehört der Schirm weiterhin zu den lebendigeren Charakteren im Rund der High-B-Schirme.
Die Kappe arbeitet wenig in sich selbst. Sie wirkt sehr homogen abgespannt und fühlt sich druckvoll an – wohl auch ein Effekt der Shark Nose. Nur ganz selten mal flappen die Außenflügel am Thermikrand. Größere Klapper habe ich im Flug nicht erlebt.
Kurvenflug:
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Enges Kurven am Hang |
Der Schirm spricht sehr gut auf Gewichtsverlagerung an. Von seiner Steuercharakteristik her gehört er meines Erachtens zum Besten, was man derzeit im High-B-Markt findet. Nach einem Gewichtsimpuls ist nur noch wenig Innenbremse nötig, um die Kappe auf eine harmonische, auch engere Kurvenbahn zu bringen und dort konstant zu halten.
Der Schirm macht alle denkbaren Steuertechniken gut mit (mehr über die Innen-, mehr über die Außenbremse, Break-Shifting etc.). Nur das ganz flache Kreisen ist seine Sache nicht. Aber das ist typisch für Konstruktionen mit ausgeprägterem Kappenbogen und letztendlich nicht von Nachteil.
Thermikeigenschaften:
Das feine Kurvenhandling findet sich in guten Thermik-Flugeigenschaften wieder. Der Rook 4 lässt sich sehr feinfühlig und exakt im Bart positionieren. Da er zudem sehr eng und spurtreu kreisen kann, ohne störende Aufstell-Tendenzen zu entwickeln, kann man sich selbst enge Thermikkerne damit krallen und sehr effizient nach oben zirkeln.
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Gut abgespannte Kappe |
Beim Einflug in die Thermik bleibt der Rook 4 meist neutral oder zieht leicht nach vorne, ohne aggressiv hinein zu springen. Überhaupt ist die Pitchdämpfung des Flügels ein guter Kompromiss zwischen Entlastung für den Piloten, ohne die Dynamik abzuwürgen. Beim Herausfallen aus den Blasen nickt der Schirm leicht vor und behält ausreichend Energie, um ohne Gedenksekunde steuerbar zu bleiben. In zerzausten Bedingungen kann das den entscheidenden Vorteil bieten, um schnell zurück in eine durchrauschende Blase zu finden.
Unterm Strich würde ich dem Rook 4 ein sehr ausgewogenes, intuitives Thermikflugverhalten ohne Ecken und Kanten attestieren, dessen Handling mit zum Besten seiner Klasse gehört.
Beschleuniger:
Der Beschleuniger des Rook 4 ist mit kugelgelagerten Rollen des slowenischen Herstellers Polarwave ausgestattet und angenehm leicht zu treten. Ich habe mit meinem Setup einen Geschwindigkeitszuwachs von 12 km/h über Trimmspeed erflogen. Damit erreicht der Schirm nicht ganz die Werte von Konkurrenten wie Phi Maestro 2, Nova Mentor 7 oder Swing Stellar RS. Aber das würde in der Praxis letztendlich nur auffallen, wenn man tatsächlich ständig im Vollgas fliegt. Welcher EN-B-Pilot mach das schon?
Die Eintrittskante steht auch bei voll getretenem Beschleuniger sauber und gut gespannt. Der Geradeauslauf im Speed ist gut, der Schirm zeigt dabei kein störendes Rollen – ein weiterer Effekt der Winglets und eine echte Verbesserung gegenüber dem Vorgänger.
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BC-Steuerung |
Die Position der BC-Griffschlaufe am Tragegurt ermögicht eine entspannte Armhaltung, d.h. man muss die Arme nicht nach oben strecken. Der Weg, wie weit man die hinteren Tragegurte herabziehen kann, ist dadurch aber etwas begrenzt. Man kann das als Sicherheitsfeature ansehen, weil man den Schirm nicht so leicht überziehen kann. Manch einer wird den fehlenden Zugweg vielleicht vermissen, wenn man in turbulenten Luftmassen wirklich mal richtig tiefe Inputs über die C-Ebene geben will, um den Schirm im Full-Speed bei kräftigen Turbulenzen abzufangen. Mit Blick auf das übliche Pilotenkönnen würde ich die Position letztendlich als guten Kompromiss bezeichnen.
Ohrenanlegen:
Die Ohren des Rook 4 erreichen eine Größe, die schon gute Sinkwerte ermöglicht. Allerdings bleiben sie nicht ruhig, sondern flattern immer etwas. Das hängt auch mit dem Leinenlayout zusammen.
Die äußeren vier Zellen werden komplett von der Stabilo-Leine getragen, die auf der B-Ebene hängt. Diese Zellen werden also beim Herabziehen der äußeren A-Leiner fürs Einholen der Ohren nicht direkt mitgezogen, sondern behalten einen anderen Anströmwinkel. Dieser ändert sich erst ein wenig, wenn man auch den Beschleuniger tritt. Im Handbuch zum Rook 4 wird zudem empfohlen, nach dem Herabziehen der Ohren die Leine wieder 10 cm freizugeben, um ein mögliches Schlagen der Ohren zu reduzieren.
Insgesamt muss man etwas herumprobieren, um aus dem Zusammenspiel von Zugposition und Beschleunigerstellung die flatter-ärmste Technik zu finden. Wenn man in turbulenter Luft vor "saugenden" Wolken fliehen muss, kann das Schlagen für zusätzliche Stressmomente sorgen.
Steilspirale:
Im Gegensatz zum Ohrenanlegen macht die Steilspirale mit dem Rook 4 richtig Freude. Sie lässt sich sehr schnell, aber auch langsam einleiten und in allen gewünschten Sinkraten stabilisieren. Die G-Kräfte können deutlich werden. Aus moderaten Spiralen richtet sich der Schirm recht schnell wieder auf, hier könnten die Winglets eine positive Rolle spielen. Beim kräftigen Spiralen braucht der Schirm seine Zeit. Piloten sollten wissen, wie man Spiralen auch aktiv ausleiten kann, bevor sie bei diesem Manöver mal richtig zulangen.
Nicken:
Der Rook 4 hat eine im Normalflug angenehm ausgeprägte Pitch-Dämpfung, die den Piloten entlastet. Beim induzierten Nicken lässt sich der Schirm dennoch recht schnell aufschaukeln. Insgesamt macht die Kappe aber einen im Vergleich zum Vorgänger zahmeren Eindruck.
Rollen:
Der Rook 4 spricht sehr gut auf Gewichtsverlagerung an. Selbst ohne zusätzlichen Bremseinsatz sind schon hohe Pendelausschläge möglich. Gut gefallen hat mir dabei, wie schnell sich der Flügel wieder einfängt. Auch hierzu dürften die Winglets als Rollbremse ihren Teil beitragen.
Packen:
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Relativ dicke Stäbchen |
Von der Materialwahl her und auch nähtechnisch ist der Rook 4 sowohl bei Kappe wie auch Leinen und Tragegurt auf der Höhe der Zeit. Nur die außenliegenden Nähte der Miniribs wirken noch etwas altbacken. Das ist bei manch anderem Hersteller edler gelöst. Dafür sind andere Details gut durchdacht, z.B. die an den Lastvektoren orientierten Aussparungen der tragenden Rippen über den Aufhängungspunkten. Die Produktion bei Aqua Dynamics in Sri Lanka, wo z.B. auch BGD und Phi fertigen lassen, ist für gute Qualität bekannt.
Fazit:
Der Rook 4 bietet viel Leistung gepaart mit klarem Feedback und v.a. einem so direkten wie exaktem Kurven- und Thermikhandling. Dank des im Vergleich zum Vorgänger deutlich verbesserten Startverhaltens und der semi-leichten Kappe ist der Schirm ein weiterhin sportlicher, aber nun rundum ausgewogener Allrounder. Er erfüllt m.E. alles, was man sich von einem ausgereiften High-B-Schirm für XC-Einsätze wünscht, ohne dabei spürbar an die Grenzen dieser Klasse zu gehen. Nur das Schlagen der Ohren trübt den Gesamteindruck ein wenig. Aufsteiger in die B-Klasse könnten die Agilität und Mitteilsamkeit des Flügels noch als etwas zu fordernd empfinden. Wer diese Eigenschaften aber schon zu händeln und zu schätzen weiß, wird mit dem Tripleseven Rook 4 viel Freude haben.
Hinweis: Laut Angaben von Tripleseven wird es vom Rook 4 keine explizite Leichtversion geben.
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